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HansF. schrieb am 15.4. 2001 um 10:26:20 Uhr über

Osterglocken


Das Freudengeläut der Osterglocken



Wir, die 2000 Hühner in der Batterieanlage von Mainz-Brezenhain können es nicht
hören, wir sind schalldicht abgeschlossen, für uns geht auch die Frühlingssonne nicht
auf, nur starke Scheinwerfer glotzen uns stundenlang an.

Der Platzmangel, der Stress und der Frischluftmangel ist so unerträglich, dass viele
von uns durchdrehen und den Leidensgefährten die Augen auspicken, deswegen hat
man uns mit elektrischen Brenneisen die Schnäbel abgebrannt. Unsere Krallen
wurden abgezwickt, weil sie - durch die lebenslange Unbeweglichkeit, einwachsen
würden.

In diesen Mastanlagen ist es üblich, die abgetrennten Schnäbel und Krallen zu
mahlen und an uns zurückzufüttern. Selbst die meisten Federn lösen sich von uns
ab, fast als ob sie sich schämen würden, unsere Jammergestalten zu verdecken.
Viele von uns sind krank und nur durch das im Futter vermischte Antibiotika fristen
wir dieses armselige Dasein.

Genau vor unserem Todeslager steht ein Kreuz und wenn ihr Christen in der
Karwoche mit der Prozession der Karwegstation halt macht, denkt an unser
Elend: Wir flehen euch an, kauft keine von unseren Eiern, die ihr dann bunt
färbt und nach dem lustigen alten Brauch für die Kinder versteckt.

Wir flehen auch Christus am Kreuz an: erleuchte Deine Kirchenvertreter und die
ganze Christenschar, daß sie in uns nicht den Fraß sehen, sondern das, was wir
sind: Geschöpfe Gottes!

Verflucht sollen die Pharisäer sein, die sich hier vor deinem Kreuz scheinheilig mit
dem Halleluja und Hosianna die Kehle heiser schreien und sich nach der Prozession
mit Brathendl voll stopfen.

Christus ist am Kreuz in drei Stunden gestorben - wir aber hier drinnen, wir
sterben unser ganzes Leben lang!

Nie können wir in einem Garten kratzen, im Sand in der Sonne baden oder unsere
Eier ausbrüten. Unser Todestag hängt von der Zahl der Eier ab, die der Computer als
Norm errechnet hat und wenn die nicht mehr erreicht wird, werden wir in Gruppen von
10000 zum Umbringen gebracht.
Da es leichter ist, uns die wenigen verbliebenen Federn maschinell auszureißen,
wenn wir lebend verbrüht werden, werden wir auf Fleischhaken die auf einer langen
rotierenden Kette montiert sind, aufgespießt und kurz durch kochendes Wasser
gezogen, bevor uns - 100 Meter weiter - von Kreissägen die Köpfe abgetrennt werden.

In der Bibel steht, Gott sprach zu Noah: "Hiermit schließe ich meinen Bund mit allen
Lebewesen, mit den Vögeln, mit allen Tieren der Erde." (Gen. 9,8-10). Ein göttlicher
Bund ist ein Bund des Lebens und der Lebensfreude, aber nicht ein Bund des Elends
und der totalen Ausbeutung. Die Geistlichen, die das nicht predigen, verfälschen die
österliche Botschaft und degradieren das Fest der Auferstehung zu einem
heidnischen Fressgelage.

Denkt daran, Christus wollte, daß die Osterglocken auch für uns und für alle Tiere der
Erde läuten.



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