Reinickens Märchen über einen Polizisten:
»Der Polizist und die Amazonen«
( von Reinicken / www.reinicken.de )
Es war einmal vor hunderten von Jahren in einer großen und mächtigen Stadt ein smarter und kompetenter Polizist.
Dieser Polizist hielt die Ordnung der Stadt aufrecht und war im ganzen Land hoch angesehen für seinen heldenhaften Mut, die Stadt vor Vagabunden, Dieben und sonstigem Grobzeug fern zu halten.
Trotz der Anerkennung der gemeinen Bevölkerung, für seinen Dienstherr war er ein Polizist von vielen.
Ihm war das egal, denn er liebte seinen Beruf und erfüllte durch dessen Ausübung seinen Drang nach Gerechtigkeit.
Er ging Tag und Nacht seinem Beruf nach und lehrte den Gesetzeslosen das Fürchten.
Eines Nachts, er streifte durch ein gutbürgerliches Viertel, sah er eine schemenhafte Gestalt, die um die Häuser schlich.
Der Polizist stieg von seinem Pferd ab, schlich sich an die Person heran, folgte ihr und beobachtete jede Bewegung mit Argusaugen.
Nach kurzer Zeit erreichten sie das alte Scheunenviertel.
Die Gestalt trat in eine große, schäbige Scheune.
Der Polizist wartete einige Minuten ab und folgte schließlich.
In der Scheune war es stockdunkel.
Es roch nach feuchtem Heu, modrigem Holz, nach Tier, Kot und Urin.
Es roch widerlich. Dem Polizisten wurde schwindlig, doch blieb er standhaft und spähte nach dem geheimnisvollen Unbekannten.
Nach kurzer Zeit gewöhnten sich die Augen an die Finsternis und Umrisse wurden erkennbar.
Er sah links und rechts vom Mittelgang Verschläge und dahinter die Rücken von Vieh schimmern, wie kleine Berge, die aus dem Dunkel heraus ragten. Es mussten um die fünfzig Tiere sein, vermutete er, wahrscheinlich Kühe.
Er trat weiter in die Scheune, bückte sich und schloss die Augen. Er wollte sich auf Geräusche konzentrieren, ein mögliches, verräterisches Geräusch der geheimnisvollen Gestalt aus dem Brei der Geräusche herausfiltern, welche in der Scheune herrschten.
Schließlich hörte er das Knarren von Holz, das Quietschen von Scharnieren. Ganz leise und sachte. Er bekam es trotzdem mit. Es kam vom anderen Ende der Scheune.
Obwohl er mit allen Wassern gewaschen war, pochte sein Herz ängstlich aufgeregt.
Er schlich gebückt den Mittelgang in die Richtung, aus der das Geräusch kam.
Auf halbem Wege hörte er ein dumpfes, mattes Geräusch und plötzlich ein Muhen.
Es waren also wirklich Kühe. Was würde ihn erwarten? Was führt die Person im Schilde?
Sein Herzschlag war rasend, sein Atem wurde schwerer. Er ging nun schneller, geduckt um nicht bemerkt zu werden, und sah ganz hinten einen geöffneten Verschlag. Er hörte ein leises Stöhnen. Der Polizist hielt kurz inne, versuchte seine Nerven zu beruhigen und schlich dann an den Verschlag heran.
Jetzt oder nie, sagte er sich, kniete sich hin und nahm sein kleines Windlicht aus dem an seinem Rücken geschnallten Sack. Das Stöhnen wurde lauter.
Er zündete das Windlicht an, zog sein Florett aus der Scheide und sprang mit einem Satz aus seiner geduckten Haltung in den Verschlag.
Mit dem Windlicht in der Linken und dem Florett in der Rechten stand er nun aufrecht in Kampfhaltung.
Die Gestalt stand auf einer kleinen Holzleiter und hing mit dem Becken am Gesäß einer Kuh. Als der Polizist in den Verschlag sprang, und das Windlicht die Umgebung mit schwachem Licht erhellte, erschrak die Person, drehte sich um, sah den Polizisten, fiel nach hinten von der Leiter und landete mit nacktem Hintern auf dem Boden.
Die Kuh muhte befreiend auf und wedelte mit dem Schwanz einmal hin und her.
Aus dem gedehnten Afterschließmuskel floss ein wenig Kot.
Die Sachlage war klar. Angewidert sah der Polizist die Person am Boden herumwinseln.
Es war ein Knabe von vielleicht fünfzehn Jahren.
Dieser Knabe ließ sich von teuflischem Verlangen leiten, das war eindeutig.
Er zog den Burschen am Ohr hoch und musterte ihn von oben bis unten.
Trotz des verursachten Schrecks hatte dieser immernoch Verlangen im Glied.
