Es war einmal. Als ich noch zur Schule gehen musste/durfte, war die PISA-Studie noch nicht einmal ein sündiger Gedanke. Die meisten deutschen Pädagogen wussten damals nicht, dass in den Ländern an der Spitze der letzten Studie überhaupt Schulpflicht herrschte (soll heißen, sie hatten null Ahnung über deren Schulsysteme).
Ich frage mich immer wieder: Können wir von einem Schüler Wissen verlangen, das fachfremde Lehrer nicht besitzen? Oder anders herum: Dürfen wir Lehrer auf unsere Kinder loslassen, die nicht einmal die einfachsten PISA-Fragen beantworten können?
Meine alte Schule drängt sich mir bei den Buchstaben PISA immer auf. Speziell in Form meiner ehemaligen Deutsch-, Geschichts-, Sprach-, Sport- und Religions-LehrerInnen. Alle PISA-Fragen, die ich bislang gesehen habe, liegen irgendwo zwischen Naturwissenschaft und Allgemeinbildung. Keiner/keinem einzelnen würde ich aus heutiger Sicht zutrauen, auch nur eine halbwegs vernünftige Antwort zu liefern. Geballte Fachidiotie!
Ich will es einmal an einigen Beispielen plausibel machen. Keine Erfindung, so hat es sich tatsächlich zugetragen:
Geschichte/Deutsch-Lehrerin (Ausbildungsleiterin für Nachwuchslehrer): Unser Gehirn schwimmt im Wasser. Durch den Auftrieb wird es leichter, und der Kopf muss nicht so schwer daran tragen. Mein vorlauter Hinweis »Dann müssen wir das Wasser ja auch noch tragen.« hätte mich um den Schulabschluss gebracht, wenn sie so gekonnt hätte, wie sie gern gewollt hat.
Biologielehrerin: Korallen verzweigen sich so weit, weil dann ihr Auftrieb im Wasser größer ist. Prinzipiell nette Frau, aber sie wusste es halt nicht besser.
Die selbe Bio-Lehrerin kam einmal völlig verstört in den Unterricht. Ihre Hass-Freundin, die oben erwähnte G/D-Lehrerin hatte ihr weisgemacht, dass Naturwissenschaften keine Bildung seien. Sie ließ ein Lexikon holen, um endlich zu erfahren was Bildung ist. Zu ihrem Glück bewertete dieses Lexikon in Bezug auf Bildung Naturwissenschaften höher als die sog. Geisteswissenschaften.
Promovierter Lehrer Geschichte/Gemeinschaftskunde: Kläglicher Versuch, die Inflationsrate zu erklären.
Man packt ein Brötchen, ein Auto, einen Fernseher usw. in einen Warenkorb und sieht nach, um wie viel sich der Preis im Laufe des Jahres verändert.
Ich wollte ihm diesen ausgemachten Blödsinn durch ein drastisches und nicht ernst gemeintes Gegenbeispiel klar machen. Mein Vorschlag:
Man packe für je 1000 DM Brötchen, Autos, Fernseher usw. in einen Warenkorb und sieht nach, um wie viel sich der Preis im Laufe des Jahres verändert.
Das hat ihn zwar durcheinander gebracht, aber er war zu dumm, um die Ironie meines nicht ernst gemeinten Vorschlags zu erkennen. Über Nacht hat er sich dann schlau gemacht: Man nehme immer so viel, wie eine Durchschnittsfamilie wirklich braucht. Tja, das hätte sogar ich mir damals denken können, mit weniger Ironie hätte ich dafür sogar eine gute Note bekommen. Pech gehabt.
Deutschlehrerin: Was ist eigentlich ein Kondensator? Ein Klassenkamerad, der Radios bastelt, nach kurzem Abschätzen ihres Technik-IQ: »Ein elektrisches Bauteil, auf dem „pF“ steht.« Sie hatte die Ironie dieser Antwort übrigens verstanden und sich darüber köstlich amüsiert. (Anmerkung: die Kapazität kleiner Kondensatoren wird in picoFarad gemessen, dieser Wert ist üblicherweise aufgedruckt).
Diese meine Deutschlehrerin hat übrigens voll akzeptiert, dass es auf der Welt nicht nur Germanisten gibt. Ihr verdanke ich, dass ich meinen Schulabschluss (mit einem Not-4er in Deutsch) bestanden habe. Danke!
Ich möchte Euch noch einen aufschlussreichen Test ans Herz legen, den ich selbst mühevoll ausgearbeitet habe ;-)
1. Wie viel sind 3/4 von 2/3? (in den meisten Fällen keine Antwort)
2. Wie viel sind 2/3 von 3/4? (meistens: völlig klar: 2/4 = 1/2)
(Der Befragte erkennt in der Regel nicht, dass die Fragestellung auf die Multiplikation zweier Zahlen hinaus läuft. Die Faktoren einer Multiplikation dürfen wir beliebig vertauschen, also liefern beide Fragen das gleiche Ergebnis.)
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