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voice recorder schrieb am 4.2. 2003 um 03:30:42 Uhr über

Pauperismus

tionsmitteln, wobei zu diesem Eigentum organisch auch die politische, wissenschaftliche und kulturelle Vorherrschaft gehöreSo bestehen für Marx Armut und Reichtum als »Pol und Gegenpol der kapitalistischen Produktion«« eines in sich widersprüchlichen Ganzen: »Die Akkumutation von Reichtum auf dem einen Pol ist also zugleich Akkumutation von Elend, Arbeitsqual, Sklaverei, Unwissenheit, Brutatisierung und moralischer Degradation auf dem Gegenpol, d. h. auf Seiten der Klasse, die ihr eigenes Produkt als Kapital produziert.«"
Aber so schlimm sei es ja nicht geblieben, behaupten nun die Verteidiger des heutigen Kapitalismus. Richtig sei zwar, dass während der industriellen Revolution »zunächst« für große Teile derjetztrapidewachsenden Bevölkerung »nureinkommens- und Arbeitsverhä@isse zur Erreichung des Existenzminimums möglich« gewesen seien. Danach aber und seitdem hätten nur noch »ausbleibende Ernten« und »durch sie ausgelöste Teuerungskrisen jenes Massenetend begründet, das nach inzwischen herrschender Meinung erst allmählich durch Industrialisierungsprozesse gen-äldert und schließlich abgebaut wurde: Die Industrialisierung schuf entsprechende Arbeitsplätze [ ].« So heißt es in einem aktuellen Standardlexikon der Wirtschaft. 29
Nun ist genau das Gegenteil wahr. Die heutige Globatisierung zeigt dies ebenso wie der Verlauf des Kapitalismus seit dem 19. Jahrhundert. Wie von Mandevitte und Snüth schon erkannt, ist das widersprüchliche Verhältnis zwischen arm und reich kein fest stehendes, sondern es entwickelt sich. Gestalt und Niveau der Armut, wie des Reichtums natürlich auch, können sich erheblich ändern, ohne dass die Armut und selbstverständlich auch der Reichtum überwunden ist. Marx untersucht das Verhältnis von arm und reich als im Arbeitsprozess entstehend weiter. Er erfässt den Gegensatz von arm und reich als einen die Gesellschaft grundlegend prägenden Widerspruch: »Einerseits verwandelt der Produktionsprozeß fortwährend den stofflichen Reichtum in Ka-

26 1 Vgt. Karl Marx: Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, Bertin 1974, S. 217
27 1 Karl Marx: Das Kapital, Bd. 1, in: Marx-EngeLs-Werke, Bd. 23, Berlin 1976, S. 725
28 Ebd., 5. 675
29 Stichwort »Armut« in: GabLers Wirtschaftstexikon, Wiesbaden 1994, Bd. 1, S. 213. Das Lexikon enthält übrigens kein Stichwort »Reichtum«.

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pitat, in Verwertungs- und Genußnüttel für den Kapitalisten. Andererseits kommt der Arbeiter beständig aus dem Prozeß heraus, wie er in ihn eintrat - persönliche Quelle des Reichtums, aber entblößt von allen Mitteln, diesen Reichtum für sich zu verwirklichen. Da vor seinem Eintritt in den Prozeß seine eigene Arbeit ihm selbst entfremdet, dem Kapitalisten angeeignet und dem Kapital einverleibt ist, vergegenständlicht sie sich während des kapitalistischen Produktionsverhältnisses beständig in fremdem Produkt [ ]. Der Arbeiter selbst produziert daher beständig den objektiven Reichtum als Kapital, ihm fremde, ihn beherrschende und ausbeutende Macht, und der Kapitalist produziert ebenso beständig die Arbeitskraft als subjektive, von ihren eignen Vergegenständlichungs- und Verwirklichungsmitteln getrennte, abstrakte, in der bloßen Leibüchkeit des Arbeiters existierenden Reichtumsquelte, kurz den Arbeiter als Lohnarbeiter30 Dieser Widerspruch in der Produktion des Reichtums und sonst der Armut im kapitalistischen Arbeitsprozess ist nach Marx in sich selbst beweglich und daher dialektisch zu denken. Wenn die Löhne in einem Land periodisch immer wieder steigen, dann wächst auch Reichtum und Luxus der zugleich politisch niächtigen Eigentümer von Produktionsmitteln. »Obgleich also die Genüsse des Arbeiters gestiegen sind, ist die gesellschaftliche Befriedigung, die sie gewähren, gefallen im Vergleich nüt den vermehrten Genüssen des Kapitalisten, [ ] im Vergleich n-üt dem Entwicktungsstandard der Gesellschaft Oberhaupt. «31 Dieses dialektische Verhältnis kann schließlich noch weiter zu Lasten der Nicht-Eigentümer gehen: »Je größer der gesellschaftliche Reichtum, das funktionierende Kapital, [ ] also auch die absolute Größe des Proletariats und die Produktivkraft seiner Arbeit, desto größer die industrielle Reservearmee. [ ] Je größer aber diese Reservearmee im Verhältnis zur aktiven Arbeiterarmee, desto massenhafter die konsolidierte Überbevölkerung, deren Elend in umgekehrten Verhältnis zu ihrer Arbeitsquat steht. Je größer endlich die Lazarusgeschichte der Arbeiterklasse desto größer der offizielle Pauperismus. «32

Das absoluteniveau des)Existenznünimums(hatsichzwarin

30 Karl Marx: Das Kapital, Bd. 1, a.a.O., S. 595 f.
31 Fhedrich Engets-. Einleitung zu Karl Marx, Lohnarbeit und Kapital,
in: Marx-EngeLs-Werke, Bd. 6, Berlin 1961, S. 412
32 1 Karl Marx, Das Kapital, Bd. 1, a.a.O., S. 673 f.

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