Mißbrauchs- und Vergewaltigungsphantasien sind eine unschöne Angelegenheit. Unschön deswegen, weil sie mitunter zu ganz reelen Ermittlungsverfahren führen: Die Phantasie wird irgendwo geäussert, von einem wohlmeinenden Dritten aus der spezies der Gutmenschen aufgeschnappt, und zu Gehör der Ermittlungsbehörden gebracht, die tun, was ihres Amtes ist. Irgendwann stehen sie beim Autor der Phantasie auf der Matte, der dann meint, nicht mehr zurück zu können. Und dann gibt es noch einen ganz übelen Umstand: der »phantastische Täter« hat oftmals ein ganz reales Vorbild, das Gegenstand unerfüllter Sehnsüchte des Phantasten war. Die starke Frau von 1,85 m war dann zwar keine Schwimmmeisterin, aber möglicherweise eine Verwandte oder Nachbarin, der böse Onkel mit der Käfersammlung ein ehemaliger Schullehrer, der tatsächlich eine Käfersammlung besitzt. Und ruckzuck geht eine Scheisse los, die oftmals leider erst im Gerichtssaal ihre Aufklärung findet, nachdem schon sehr, sehr viel Porzellan zerschlagen worden ist. Haftbefehle wurden ausgestellt und vollstreckt, Arbeitsverhältnisse gekündigt, Ehen geschieden, Wohnhäuser zwangsversteigert. BILD berichtet von der Sexbestie mit Farbfotos. Und dann, das halblaute Geständnis im Gerichtssaal: ich hab mir das nur so ausgedacht, und wollte das alles doch garnicht. Und leicht seitlich vom Zeugenstand, neben dem Tisch des Staatsanwalts, sitzt der gutmenschliche Psychologe, der in einem 93-seitigen Gutachten die Phantasie für die Sublimation einer tatsächlich erlittenen Vergewaltigung bestätigte, und die schwere Traumatisierung des Opfers - was ein Strafverschärfungsgrund gewesen wäre. Der Gutmensch wird blaß im Gesicht und sieht auf sein Opfer. Der Staatsanwalt sieht in den leeren Zuschauerraum - die Verhandlung ist ja in solchen Fällen stets »nicht-öffentlich« - und der Vorsitzende sieht zum Pflichtverteidiger. Und weil die Verhandlung nicht-öffentlich war, berichtet BILD auch nicht über den Freispruch, und auch nicht darüber, daß der Freigesprochene jahrelang gegen das betreffende Bundesland prozessieren muß, um wenigstens einen Teil seines wirtschaftlichen Schadens ersetzt zu bekommen. Und präventionspolitisch interessiert das auch niemand, weil, wir brauchen ja eine »Kultur des Hinsehens«. Und die Gutmenschen ? Die gehen einfach hin, und klicken auf den Minus-Knopf rechts unten am Ende dieses Textes.
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