Die Rastlosigkeit ist die kleinste von drei Schwestern, deren andere zwei Ruhelosigkeit und Getriebenheit heißen. Wo die Rastlosigkeit auf der Lebenswanderschaft angebotene Bänke und Biergärten verschmäht, jedoch im Fortgang der Wanderung selbst ein Quentchen Entspannung zu finden vermag, ist die Ruhelosigkeit die Schwester mit dem irrenden Blick, den kaffeebraunen Zähnen, die Dauerläuferin, die längst aufgegeben hat, auf eine Ziellinie zu warten, zitterfingrig noch in erzwungenen Zwischenpausen die Fransen des Tischtuches kämmend. Doch tut sie dies noch ihres Empfindens nach aus eigenem Antrieb, ein Uhrwerk ohne Anker sozusagen, so ist die dritte Schwester, die Getriebenheit, ein armes Luder: Unsichtbare Furien peitschen sie, die oft neidvoll zu ihrer kleinsten Schwester blickt, die wenigstens noch auf dem Weg das eine oder andere Blümchen zu erspähen vermag; sie hingegen kann den blutig gepeitschten Rücken nicht mehr beugen, das zerwetzte Schuhwerk nicht wechseln, keine Stärkung auf ihrem unendlichen Marathon zu sich nehmen, immer sind sie hinter ihr, Chimären ihrer Ängste, genährt aus Vergänglichkeit und Wahn, ihre zischenden Laute schrecken sie selbst dann noch hoch, wenn sie vor Erschöpfung an einer der zahllosen Schranken ihres Weges im Stehen eingeschlafen ist. So ein armes Hascherl aber auch.
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