Der Polizist vollzog geltendes Recht und trennte Knabe und Glied mit dem Florett.
Der Knabe fiel wieder zu Boden, schrie und weinte vor Schmerz.
Das Blut strömte unaufhaltsam aus der Wunde.
Der Polizist wartete ab, bis der Knabe verblutet und gestorben war, zog ihn dann aus der Blutlache und schaffte die Leiche zu seiner Dienststelle.
Dort schrieb er seinen Bericht und bestellte den polizeiinternen Bestatter.
Als der Bestatter die Leiche begutachten wollte und sie zu Gesicht bekam, erschrak er.
Der Tote war der Sproß des Polizeichefs. Hektisch gab der Bestatter seinen Wissensstand weiter. Auch dem Polizisten wurde mulmig, obwohl er wusste, rechtschaffend und gottesgläubig gehandelt zu haben. Vor Gott und Gesetz sind alle gleich, sagte er sich, und versuchte sich zu beruhigen, gleichwohl der misslichen Lage.
Nachdem der Schriftkram beendet war, machte er Feierabend.
Am nächsten Tag schrien die Zeitungsjungen den Tod vom Sproß des Polizeichefs durch die Stadt und verkauften frisch gedruckte Sonderausgaben.
Der Polizeichef war betrübt und zornig, wusste aber um das richtige, rechtschaffende Handeln des Polizisten. Und weil er ihm nichts anhängen konnte, steckte er den Polizisten in die Innenverwaltung.
Dort saß unser Polizist jahrein, jahraus und verzweifelte an seiner eigenen Person, der ungemein großes Unrecht angetan wurde. Zweifel an der Gleichheit vor Recht und Gesetz setzten ihm schwer zu. Er konnte seinen innerlichen Drang nach Gerechtigkeit nicht befriedigen und ging an der an ihm geschehenen Ungerechtigkeit zu Grunde.
Eines Tages begab es sich, dass eine riesige Streitmacht wild gewordener Amazonen die stolze Stadt heimsuchte.
Abertausende Amazonen belagerten die Stadt und stießen mal hier, mal da in die Stadt ein und brachten Tod und Verderben. Sie steckten Häuser in Brand, meuchelten die Bevölkerung und plünderten und raubten, was nicht niet- und nagelfest war.
Die Stadt ächzte und stöhnte unter der anheimfallenden Plage.
Ein Polizist nach dem anderen fiel an der Front oder den Amazonen in die Hände, was weitaus schlimmer war. Nach jahrelanger Belagerung und immer wieder verherenden Angriffen war die Lage der Stadt fast aussichtslos. Die Bevölkerung verhungerte, die Wehrhaftigkeit war durch die stark dezimierte Zahl der Polizeibeamten kaum noch gegeben.
In einem letzten Aufgebot zog der Polizeichef alle verbliebenen Restkräfte zusammen.
Und so kam auch unser Polizist aus der gehassten, seit der Belagerung kaum fähigen Innenverwaltung in diese zusammengelegte Hundertschaft.
Dem Polizeichef trübte deshalb der Sinn ein wenig, doch wusste er jetzt zu genau, dass alte Hassgefühle fehl am Platze sind und er jeden Mann auf der Straße brauchte.
Dieser Polizist war gut und die Stadt konnte ihn gebrauchen.
Da er der erfahrenste Polizist unter den Hundert war, wurde er zum Hundertschaftsführer erkoren und unterstand direkt dem Polizeichef.
Der König der Stadt, der Polizeichef und der frisch gebackene Hundertschaftsführer kamen überein, diese Hundertschaft nicht sinnlos im Gefecht zu verheizen.
Es würde nur trickreiches Unterfangen helfen, um die Amazonen zu schlagen und die Stadt vor deren endgültigen Heimsuchung zu bewahren.
Tage- und nächtelang überlegten König, Polizeichef und der Hundertschaftsführer, wie man die Gefahr endlich bannen könne. Sie studierten alte Bücher und Schriften in der Stadtbibliothek und kamen auf eine Strategie überein.
Sie setzten ein Kapitulationsschreiben auf und übergaben es einen Boten.
So ritt der Bote am hellichten Tage auf einem Schimmel mit einem weissem Wimpel in der Rechten unbewaffnet aus der Stadt. Er bat die Amazonen um ein Treffen mit deren Königin, da er eine Botschaft zu übermitteln habe.
Die Amazonen verbanden ihm die Augen und brachten ihn zum Aufenthaltsort der Amazonenkönigin.
Als ihm die Augen wieder frei gelegt wurden, stand die Amazonenkönigin direkt ihm gegenüber.
