Zu den scheußlichsten Ideen, die von den verschiedenen Religionen ausgebrütet wurden, gehört die Prädestinationslehre. Demnach ist durch eine ominöse Gnadenwahl Gottes bereits von Anfang an vorbestimmt, wer errettet wird und wer für alle Ewigkeit in der Hölle gefoltert wird. Ob ein Mensch also gutes oder schlechtes tut, ist völlig wurst, es steht ja ohnehin schon fest, welchen Platz er finden wird.
Eine besonders abstoßende Variante dieser Lehre findet sich im Kalvinismus: demnach läßt sich schon auf Erden erkennen, wer auserwählt ist: es sind diejenigen, die auf der Erde Erfolg haben. Damit wurde der Kalvinismus auch zu einer der Wurzeln des Kapitalismus, da er aussagte: wer reich ist, steht in der Gnade Gottes, wer arm ist, ist ohnehin verdammt und verdient es daher auch, arm zu sein. In dieser Variante ist das Christentum, das ursprünglich ja wenigstens eine starke soziale Ausprägung hatte (»Eher findet ein Kamel durch ein Nadelöhr, als daß ein Reicher in den Himmel kommt«), zu einer Besitzenden- und Machthaberideologie mutiert.
Das ist eine besondere Variante, doch ganz allgemein ist die Prädestinationslehre nicht zuletzt deshalb abscheulich, weil sie immer wieder von ihren Vertretern so verstanden sind, daß sie selbst natürlich auf der Sonnenseite stehen - eine wunderbare Ausrede für Selbstgerechtigkeit und noch schlimmeres.
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