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Oldtimer II, am 9.12. 2024 um 11:35:43 Uhr
Prügelstrafe

Stefan schrieb, dass er als 16-jähriger in eine Besserungsanstalt eingewiesen wurde. Dort musste er in den Herbstferien bei einem Bauern Kartoffeln roden – mit nacktem Oberkörper, angetrieben von Peitschenhieben durch einen Aufseher.
Heute ist das undenkbar. Gabe es das früher wirklich? Ja das gab es.

1961, an einem nasskalten Tag Ende Oktober fuhr ich mit einem VW-Käfer von Düsseldorf nach Aachen. Auf halber Strecke hatte ich einen Platten, auf der Landstraße. Ich wollte den Reifen wechseln, aber eine Schraube ließ sich nicht von der Felge lösen. Halb von Büschen verdeckt sah ich junge Männer auf dem Acker. Unweit von mir zweigte ein Feldweg in diese Richtung ab. Vielleicht würde mir einer von ihnen helfen. Als ich näher kam sah iches waren Jungen mit nacktem Oberkörper beim Roden von Rüben, die sie in Körbe warfen und sie zu einem Wagen schleppten. Ein älterer Mann stand dort und überwachte das Ganze. Ich sah, wie junge Männer die Jungs mit Riemenpeitschen antrieben. Ich fragte den Mann am Wagen, ob mir einer mir helfen könnte. Und warum die Jungen geschlagen wurden. Statt einer Antwort brüllte der Mann hinüber: „Der Paul soll kommen!“

Paul war ein 16- oder 17-jähriger kräftiger Bursche mit frischen Striemen und alten Narben auf dem Rücken. Ohne weiteren Wortwechsel marschierten wir zum Auto. Der Junge blieb stumm. Nach zwanzig Minuten war der Schaden behoben. „Jetzt pack mal aus. Bist du ein junger Verbrecher?“ Er: „Deswegen sind wir doch hier.“ -Und was hast du angestellt?“ -Das übliche. Klauen, Schuleschwänzen, Sachen kaputt machen, bis sie mich den Eltern weggenommen haben. Weil ich noch nicht 14 war, kam ich in eine Pflegefamilie. Der Mann am Rübenwagen ist mein Pflegevater. Der hat mich für jeden Quatsch verprügelt. Aber richtig böse ist er nicht. Er hat einen harten Kerl aus mir gemacht. Nach einem Jahr hab´ich nicht mehr gebrüllt. Jetzt kann er mich auch ohne Grund schlagen und peitschen. Ich will selbst Erzieher werden. Mit 18 darf man Hilfserzieher sein. Ein Jahr muss ich noch warten.“


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