Rubrik: EIN FILM
DIE AFFAERE ROEDERN
Schon die ersten Bilder charakterisieren das Milieu dieses Filmes. Die Hauptperson, der Generalmajor von Roedern, tritt sofort handelnd auf, indem er auf dem Schießstand beim Pistolenschießen gezeigt wird; wir sehen den Typ des Friderizianischen Generals: jung, unelastisch an Geist und Körper.
Im weiteren Verlauf der Handlung, die sich teilweise etwas müde und langatmig dahinschleppt, wird gezeigt, wie der begabte und tatkräftige Offizier durch widrige Umstände, hervorgerufen durch private Angelegenheiten, bei denen natürlich auch die Frau eine große Rolle spielt, in die Lage versetzt wird, das Vertrauen seines Königs zu verlieren. Festungsbaupläne, für die der General verantwortlich ist, fallen in die Hände der Österreicher, der zukünftigen Feinde (der Film spielt zwischen dem 2. Schlesischen und demn Siebenjährigen Krieg).
General von Roedern kann den Verdacht des Landesverrates abwenden, jedoch bekennt er sich mutig zu seinem wirklichen Vergehen, dem der Unachtsamkeit. Die zunächst angetretene Kerkerstrafe wird in Festungshaft umgewandelt.
Die Frau seiner Liebe erhält auf ihre Bitte die Genehmigung, dort bei ihm zu bleiben aber Roedern, der ihre schwache Konstitutio kennt, nimmt das Opfer nicht an.
Der diese Szene beherrschende Dialog, sowie das ernste, überzeugende Spiel der beiden handelnden Figuren, des Mannes und der Frau (Paul Hartmann und Annelies Reinhold), ist einer er Höhepunkte des Films.
Nach mehrjähriger Haft bricht der Siebenjährige aus. Die Österreicher erobern die Festung Schweidnitz, und hierdurch wird Roedern, der dort an der Stelle seines früheren Wirkens als Gefangener sitzt, frei. Er eilt nach Wien, wo die Frau, die er liebt, im Sterben liegt, und deren Kraft nur durchhält, bis sie von dem geliebten Mann für immer Abschied genommen hat.
Nun drängt Roedern, der trotz seiner langjährigen Haft bis in die letzten Phasen seines Herzens preußischer Offizier geblieben ist, zur Armee des Königs. Sein Freund, Graf Wengen, der frühere österreichische Gesandte in Preußen, an den er sich um Hilfe wendet, rät ihm ab und will ihn überreden, in Wien zu bleiben.
»Preußen ist doch verloren!« stellt er ihm unter anderem vor. Doch Roedern antwortet - und hier finden wir den eigentlichen Kern und Höhepunkt des Filmes -:
»Preußen ist nicht verloren, solange sein König lebt!«
Schließlich gewährt ihm Wengen die angebotene Hilfe.
Die Flucht gelingt, und Roedern trifft bei der preußischen Armee in dem Augenblick ein, als der Plan gefaßt wird, die Festung Schweidnitz zurückzuerobern. Der Plan wird zur Wirklichkeit, und der Sturm gelingt auf Grund der umfassenden Kenntnis, die Roedern von den Werken gerade dieser Festung besitzt, und durch den Einsatz seiner eigenen Person.
Roedern selbst wird schwer verwundet. Auf seinem Sterbelager erhält er die Verzeihung seines Königs und erneut den Orden vom Schwarzen Adler, der ihm seinerzeit bei seiner Verhaftung abgenommen worden war.
Das holde ethische Moment dieses Filmes ist: Mannesmut und die unabänderliche Erkenntnis des geraden Weges der Pflicht.
Die darstellende Kunst Paul Hartmanns zeigt uns dieses Ideal in der Figur des Generals von Roedern. Die Frauengestalt ist das Bild des liebenden Weibes, die alle persönlichen Interessen ideeller und materieller bedingungslos zu opfern bereit ist, und in ihrer eigentlichen Bestimmung: der aufopfernden Liebe und der Fürsorge für den Mann, Erfüllung zu finden.
Sehr charakteristisch hat Rudolf Fernau den Österreicher, den Gesandten Graf Wengen, dargestellt. Dieser Kavalier alter Schule wirkt sehr überzeugend und sympathisch. - Der Intrigant und Gegner im Spiel, der Franzose Marquis d'Orion wird von Franz Schafheitlin überzeugend gespielt. Die undankbare Rolle ist ohne Übertreibung ausgeschöpft.
Der König selbst, dessen Geist dieses Zeitalter gestaltet, und damit auch diesem Film unmittelbar sein handelndes Gepräge gibt, tritt überhaupt nicht auf. Wir spüren die unerbittliche Strenge dieses Monarchen, fühlen das harte Verlangen äußerster Pflichterfüllung. Wir sehen aber auch seine menschliche Größe und die Verehrung und heiße Bewunderung, die ihm gezollt wird, aber den König selbst sehen wir nicht.
Es ist ein sehr positiver Erfolg für Autor und Regisseur, daß in einem Film König Friedrich die Handlung beseelt, ohne selber handelnd aufzutreten.
W. v. Chamier-Glisczinski
[aus: Offiziere des Führers, Mai 1944]
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