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mondkalb schrieb am 4.10. 2002 um 16:24:54 Uhr über

Popper

Poppers: Was es ist, wie es wirkt und wie gefährlich es ist.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Poppers wird zwar geschnüffelt, hat aber nichts mit den gefürchteten lösungsmittelhaltigen Schnüffeldrogen zu tun. Lösungsmittel sind extrem gesundheitsschädigend und sogar lebensbedrohend - Poppers dagegen ist vergleichsweise harmlos. Wobei das Wortharmlosmit aller Vorsicht zu verwenden ist. Auch wenn der Geruch an Lösungsmittel erinnert, darf man die Wirkungen und Nebenwirkungen der chemischen Substanzen nicht durcheinander werfen.
Die flüchtigen Dämpfe von Poppers werden aus kleinen Glasampullen inhaliert und sorgen für eine schlagartige Erweiterung der Blutgefäße. Der Rausch setzt unmittelbar nach dem Einatmen ein und hält für einige Minuten an. Die erwünschten Wirkungen machen Poppers so beliebt: Nahezu unbändige Geilheit bei gleichzeitiger Entspannung, Hingabe und höhere Empfindsamkeit. Auch das Schmerzempfinden wird herabgesetzt, was beim Analverkehr manchmal von Vorteil ist. Vor allem aber berichten Poppers-User von einem erheblich intensiveren Erleben des Orgasmus.

Es gibt aber auch unerwünschte Nebenwirkungen: So hat Poppers die unangenehme Eigenschaft der Willensschwächung. Was oft dazu führt, dass die Regeln des Safer Sex außer Acht gelassen werden. In Kombination mit Alkohol ist die Gefahr noch größer. Auch der Blutdruck kann bis zur Ohnmacht absinken, auch die Sauerstoffversorgung des Gehirns wird während desFlashsdrastisch reduziert. Kopfschmerzen und Schwindelgefühl können die Folge sein. Poppers lässt Gehirnzellen absterben und das kann langfristig zu einer Beeinträchtigung der intellektuellen Leistungsfähigkeit führen. Das Ausmaß der Zerstörung soll etwa der eines Alkoholrausches entsprechen. Des weiteren soll Poppers die Zahl der körpereigenen Helferzellen vermindern und damit das Immunsystem schwächen. Einige wenige AIDS-Forscher gehen sogar davon aus, dass Poppers deshalb für die Ausbreitung von HIV verantwortlich ist.

Besonders gefährlich ist Poppers in Verbindung mit der Potenzpille Viagra. Die deutschen Aidshilfen haben aus diesem Grund eine Aufkleberkampagne mit dem Slogan »Viagra und Poppers in Kombination kann tödlich sein« initiiert. Sie haben dies nicht aufgrund einer hypothetischen Gefahr, sondern aus konkretem Anlass getan: Verschiedene Todesfälle in Kombination mit Viagra bzw. anderen nitrathaltigen Medikamenten hat es nämlich schon gegeben. Auch in Kombination mit Ecstasy dürfte Poppers äußerst gefährlich sein. Viele wissen das nicht und benutzen Poppers im E-Rausch auch in Techno-Discos.

Vorsicht ist auch beim direkten Hautkontakt mit Poppers geboten. Schleimhautverätzungen zählen zu den geringsten aller Probleme. Inzwischen gibt es in der Schwulenszene auch Poppers-Inhalatoren: kleine Röhrchen, die mit poppersgetränktem Zellstoff befüllt werden. Wer Poppers aber schluckt, muss nicht nur mit Übelkeit und Brechreiz, sondern auch mit tödlichen Folgen rechnen. Bekannt ist der Fall eines Mannes, der Poppers versehentlich in die Nase bekam und schwerste Hirnschäden, die einem Schlaganfall gleichkamen, davontrug. Seit dem sitzt er im Rollstuhl.

Wer Poppers beim Sex benutzen will, muss einige Regeln beachten. Ganz wichtig: Wer an schwachem Blutdruck, Herzrhythmusstörungen oder gar einem Herzklappenfehler leidet, darf Poppers auf keinen Fall benutzen!

Mittlerweile hat auch die heterosexuelle Welt die Wirkung von Poppers erkannt. Gehandelt werden die kleinen Glasampullen in Sexshops und Pornokinos - oftunter dem Tisch“. Denn der offizielle Handel ist verboten, da Nitrite unter das Arzneimittelgesetz fallen. Normalerweise dürfte Poppers nur in Apotheken und auch nur auf Rezept zu haben sein. Der Besitz ist aber erlaubt. Die kleinen Flaschen werden deshalb auch alsRaumaromaangeboten. Selbst als „Tonkopf-Reiniger“ oder als Treibstoffzusatz für Modellflugzeuge lässt sich Poppers verwenden.

Früher wurde Poppers in der Medizin eingesetzt. Und zwar zur Behandlung von Herzbeschwerden und Asthma. Wegen der stark blutdrucksenkenden und muskelentspannenden Wirkung fand es früher auch Anwendung im Kreißsaal. Als Medikament wird es heute noch zur Behandlung von Herzkrämpfen eingesetzt.

Wichtig zu wissen: Poppers lässt sich industriell recht preiswert herstellen, die Verkaufspreise in deutschen Sexshops liegen aber oft um 20 Euro pro Flasche. Wer einmal im Internet, vornehmlich auf Seiten holländischer Anbieter schaut, kann sich beliebte Poppers-Sorten wie Rush, Hardware, Rave oder Jungle Juice auch schon für weit unter acht Euro bestellen. Witzigerweise überbringt dann der Postbote die heiße Ware mit unschuldiger Miene.

Übrigens: Poppers ist nicht unbegrenzt haltbar und zersetzt sich mit der Zeit, weil es Feuchtigkeit aus der Raumluft anzieht. Am besten hält sich die Substanz, wenn sie kühl aufbewahrt wird - also im Kühlschrank oder besser noch in der Tiefkühltruhe. Dort ist es monatelang haltbar. Vor dem Öffnen sollte die Ampulle aber auf Zimmertemperatur gebracht werden, um die Kondensation von Wasser in der Flasche zu verhindern.

Von einer direkten körperlichen (physischen) Abhängigkeit ist nichts bekannt. Trotzdem besteht Suchtgefahr, da der User durch den Konsum von Poppers eine enthemmte Sinnlichkeit und Intensivierung seines Sexuallebens erlebt und damit der Wunsch nach Wiederholung besteht. Damit ist eine so genannte psychische Abhängigkeit möglich, die Vergleichbar ist mit dem Drang, eine Zigarette zu rauchen.

Wer Poppers nicht kennt, benutzt möglicherweise ein oft gehörtes Vorurteil. Viele meinen nämlich, Poppers sei ein Aphrodisiakum - also ein Mittel, das den Geschlechtstrieb anregt. Das ist Unsinn, denn wer gerade völlig ungeil ist, kommt durch Schnüffeln von Rush & Co garantiert nicht auf Touren. Im Gegenteil: Die Fähigkeit, dann noch eine vernünftige Latte zustande zu bringen, schwindet.

Poppers ist und bleibt eine Droge, die nicht verharmlost werden darf. Wie alle Drogen birgt es auch Gefahren und hat Nebenwirkungen. Dies macht einen verantwortungs- und maßvollen Umgang mit dieser Droge nötig, wenn man denn nicht ganz auf sie verzichten will. Denn harmlose Drogen gibt es nicht.




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