Ich sprach an einem trüben Regentage mit einem Kavalier; vielmehr, es war ein Krieger. Er hatte viel gereist – er hat sich sehr im Kriege für das Reich und seine Bundsgenossen ausgezeichnet. – Auf einer Fahrt war er nach Afrika verschlagen worden. Sein Schiff zerbarst auf den Klippen; greuliche Haie schnappten nach den leichten Booten und Flößen, wie sie mit Not die ungewisse Fahrt an eine fremde Küste wagten. Am Lande angekommen, stießen sie, sie glaubten nicht zu ihrem Wohl, auf schwarze Menschen; doch die, oh Wunder! erkannten den Schiffshauptmann als ihren Herrn an. Sie gaben ihm zu Ehren ein großes Fest, zu dem sie, seltsamlich genug, einen schönen Knaben schlachteten, den jener Offizier, sei's nun durch einen Zufall oder in einem dumpfen Augenblick nach der Regung seines Herzens, vorher geküßt. Die Leber briet man in dem Fett, das man von den Eingeweiden trennte, das Fleisch der Schenkel dörrte man in der Glut von Kohlen und aus dem Blut buk man auf sehr geschickte Weise einen Kuchen. Den Hauptmann packte Grauen, als er solches sah, doch hielten Furcht und Schmerz ihn von irgend welchen Taten ab, auch zählten seine Leute wohl nicht mehr als sieben Mann. Er war gezwungen, sich zu diesem Mahl zu setzen, er mußte essen, ob ihm auch vor Grauen der Schlund geschlossen war. Doch wie er nun die ersten Bissen niederzwängte, gewahrte er, daß er niemals so Köstliches gegessen. Mit jedem Bissen zog es wie namenlose Liebe in ihm ein, er weinte, aß, aß Fleisch und Blut des Knaben.. – Er zitterte, als er so zu mir sprach, die wunderbaren Kräfte rühmend, die im Blute unberührter Kinder lägen. – [...] Der Mann fuhr fort: »Ich war ein Raubtier, wohl schlimmer noch – und dennoch, Königin, dürfte ich es, ich würde schreiend durch die Straßen ziehen und rufen: es gibt nichts Schöneres als den Genuß des Fleisches junger Knaben.«
Hans Henny Jahnn, 'Die Krönung Richards III.'
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