MeineGeschichte: Suchtverlagerung – von einem Extrem ins andere.
Hallo, ihr Lieben,
ich muss euch heute mal mein Herz ausschütten.
Ich hatte letzte Woche schon vor, hier mal zu posten, wie gut es mir inzwischen geht, was sich alles positiv verändert hat und wie toll meines neues, bisheriges Leben nun ist. Doch dann trat etwas ein, mit dem ich so nicht gerechnet habe.
Aber ich fange mal vorne an. Ich habe jetzt 45 kg abgenommen und das tollste daran ist, dass ich jeden Tag 60-90 min. Sport mache(n) kann und dass ich wieder völlig komplikationslos meiner gesamten Körperpflege nachkommen kann. Letzteres ist einfach wunderschön, wenn man wieder in die Dusche passt, wenn man seine Füße wieder selbständig waschen und eincremen kann, wenn man an den Popo kommt, sowohl bei der Körperpflege, als auch beim Toilettengang. Ich bin wieder ein Mensch, ich lebe wieder und das mit großer Freude und großem Spaß. Ich schminke mich neuerdings dezent, kann endlich, nach über 12 Jahren wieder Kleidung im Kaufhaus kaufen und nicht mehr aus dem Katalog oder im Internet. Ich bin selbstbewusster und einfach gut drauf. Ich könnte weinen vor Freude, so schön ist das. :] *tanz*
Doch vor ein paar Wochen habe ich bemerkt, dass meine Portionsgrößen etwas zugenommen haben. Nicht viel, aber es ging eben mehr rein als vorher. Vorher lag ich bei 100-120 ml und dann, vor Weihnachten waren es so 150-180 ml und bei Suppe gingen auch 200 ml rein. Habe das sofort mit der Klinik abgeklärt und alles war im grünen Bereich. Meine Abnahme bestätigte ja auch den Erfolg. Doch ich geriet zusehends in Panik. Wurde dann vor Weihnachten ziemlich krank, konnte keinen Sport machen, lagerte etwas Wasser ein, trotz Tabletten und blieb prompt gewichtsmäßig stehen. Panik pur. Und da manifestierte sich etwas in meinem Kopf.
Fortan bemerkte ich, dass ich plötzlich viel weniger Hunger hatte. Vorher aß ich 5 Mahlzeiten, auf einmal nur noch 4 und irgendwann nur noch 3. Doch das ganze stoppte nicht und ich aß irgendwann nur noch 2 x am Tag. Doch leider blieb es nicht dabei. Ich begann wieder die Kalorien zu zählen und sie drastisch runter zu fahren. Nur noch kalorienreduzierte Produkte, nur noch fettreduzierte Produkte. Ich fing an an meinem Essen herumzupulen. Ist irgendwo Panade drauf, pule ich sie konsequent runter, ist etwas mit Öl gebraten, lasse ich es stehen. Frittiertes esse ich gar nicht mehr und kalorisches schonmal gar nicht. Tütchen oder Fertiges verweigere ich eben so strickt. Ich esse also auch keine Salatsauce mehr, die vielleicht mit Salat-Fix aus dem Tütchen zubereitet wurde. Und sowas alles...
Ich bin da irgendwie reingerutscht und seit 4 Tagen nun der absolute Höhepunkt. Ich esse gar nicht mehr und fange an zu brechen. Ich habe keinen Hunger mehr. Null Hungergefühl. Zwinge ich mich zum Essen, will ich es sofort danach ausbrechen. Ich würge solange, bis hoffentlich was kommt, was aber nicht immer geht. Meine Verdauung hat sich natürlich nun eingestellt und mein Kreislauf ist auch im Keller. Meine Abnahme allerdings ist bahnbrechend. Letzte Woche knappe 4 Kilo, davor die Woche 3. Das gefällt mir sehr gut. Nun bin ich jedoch nach diesen 4 Tagen dazu übergegangen, mich nach wie vor zum Essen zum zwingen, jedenfalls abends. Doch mehr wie 50 ml gehen nicht mehr rein, was mich natürlich auch riesig freut.
Aber es gibt noch so einen Funken gesunden Verstand in meinem Kopf, der mir sagt, dass das so nicht weitergehen kann. Ich esse entweder den ganzen Tag gar nichts oder abends zwinge ich mich zu 100-200 kcal. Das ist nicht Sinn der Sache, das weiß ich und deshalb habe ich sofort einen Termin bei meinem Verhaltenstherapeuten gemacht, den habe ich morgen. Meine Ärztin war sehr besorgt und nach gründlicher Analyse war klar, dass ich nun dabei bin, in eine andere Sucht zu verfallen, nämlich die Sucht nichts essen zu wollen und wenn, es dann auszubrechen. Sie hat das Kind beim Namen genannt, aber ich mags nicht aussprechen. Weiteres Problem bei der Sache ist, dass ich nach wie vor meinen Sport durchziehe. 60-90 min. Nordic Walking jeden Tag. Es tut mir gut, es macht Spaß und es verbrennt Kalorien, was mir das Wichtigste ist. Aber sie sagte, dass das zusätzlich zur Essensverweigerung noch schlimmer wäre. Doch ich kann nicht anders. Noch hält mein Körper das durch, jedenfalls währenddessen. Hinterher ist mein Kreislauf im Keller, aber er reguliert sich schnell wieder. Aber wie lange halte ich das noch durch? Ich weiß, dass es nicht gesund ist, aber ich kann es nicht steuern. Mir wird schlecht, wenn ich essen will/muss. Ich will brechen und versuche es auch und Sport macht auch süchtig...
In 2 Wochen beginnt meine psychosomatische Reha und darüber bin ich einerseits froh, aber andererseits habe ich auch Angst davor. Ich will nicht wieder mehr essen, mir gefällt es, nichts zu essen, keinen Hunger zu verspüren. Und wenn ich dann doch mal was esse, weil ich mir sage, ich muss, dann darf es nach Möglichkeit kaum Kalorien haben.
Ich rutsche gerade von einem Extrem in das andere. Ich weiß, dass ich so nicht weitermachen darf, aber es ist schön, so gut abzumehmen, so wenig zu essen. Ich kann den ganzen Tag verstreichen lassen, ohne Hunger zu haben. Das ist eine so ganz andere Erfahrung, als ich sie bisher kenne. Bei mir drehte sich immer alles ums Essen. Neuland, das mir gut gefällt und von dem ich weiß, dass ich es so extrem nicht handhaben darf.
Ich wollte mir das einfach mal von der Seele reden, weil es mich natürlich schon belastet. Denn irgendwie spüre ich ja, dass es der falsche Weg ist. Ich bin gespannt, wie es weiter geht, wie mir die Therapie helfen kann, damit umzugehen, was mir die Reha bringt. Aber eines ist klar, ich will nie wieder zunehmen! Ich will nie wieder dick(er) werden! Ich will weiter abnehmen und schlank werden...
Schon komisch, dass man mal genau im anderen Extrem war und nun ins Gegensätzliche geht. Aber irgendwie passt das zu mir. Ich war schon immer ein extremer Mensch, in jeglicher Form. Ich konnte immer gut und diszipliniert abnehmen, auch immer rasant und viel. Zwar kam dann irgendwann immer wieder die Esssucht durch und der damit verbundene Jojo, aber jede neue Diät bin ich krass und extrem angegangen und habe sie durchgezogen. Von daher wundert mich das jetzt nicht wirklich, dass es mir so ergeht...
Drückt mir die Daumen, dass ich einen Weg finde, der für mich akzeptabel ist und trotzdem gesund. Danke euch dafür.
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