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Goodluck schrieb am 25.9. 2014 um 16:54:08 Uhr über

Neptun-zerschmettert-ohne-Gnade-und-Einsicht

Im Jahr 2002 verfilmte WIMMER »EQUILIBRIUM«. Die dystopische Vision zeigt eine dadurch befriedete neue Weltgesellschaft, dass durch regelmäßige Einnahme eines Medikaments alle Emotionen ausgeschaltet sind. Dadurch entfallen Streit, Neid, Rachsucht und andere zu Gewalt führende Anlässe. Die staatliche Lenkung geht daher auch massiv gegen Gefühlstäter vor, die die neue Ordnung wieder in Chaos zurückzustürzen drohen. Der Formalismus der Regierungsform wird dadurch konterkariert, dass der eigentliche Staatsführer längst nicht mehr am Leben ist, die vorgesehenen Abläufe und Mechanismen trotz exakter Regelungen daher eigentlich nur Schein sind. Ein Pendant dazu bildet als Vorlage die Organisation des Heiligen Römischen Reiches. Es ist nicht uninteressant, dass die einzige repräsentative Versammlung des Reiches eine relativ klare Regelung ihres zeremoniellen Ablaufs kannte, dass sie diesen Ablauf aber nur sehr selten praktizierte, im 14.Jahrhundert etwa einmal pro Generation, wenn ein König gewählt wurde (und dann kaum je so, wie es die Goldene Bulle vorsah).
Einer der wenigen Gründe für die Fortführung der staatlichen Institutionen ist die Verfolgung der nicht besiegbaren Gefühlstäter, denen sich somit je neue Mitglieder anschließen müssen (durch Absetzen der Droge). Ohne diesen inneren Feind würde auch die Polizei ihre Daseinsberechtigung verlieren. Gibt es nicht genug Aufstände, müssen sogar von Regierungsseite welche inszeniert werden, was nahe an reale Vorgänge in heutiger Politik und Wirtschaft herankommt, wie etwa der Disney-Angestellte Del CONNELL in Bezug auf seinen Beitrag zum künstlerischen Wirken der von ihm beauftragten Künstler salopp formuliert: ”Bei mehreren für uns freischaffend arbeitenden Autoren gebe ich Stories und Scripts in Auftrag. Wenn mir die Skripts gefallen, kaufe ich sie, wenn nicht, schicke ich sie zurück, manchmal mache ich Vorschläge, wie die Story geändert werden könnte, gelegentlich mache ich diese Änderungen auch gleich selbst, denn das spart Zeit." Die scheinbar unantastbare Logik des Marktes setzt sich hier über Prinzipien des Urheberrechts, und vielleicht noch bedenklicher der Wahrhaftigkeit ebenso hinweg, wie die Equilibrium-Regierung das zur Erreichung der von ihr als richtig erkannten Ziele tut. Auf die Gesellschaft wird im Film ein biologistisches Deutungsmodell angewandt, dass die gegenseitige Bedingtheit von Polizeistaat und Widerständlern erklärt. Sexualität bleibt also erhalten, weil sie den Wirtsorganismen erlaubt, den Parasiten immer ein wenig voraus zu sein, völlig entfliehen können sie ihnen aber nicht. Beide Populationen sind in einem evolutionären Wettrüsten gefangen. Sie müssen sich ständig wandeln, ohne dass eine Partei je einen großen Vorsprung erringen kann. Die im Wortsinn katastrophale Bedrohung geht für die Sicht der Regierung von den Gefühlen aus, die zu Gewalt führen würden. Völlig pervers muss daher die, vom Gefühl der Angst getriebene Reaktion erscheinen, mit brutaler Gewalt (Jagen, lebendig Verbrennen) gegen die potentiellen Gewalttäter vorzugehen. Damit wird der Film zum Bild des Kriegs gegen den Terror. Mit dem Argument, der Entgrenzung der illegitimen Gewalt nur durch ebenso entgrenzte Gegengewalt wirksam wehren zu können, geben Staaten durch solche Verhaltensweisen direkt den Terroristen recht. Das als gut erkannte oder angenommene Ziel rechtfertigt den Einsatz jedes beliebigen Mittels.


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