Er war sofort betört von ihrer Schönheit und gab wahrheitsgemäß an:
„Die große, einst mächtige Stadt kniet vor Eurer unglaublichen Macht und Stärke nieder. Man fleht Euch um Gnade an. Der König erwartet Euch im Stadtschlosse und wird Euch ehrfürchtig den goldenen Stadtschlüssel aushändigen.“ Er wusste es nicht besser, und so war es gut und mit Aussicht auf Erfolg.
Die Amazonenkönigin ließ den Boten, kein Haar an ihm gekrümmt, zurück in die Stadt reiten. Der Bote gab dem König die Antwort kund: „Die neue Königin der großen, mächtigen Stadt wird am kommenden Tage mit Gefolgschaft den Ort der Regentschaft aufsuchen und den Stadthron besteigen.“
Der König, der Polizeichef und der Hundertschaftsführer waren wohlgesonnen.
Man bereitete sich auf den Besuch vor.
Es war die letzte Chance, die letzte Möglichkeit auf eine Chance, die Amazonenstreitmacht zurückzuschlagen. In unzähligen Schlachten hatte sich die Stadt ohne Erfolg aufgerieben.
Jetzt sollte ein kleiner Trick die Befreiung herbeiführen.
Der König gab dem Volk die vermeintlich bevorstehende Kapitulation bekannt.
Ein Raunen, aber auch eine Art von Erleichterung ging durch die Stadt.
Am nächsten Tag erschien das Volk zahlreich am Stadtschlosse, um die neue Herrscherin zu empfangen.
Die Amazonenkönigin ritt auf ihrem Rappen voran, hinter ihr eine Gefolgschaft von zweihundert berittenen Amazonen, allesamt schwer bewaffnet und in Viererreihe.
Als die Kolonne am Schloss angelangt war, kam ihnen der König in Begleitung des Polizeichefs entgegen und bat sie, einzutreten.
Die Amazonenkönigin trat mit einer kleinen Gefolgschaft von zwanzig Amazonen in das Schloss. Der große Rest blieb vor dem Schloss auf den Pferden, links und rechts des Weges gesäumt von staunendem Volk. Im Stadtschloss setzte sich die Amazonenkönigin auf den Thron und ließ sich den Stadtschlüssel geben. Nachdem sie alle Räume begutachtet hatte, forderte sie den König auf, die Krönungszeremonie vor dem Volk zu vollziehen.
Von draußen konnte man auch schon das Murmeln und den leisen Tumult des Volkes wahrnehmen.
Als die Gruppe das Schloss verließ und auf der erhobenen Terasse stand, war es wieder still.
Neben der Amazonenkönigin stand links der König der Stadt, hinter deren Rücken die Meute von Zwanzig und der Polizeichef. Schließlich sprach sie zum Volk:
„Euer König hat abgedankt! Ich übernehme von nun an sein Amt!“
Sie gab ein Handzeichen, ein leichter Tritt in die Kniekehle und der König ging auf die Knie. Eine Amazone trat hervor und nahm dem König die Krone vom Haupte. Die Amazonenkönigin übernahm die Krone und setzte sie sich triumphierend auf.
In diesem Augenblick verdunkelte sich ihre Miene und sie sprach: „Der alte König hat ausgedient!“
Ein silbernes Aufflackern der Schmiede und des Königs Haupt flog in Richtung Volk. Blut spritzte aus dem durchtrennten Hals, als der Oberkörper nach vorne weg fiel.
Das Volk war entsetzt und entzückt zugleich.
Der Polizeichef fiel ohnmächtig zu Boden und wurde später in Gewahrsam genommen und eingesperrt.
Anschließend folgte ein großes Festgelage, bei der die große Vorratskammer des Schlosses erbarmungslos geplündert wurde.
Des Königs Kopf zeigte noch Tage nach der Zeremonie auf einen Spieß vor dem Schloss zur Schau, wer die Macht in der Stadt nun inne hatte.
Das Schloss hatte zwei Vorratskammern, einen riesengroßen, hallenartigen Lagerraum und ein im Verhältnis dazu winzigen Vorratskeller in der Küche, der durch eine kleine Holzluke mittels Leiter erreichbar war. Dort versteckte sich die Hundertschaft.
Die Luke war durch einen dicken Teppich verdeckt, den der Polizeichef vor Ankunft der Amazonenkönigin dorthin gelegt hatte. Das Geheimnis des Sieges war bekannt. Nun wartete man, gut Glück, auf den geeigneten Moment.
Die Hundertschaft hätte sich knapp einen Monat vom Lagerbestand ernähren können, auch Platz war ausreichend, doch die Luft war warm, stickig und karg.
Sie warteten Tage, bis der Lärm der oben tobenden Festlichkeit langsam ein Ende fand.
Eines Nachts nun, als der Hundertschaftsführer den Zeitpunkt für günstig erachtete, stiegen alle Mann aus dem Versteck und schlichen in den Thronsaal.
