Die Kosten der Wiedervereinigung
Die obigen Zahlen sind Ausdruck der Verwüstungen, die der SED-Sozialismus hinterlassen hat. Die Lage kann sich nur verbessern, wenn die Betroffenen bereit sind, wettbewerbsfähige Produkte und Dienstleistungen anzubieten.
Aber noch immer beträgt die Produktivität in den N-Ländern nur knapp zwei Drittel der Arbeitsproduktivität in den A-Ländern.
Trotzdem gilt es als selbstverständlich, daß die Löhne im Beitrittsgebiet so hoch sein sollen, wie im produktiveren Westen.
Die Lohnangleichung ist weitgehend vollzogen und ihre Folgen sind unübersehbar: die Lohnstückkosten in Rekordhöhe lassen die alten Industrien wegbrechen und verhindern den Aufbau neuer Wirtschaftszweige.
Aber nicht nur die zu hohen Löhne sind ein Entwicklungshemmnis. Dazu kommen noch:
* enorme Einschränkungen der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit durch eine Vielzahl staatlicher Vorschriften;
* marktfeindliche Interventionen von Behörden, wie z. B. die Schaffung eines »zweiten Arbeitsmarktes«;
* absurd hohe Steuerlasten;
* die Abwanderung von Leistungsträgern aus den N-Ländern.
Unter diesen Umständen ist es unvermeidlich, daß in der Beitrittsregion Stagnation herrscht und ein Aufschwung nicht in Sicht ist.
Dabei ist es kein Geheimnis, wie eine selbsttragende Entwicklung zustande kommt: die Unternehmen müssen Gewinne erzielen, damit sie in Erweiterungen investieren können.
Dann werden auch ausländische Kapitalgeber sich vor Ort engagieren. Jedes Land, das zu Wohlstand gekommen ist, wurde nach diesem Modell aufgebaut.
Ein gutes Beispiel dafür ist die BRD, die nach ihrer Gründung 1949 einen Boom erlebte, obwohl ihre Städte durch den Krieg zerstört, die Produktionsanlagen von den Siegermächten weitgehend demontiert und die Infrastruktureinrichtungen zerrüttet waren.
Die Kredite aus dem Marshallplan der USA haben dieses »Wirtschaftswunder« zwar gefördert, sind aber keineswegs dafür ausschlaggebend gewesen.
Die dynamische Entwicklung in den ersten zehn Jahren der BRD beweist, daß ein selbsttragender Aufschwung ohne fremde Hilfe stattfinden kann.
Auch heute wäre eine derartige Entwicklung jederzeit möglich, wenn man den Märkten keine Fesseln anlegen würde.
Die Sonderwirtschaftszonen in China zeigen, daß bei geringen Steuern und Regulierungen in wenigen Jahren aus armen Fischerdörfern prosperierende Großstädte mit einer modernen Wirtschaft entstehen.
Dieses Modell kann aber nur funktionieren, wenn es von der Mehrheit der Bevölkerung getragen wird.
Es ist sehr zweifelhaft, ob ein »freies Wirtschaftsgebiet« in den N-Ländern viele Anhänger finden würde.
Eher hält man es dort mit der Devise: »Sozialistisch produzieren, kapitalistisch konsumieren«.
Warum sich anstrengen, wenn es auch einfacher geht? Wenn es keine »einheitlichen Lebensverhältnisse« gibt, dann fragen wir nicht, woran das liegt, sondern wir kommen einfach mit den Geldkoffern und machen alles gleich.
Von 1991 bis 1998 sind netto rund 1,2 Billionen DM von den alten in die neuen Bundesländer geflossen.
Im Jahre 1998 waren es insgesamt 200,8 Milliarden DM, zieht man davon die 52 Milliarden DM Rückflüsse ab, ergibt sich ein Nettotransfer von 148,8 Milliarden DM.
Jeder Einwohner der N-Länder erhielt 1998 aus dieser Quelle 9.300 DM.
Auch für die nächsten Jahre ist diese Art von Veränderungsschutz fest zugesagt.
Eine Ende ist nicht in Sicht.
Unter den gegebenen Bedingungen wird N ewig am Tropf von A hängen.
Diese wahnwitzig hohen Ausgaben, die einen erheblichen Wohlstandsverlust für alle Bürger mit sich bringen, sind nicht »Kosten der Wiedervereinigung«, wie die Politiker immer wieder behaupten, sondern »Kosten der Konservierung des Sozialismus«.
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