Annemarie Schimmel
Eine tolle Frau, sagt Fegerlein
und kopiert dies dehalb rein!
Annemarie Schimmels Vater war Postbeamter und befasste sich mit Philosophie und Mystik, die Mutter stammte aus einer Seefahrerfamilie. Bereits als 15-jährige Schülerin begann Annemarie Schimmel Arabisch zu lernen. Die begabte Annemarie durfte zwei Schuljahre überspringen und konnte schon mit 16 Jahren das Abitur ablegen. Nach sechsmonatigem »freiwilligem« Arbeitsdienst studierte sie ab 1939 an der Humboldt-Universität Berlin zunächst Chemie und Physik, hörte aber auch islamische Kunst-Geschichte und Arabistik. Am 20.November 1941 wurde sie mit der Doktorarbeit »Die Stellung des Kalifen und der Qadis im spätmittelalterlichen Ägypten«, die 1943 auch in der »Welt des Islam« erschien, mit magna cum laude an der Universität Berlin promoviert. Bis Kriegsende war sie im Auswärtigen Amt tätig. Von Mai bis September 1945 interniert als Angehörige des Auswärtigen Amtes durch die US-amerikanischen Behörden in Marburg. Im Januar 1946 habilitierte sie sich an der Universität Marburg, wo sie bis 1954 tätig war. 1951 wurde sie zusätzlich in Religionsgeschichte mit der Arbeit »Studien zum Begriff der mystischen Liebe in der frühislamischen Mystik« an der Universität Marburg promoviert.
Als Lehrbeauftragte oder Professorin lehrte sie unter anderem an der neugegründeten Theologischen Fakultät in Ankara, am Seminar für Orientalische Sprachen bei der Universität Bonn als außerplanmäßige Lektorin, an der Harvard-Universität in Cambridge, Massachusetts, USA, wo sie den Auftrag hatte, ein Institut für indo-islamische Kultur aufzubauen (1967-1979, 1979-1982, 1983-1992), an der Universität Teheran (1979), am Ismailitischen Institut London (1982-1983), an der Universität Edinburgh (1992-1993) und am Orientalischen Seminar der Universität Bonn. Als ihre »zweite Heimat« bezeichnete sie jedoch Pakistan (in Lahore wurde das ehemalige Goethe-Institut nach ihr benannt).
Annemarie Schimmel hat weit über 100 beachtete Bücher, Artikel und wissenschaftliche Veröffentlichungen publiziert. 1995 bekam sie den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen. Die Verleihung war in der Öffentlichkeit umstritten, da Schimmel in einem Fernsehinterview Verständnis für den Tötungsaufruf gegen den indischen Schriftsteller Salman Rushdie geäußert hatte. Dieser war vom iranischen Ayatollah Ruhollah Khomeini in einer Fatwa verhängt worden; in dem »Rechtsgutachten« wurden Gotteslästerung und Schmähung des Propheten Mohammed in dem Buch Die Satanischen Verse angeprangert. Schimmel äußerte sich auch wiederholt negativ über die pakistanische Ministerpräsidentin Benazir Bhutto (die bei ihr in Harvard studiert hatte) sowie über die bengalische Menschenrechtlerin Taslima Nasrin, die sich beide für mehr Beachtung der Menschen- und Frauenrechte auch im Islam eingesetzt hatten.
Zeit ihres Lebens setzte sich Annemarie Schimmel für ein besseres Verständnis des Islam im Westen und für ein friedliches Miteinander von Muslimen und Nicht-Muslimen ein. In diesem Zusammenhang stellte sie unter anderem die Bedeutung des Orientalisten und Dichters Friedrich Rückert wiederholt heraus. Sie selber stand der Sufi-Mystik nahe; ihr persönlicher Lieblingsdichter war Muhammad Iqbal. Ihren von einigen Muslimen behaupteten heimlichen Übertritt zum Islam unter dem Namen »Jamila« (die Schöne) hat sie jedoch stets dementiert.
Annemarie Schimmel starb 2003 in Bonn; der Trauergottesdienst fand am 4. Februar 2003 in der evangelischen Kreuzkirche in Bonn statt.
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Preise und Auszeichnungen
1965 Friedrich-Rückert-Preis der Stadt Schweinfurt
1982 Bundesverdienstkreuz 1. Klasse mit Stern u. Schulterband
1983 Ehrenhalbmond der Islamischen Republik Pakistan
1992 Dr.-Leopold-Lucas-Preis der Universität Tübingen
1995 Friedenspreis des Deutschen Buchhandels
1996 Ägyptischer Verdienstorden für Kunst und Wissenschaft 1. Klasse
1997 Ehrenmitglied des Zentralrats der Muslime in Deutschland
2001 Reuchlin-Preis der Stadt Pforzheim
2002 Dostlik-Orden der Republik Usbekistan
2003 Muhammad-Nafi-Tschelebi-Medienpreis
Annemarie Schimmel gehört zu den Persönlichkeiten, deren Portrait seit 2005 in der Bonngasse, der Bonner »Walk of Fame«, eingelassen ist.
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Werke (Auswahl)
Kalif und Kadi im spätmittelalterlichen Ägypten. Dissertation, Leipzig 1943
Studien zum Begriff der mystischen Liebe im Islam. Dissertation, Marburg 1954
Pakistan - ein Schloß mit 1000 Toren, o.O. 1965
Mystische Dimensionen des Islam. Die Geschichte des Sufismus. 1975 ISBN 3-458-33415-7
Al-Halladsch. »O Leute, rettet mich vor Gott«. ISBN 3-451-04454-4
Rumi: Ich bin der Wind und du bist Feuer. Leben und Werk des Mystikers. Köln 1978 (Diederichs, 2003, ISBN 3896314246 / als Taschenbuch: Herder, 2001, ISBN 3451050935)
Islam in the Indian Subcontinent, Leiden 1980
Und Muhammad ist sein Prophet. Die Verehrung des Propheten in der islamischen Frömmigkeit. Düsseldorf, 1981
Die orientalische Katze. Köln 1983
Der Islam. Eine Einführung. Stuttgart 1990 ISBN 3-15-008639-6
Berge, Wüsten, Heiligtümer. Meine Reisen in Pakistan und Indien. München, 1994
Die Träume des Kalifen. Träume und ihre Deutung in der islamischen Kultur. München, 1998
Gesang und Exstase. Sufi-Texte des indischen Islam. München, 1999. ISBN 3-466-20448-8
Kleine Paradiese. Blumen und Gärten im Islam. Freiburg, 2001 ISBN 3-451-05192-3
Morgenland und Abendland. Mein west-östliches Leben, München 2002. ISBN 3-406-49564-8 (Autobiographie). Rezensionen
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Literatur
Wolfdietrich Fischer: Nachruf auf Annemarie Schimmel. In: Jahrbuch der Rückert-Gesellschaft. Band 15 (2003, 2004 erschienen), S. 215 ff.
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Weblinks
Literatur von und über Annemarie Schimmel im Katalog der DDB
Biografie von Annemarie Schimmel bei Association of Muslim Social Scientists - Germany
Annemarie Schimmel: Die berühmteste Orientalistin Deutschlands
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