Am grünen Hang entlang
Landschaftliches Lehrgedicht für M. R.-R. zum siebzigsten Geburtstag
Ach, grüner Hang so schön,
anhaltend langer schöner grüner Hang,
mit Margeriten im Gefolge, Geißblatt, Schafgarbe undsoweiter, Klee,
dient er, im Gegensatz zu uns,
einem sonst überhaupt nicht Darstellbaren.
Straßen, die keine gute Wendung nehmen,
kennen wir zur Genüge.
Woher des Wegs? Aus der Irre.
Wohin die Fahrt? In den Dreck.
Vorbei an Motocross, Autocrash, Burckhardt's rollender Sommerdisco -
Ich nicht, ich will mich noch ein Stückchen
an der Böschung hochkitzeln,
Trauerweiden kitzeln meinen Augenrand.
Ins Nichts hinein schaffen können nur Göttinnen,
die keinen Begriff von sich haben;
wir müssen uns weiterhangeln:
langsam den Hang entlang,
den Augen nach,
den Blicken - bis sie innehalten - wo? -
DA! eine Blume scharf wie ein Brandy, Gott, wie heißt sie?
Wenn sich wie unterm Einfluß von Sonne plötzlich
dein gesamtes Gesicht zum Lachen verzieht . . .
Und jetzt gehen wir doch noch über in einen Bereich,
wo die Kultur ihr Recht verloren hat
und keine Kritik mehr zuständig ist.
Peter Rühmkorf (1929 - 2008)
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