Nun läutet’s auch schon in früher Morgenstunde in dem Kirchlein. Durch die klare Luft klingt der Ruf weit hinab in die umliegenden Dörfer, Weiler und Höfe. Bald regt sich’s lebendig auf den drei zugänglichen Seitenflächen des Berges und windet sich auf den steilen Pfaden durch Zweig und Busch näher und näher. Die hellfarbigen, weiß und rothen Kopftücher der Kirchgängerinnen tauchen immer zahlreicher aus Hag und Hecken auf, auch der schwarze Talar des Priesters wird schon sichtbar, der eilfertig seine Schritte nach der Höhe lenkt. Die niedrige Pforte des kleinen Heiligthums öffnet sich ihrem eintretenden Herrn; das Glöcklein verstummt, die Messe beginnt. Das Kirchlein kann die Menge der Anströmenden nicht fassen. Der größere Theil bleibt draußen auf dem Platze vor und neben der Capelle in mannigfachen Gruppen, sitzend, stehend, knieend, ein bunt belebtes Bild. Der charakteristische Gegensatz, welcher in der Kleidung dortiger Landleute Protestanten und Katholiken scharf scheidet, indem jene sich fast durchgängig nur in dunkle Farben, braun oder schwarz, kleiden, diese dagegen bunte, helle Farben tragen, grell verschieden bei Rock, Mieder, Schürze und Kopftuch, der Umstand dieses Gegensatzes tritt zu Gunsten der malerischen Wirkung des Bildes vortheilhaft hinzu. So paßt auch diese helle heitere Kleidung, die bei den Männern in dem blauen oder grünen Kittel eine gleiche Vertretung hat, weit eher zu der mehr nach außen als nach innen drängenden Stimmung des Ortes. Und die junge Büßerin, welche abseits von den Anderen und der geöffneten Kirchthür auf den paar Stufen, die nach der äußeren Kanzel führen, sich hineingekauert hat, tritt in ihrer allein dunkeln Gewandung um so schärfer in den Gegensatz.
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