Der Thronsaal gab ein chaotisches Bild wieder. Überall lag sauberes, benutztes und zerbrochenes Geschirr, leere und halbleere Buffetreihen. Auf dem Mamorboden lagen verstreut Felle und Kissen, die schlafenden Leiber von zweihundert zum Teil nackten und leicht bekleideten Amazonen und überall Essensreste und Kotze. Es roch bestialisch abgestanden nach Alkohol, Schweiß, Kotze und Urin. Am Ende des Saales lag die Amazonenkönigin im Thron und schlief ihren Rausch. Die Männer stiegen angsterfüllt über die Leiber. Ein jeder betete im Gedanken, die Amazonen nicht aus dem Schlaf zu reißen, bevor sie nicht die Königin erreicht hätten. Kein Mucks wurde laut.
Als die Hundert den Thron erreicht hatten, postierten sich jeweils zehn Mann an den Gliedern der Amazone. Der Rest stand im Halbkreis mit dem Rücken zum Thron und war angewiesen, jeden Angriff fernzuhalten.
Alle Mann waren sofort bezaubert von der Amazonenkönigin betörenden Schönheit, ließen sich jedoch nicht beirren in ihrem Plan. Als der Hundertschaftsführer vor der Amazonenkönigin stand, ließ er seine Hosenbeine fallen und zum Vorschein kam sein erregtes Glied.
Zeitgleich packten alle vierzig Mann die Arme und Beine, wodurch die Königin aus ihrem Schlaf gerissen wurde. Als sie die Lage erkannte, schrie und fluchte sie wie eine Furie.
Die Ruhe war dahin und die Gefolgschaft erwachte allmählich.
Die Königin riss ihre Arme und Beine hin und her, spuckte und fluchte. Die Männer an ihren Gliedern hingen wie Fische am Haken. Nur wollten die Fische nicht lassen und wurden hin und her geschleudert.
Die ersten erwachten Amazonen stürmten kopflos Richtung Thron und fielen durch die Schwerter der Männer. Andere holten sich erst ihre Waffen.
Der Hundertschaftsführer half mit, die Beine der Königin auseinanderzudrücken und ließ sich auf ihren Körper fallen. Sie spuckte, versuchte zu beißen und zuckte mit ihrem Körper hin und her.
Die nächste Horde Amazonen kam mit Schwertern angerannt. Doch obwohl so mancher Mann im Halbkreis fiel, die Amazonen konnten den Ring nicht durchbrechen. Die Männer kämpften um das Leben der Stadt und um das eigene. Der Hundertschaftsführer drückte sein Becken gegen das der Königin und versuchte, sein Körperschwert mit aller Macht in sie hinein zu rammen.
Als die Amazonen nicht nur mit Schwertern, sondern auch noch mit Pfeil und Bogen zu Werke gingen, dünnte sich der Halbkreis schnell aus. Die Männer bekamen es mit der Angst zu tun, ihr Vorhaben nicht bewerkstelligen zu können. Doch nicht nur die Kräfte der Mannschaft schwindeten, auch die der Königin. Und so schaffte es der Hundertschaftsführer seine Waffe in sie hinein zu rammen. Sein Gesicht verzerrte sich vor Schmerz. Die Königin war endlich defloriert und ihre Macht entwich nach kurzer Zeit. Sie ließ von ihrer Gegenwehr ab und wurde ohnmächtig. Als das geschah, verstummte das Klingen von Metall, das Schneiden von Luft, die Amazonen ließen Schwerter und Bögen fallen. Sie waren geschlagen, sie hatten ihre Königin verloren und flohen aus der Stadt.
Nachdem der Kampf beendet war, wurde der Polizeichef aus dem Gewahrsam befreit und die Bannung der Amazonengefahr dem Volke kundgetan. Das Volk jubelte.
Als die Königin aus ihrer Ohnmacht erwachte, war ein neues Leben geboren. Die Amazonenkönigin war gestorben und in dem betörenden Körper kam ein neues Leben auf die Welt, frei von Teufel und Dämon. Eine Menschenfrau.
Einige Zeit später wurde der Polizeichef zum König gekrönt, denn er war fähig und wollte nur Gutes für die Stadt.
Daraufhin beförderte der König den Hundertschaftsführer zum Polizeichef, denn dieser war gut und hatte einen Drang nach Sicherheit und Gerechtigkeit.
Der frisch gebackene Polizeichef heiratete die Amazonenkönigin, die jetzt zu ihrer betörenden Schönheit auch ein warmherziges, gütiges Wesen innehatte und weich und einfühlsam war.
Die Amazonen selbst waren nie wieder gesehen.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.
Und die Moral von der Geschicht:
Wer sich diese Scheiße durchgelesen hat, ist selber schuld ( ...toll... ).
The end.
Reinicken (2002)
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