Platz bedeutet Raum, Raum für irgendetwas. So kenen wir alle den Marktplatz, auf dem in regelmäßiger Folge Handel getrieben wir. Gleich bei mir um die Ecke ist so ein Platz. Er heißt zwar nicht Marktplatz sondern Exerzierplatz, weil dort zu Kaiser Willhelm II. Zeiten (1888 - 1918) die Soldaten öffentlich Mänchen machten, aber heutzutage findet dort Mittwochs und Sonnabends Wochenmarkt statt. Früher habe ich öfters »die Nacht durchgemacht« und bin dan kurz vor fünf in die Kneipe, in der die Marktbeschicker nach dem Standaufbau frühstückten. Da war eine Stimmung, jeder kannte jeden und die besten Mettbrötchen weltweit gab es da. Während die einen ihren Kaffee tranken, hieß es bei den anderen schon oder noch immer HOCH DIE TASSEN. Ich gehörte zu den immer noch. Anschließend über den Wochenmarkt schlendern, mit den Händlern fachsimpeln; man war ja kein Kunde sondern Zubehör des Wochenmarkts. Tante Herta hatte eine kleine Steinbude an der man Kaffee zu einem lächerlichen Preis kaufen konte. Um Strom zu sparen kochte Tante Herta das Kaffeewasser auf einem Holzofen den sie mit den kaputten Kisten der Marktleute befeuerte. Tante Herta durfte keinen Alkohol ausschenken doch sie hatte eine Plastikmilchkanne. Gute Kunden bekamen gegen 50 Pfenige Aufpreis in den Kaffee oder Kakao eien Schuß. Das mußte jedoch alles sehr diskret ablaufen. Am Stand für Pferdewurst bekam man unter der Hand zu seiner Wurst eine Flasche Bier. Denn auch Der Pferdewurststandbetreiber durfte ebenfalls kein Alkohol ausschenken. Die ersten Kunden des Marktes kannte man auch. Wie wir, das Inventar, waren auch die ersten Kunden immer die gleichen.
An schönen Sommertagen schauten wir bis um 8 Uhr auf die Hintern und Brüste der jungen Kundinnen, gaben alkoholgeschwängerte Kommentare ab und fühlten uns riesig. Mittwochs verlief sich dann alles und jeder ging zu Bett. Schließlich mußte man am Abend wieder arbeiten. Am Sonnabend, da war alles anders. Wer irgenwie konnte, machte sich für den Abend frei und so ging es nach dem Marktbesuch wieder in die Kneipe. Dimitri, ein alter Grieche, der betrieb so einen Treffpunkt. Lärmend und trotzdem willkommen fielen wir dort allsonnabendlich gegen 9 Uhr dort ein. Manche spielten Karten, doch der Würfel bestimmte von nun an das Geschehen. Wer etwas trinken wollte, der bestellte nich einfach, nein, er forderte irgendjemanden zu einem Würfelspiel heraus. So bekam man manchmal sein Getränk umsonst, manchmal kostete es doppelt.
Das sind so spontane Erinnerungen an den Marktplatz. Doch Platz bedeutet auch Raum für andere Dinge. Nachdem ich jetzt so viel über den Marktplatz geschrieben habe will ich ausprobieren, wieviel Platz für meine Assoziationen mir hier zugestanden werden. Der Indikator unten rechts ist schon beim vorletzten Kästchen angelangt und mich packt das Forscherfieber. Gleich muß irgendetwas mir völlig Neues passieren. Ich werde, sollte ich dieses Neue an diesem Platz nicht mehr beschreiben können, es sobald ich ein neues Stichwort eingeben darf unter »RAUMNOT« schildern. Zunächst stelle ich aber fest, daß sich der Lichtbalken nicht mehr bewegt. Sollte hier wirklich uneingeschränkt Platz sein für eigene Gedanken? Das muß man sich einmal vorstellen: Gedankenfreiheit ohne Grenzen! Ganze Romane könte man problemlos veröffentlichen, Telefonbücher abdrucken oder sonst was tun. Das Problem ist aber, daß vermutlich niemand bereit ist so lange Texte zu lesen. Ich muß an dieser Stelle gestehen, daß mir der rechte Forscherdrang fehlt. Somit räume ich den Platz.
|