(ein Kommentar von mir auf Zeit Online, aus dem Jahr 2009)
Linke Verachtung für die real existierende Unterschicht...
...ist so neu auch nicht, schon in den 80ern war es in den von Ex-Alternativen und -Spontis dominierten Zeitgeist-Magazinen wie »Tempo« und »Wiener« Proll-Bashing absolut en vogue... ästhetisch betrachtet war der Proll dort eine geistig und kulturell zurückgebliebene Kreatur, ein Mensch auf Schwundstufe, ein »flachgesichtiger Angestellter«, der »mit Schnäuzer und Trevira durchs Leben stolpert«. Begonnen haben dürfte dieses Ressentiment in den frühen 70er Jahren, als die Aktivisten der K-Gruppen bei der »Basisarbeit« in den Betrieben feststellen mussten, dass die Arbeiter in Westdeutschland partout keine Lust auf die Revolution hatten, sondern viel mehr an Opel Kadett, Schrankwand, Mallorca und individuellem Aufstieg interessiert waren. Dazu kam dann noch der Generalverdacht der Frankfurter Schule gegenüber der Durchschnittsbevölkerung: der kleinbürgerliche Normaldeutsche hatte seinerzeit Auschwitz geschehen lassen, also kann vom »Mann auf der Straße« einfach nichts Gutes zu erwarten sein.
Nach linker Diktion gab und gibt es in Deutschland im Grunde gar keine richtigen Proletarier, sondern höchstens reaktionär verhetzte, per Lohnscheck ruhiggestellte Konsumidioten, die ihr WeltBILD aus der Springer-Presse beziehen, nach oben buckeln und nach unten (Ausländer, Arbeitslose, Schwule, Behinderte...) treten, mit einem Wort: Prolls.
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