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Yahwe Mutabo schrieb am 16.10. 2005 um 14:32:35 Uhr über

Milchkuh

Aus dem Leben einer Milchkuh

Wenn es nach den Wünschen der Milchwirtschaft ginge, würden Kühe nur weiblichen Nachwuchs produzieren, denn Bullen geben keine Milch. Tatsächlich sind Forscher dabei, Methoden zur Spermientrennung zu entwickeln, um schon bei der Besamung das Geschlecht des Kalbes festzulegen, doch bislang haben diese Methoden nicht zu den gewünschten Erfolgen geführt.

Bleibt also für den Milchbauern die spannende Frage: Junge oder Mädchen? In der Hälfte der Fälle werden Bullen geboren. Da sie für die Milchwirtschaft uninteressant sind, wandern sie nach ein paar Wochen in die Mast oder gleich zum Schlachthof.

Die Färse wird nach wenigen Tagen von der Mutter getrennt. Statt Muttermilch bekommt sie einen Milchaustauscher aus pflanzlichen Eiweißen, denn die Milch der Mutter wird ja gebraucht. Theoretisch könnte das Kalb auch weitersaugen, denn von den rund 20 Litern, die die Mutter täglich produziert, braucht es gerade mal 6 bis 8. Nach einigen Tagen beginnen die Kälber, Heu zu fressen und im Alter von rund 10 Wochen werden sie ganz von der Ersatzmilch abgesetzt. Rund zwei Jahre wird die Jungkuh jetzt mit Kraftfutter großgezogen – bis sie geschlechtsreif ist. Um Milch zu geben, muss sie erst einmal schwanger werdenund das wird nicht dem Zufall überlassen. In der Regel werden die Kühe künstlich besamt, denn die Gene entscheiden in erster Linie darüber, wie produktiv die Nachkommen einmal werden. Aus Zuchtkatalogen können die Milchbauern aussuchen, welcher Samen am besten zu ihren Kühen passt und welcher den meisten Erfolg verspricht.

Wie beim Menschen dauert die Schwangerschaft bei der Kuh neun Monate. Erst nach der Geburt produziert die Milchkuh Milch. Wie viel sie produziert, hängt von mehreren Faktoren ab. In erster Linie, wie gesagt, vom Erbgut und von der Rasse, außerdem aber auch vom Alter der Kuh, der Anzahl der Kalbungen, dem Monat des Kalbens (Frühjahr oder Herbst) und von weiteren äußeren Faktoren. Eine Kuh, die zum ersten Mal gekalbt hat, gibt am Anfang etwa 15 bis 20 Liter Milch am Tag, erreicht nach ca. 6 Wochen ein Maximum von ca. 28 Litern. Danach nimmt die Milchleistung wieder kontinuierlich ab, um nach rund 44 Wochen bei ca. 12 Litern zu enden. Der Verlauf der Milchproduktion bildet die sogenannten Laktationskurve, die Zeit, in der die Kuh Milch produziert, heißt Laktationsphase. Je häufiger die Kuh gekalbt hat, desto höher die Milchleistung: in der 4. Laktationsphase (also nach dem 4. Kalb) beginnt die Milchproduktion schon bei rund 30 Litern pro Tag. Das Maximum kann über 40 Liter erreichen, Hochleistungskühe bringen es sogar auf bis zu 50 Liter. 4 bis 5 Kälber und damit 4 bis 5 Laktationsphasen sind die Regel für Milchkühe in deutschen Ställen.

Etwa 3 Monate nach der Geburt wird die Kuh erneut besamt. Während sie alsozumindest theoretischnoch Milch für ihr vorheriges Kalb produziert, wächst das nächste schon heran. Zwischen dem Ende der Laktationsphase und der Geburt des nächsten Kalbes liegen also rund 2 Monate Pause, in denen die Kuh »trockenstehen« und sich das Euter erholen kann.

Die Milchleistung ist durch das genetische Leistungspotential fixiert und kann eigentlich nicht gesteigert werden. Allerdings kann alles, was dem Tier schadet, die Leistung senken. Unter Wissenschaftlern setzt sich aber immer mehr die Erkenntnis durch, dass eine artgerechte Haltung nicht nur der Kuh nützt, sondern auch dem Menschen, der ihre Milch konsumieren oder verkaufen will. Kühe sind Herdentiere, deshalb ist die Haltung in der Gemeinschaft schon für Kälber sogar gesetzlich vorgeschrieben. Am besten wäre natürlich die Weidehaltung, die in der Milchwirtschaft jedoch wegen des großen Arbeitsaufwands nicht üblich ist. Im Stall braucht jede Kuh einen eigenen Liegeplatz zum Ruhen und Wiederkäuen und einen eigenen Fressplatz, am dem sie jederzeit ausreichend Futter findet.

Ein wichtiger Faktor ist auch die Temperatur. Der »Nürtinger Freiluftstall« zum Beispiel bietet den Kühen durch die offene Bauweise nicht nur ausreichend Licht und Luft, sondern auch unterschiedliche Wärmezonen. Auf feste Wände wird in dem System verzichtet, nur an den Seiten befindet sich ein Netz als Schutz gegen den Wind. Kühe mögen es nämlich lieber kühl - die üblichen geschlossenen Ställe sind ihnen in der Regel viel zu warm. Dass die Haltung die Milchproduktion deutlich beeinflusst, merkten die Betreiber schon bald nach dem Bau des Stalles: die durchschnittliche Jahresleistung ihrer Kühe stieg in kurzer Zeit von 6400 kg auf 7700 kg an - nur dank mehr Licht, mehr Luft und weniger Hitze.


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