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Chaos schrieb am 14.9. 2012 um 07:58:59 Uhr über

MeineAngst

MeineAngst:
Angst vor Arztbesuch

Hallo ihr,

MeinProblem sind eigentlich sogar mehrere.

Zu mir und meineGeschichte (Wen es langweilt, bitte runterscrollen zu meineFrage):

Vor etwa 7 Jahren begann sich was zu ändern. Ich ließ mir die Pille verschreiben und nahm sie auch immer zuverlässig. Schaute abends vor dem Bettgehen nach, ob ich sie genommen hatte und gut war. Als ich eines Tages die Pille nehmen wollte, traf mich der Schlag: die von gestern lag noch drin. Ich konnte es mir nicht erklären, da a) mein Wecker mich jeden Tag zur gleichen Zeit an das Nehmen der Pille erinnert und ich b) doch vor dem Bettgehen auch nochmal schaute.

Und hier am Punkt änderte sich plötzlich alles, wenn auch langsam. Ich begann, öfter nachzusehen, ob ich die Pille wirklich genommen hatte. Schließlich hatte ich ja gelernt, dass ich meinen Augen offensichtich nicht trauen kann. Ich kürze die Geschichte ab: das ganze weitete sich aus.

Ich schaue nicht mehr nach der Pille (die nehme ich nicht mehr), dafür zähle ich Schlüsselbund, Geldbeutel, Handy, Heizung, Wasserhähne, Aschenbecher, Kühschrank, Türe. Ich zähle, ob alle Schlüssel am Schlüsselbund sind, ob alle Karten im Geldbeutel sind, ob mein Handy da ist, ob die Heizung aus ist, ob alle Wasserhähne zu sind, ob der Aschenbecher kalt ist, der Herd aus, der Kühlschrank und die Tür zu.

Ich zähle, bis ich erleichtert bin, je nach Stimmung dauert das unterschiedlich lang. Es macht mich verrückt. Ich streite oft mit meinem Freund, weil er versucht mir mit logischen Argumenten zu verklickern, dass meine Zählerei bescheuert ist. Ja, danke, das weiß ich auch, hilft mir aber nicht. Wir streiten, wenn wir das Haus verlassen wollen, weil es ihm zu lange dauert, bis ich fertig bin mit zählen.

Ein weiteres Problem: der Stress rund um die Zählerei nimmt zu. Mein Briefkasten ist kaputt, weil ich so lange daran rumgezerrt habe (um sicher zu gehen, dass er wirklich zu ist), bis er halt wirklich nicht mehr zu war. Der Kühlschrank schließt nicht mehr richtig, weil ich solange daran rumgedrückt habe (um sicher zu gehen, dass er wirklich zu ist), dass irgendso eine Gummidichtung (oder sowas) einen Schaden hat. Die Dinger zum Wasser aufdrehen habe ich schon mehrmals austauscht, weil sie »durchgedreht« sind, weil ich vor lauter »zumachen« irgendwas kaputt gemacht habe. Highlight war, dass ich einen Beschwerdebrief vom Nachbarn an der Tür hatte, weil ich so einen Krach mache. Ich stemme mich so gegen die Kühlschranktür, dass sie scheinbar an der Wand anschlägt und er das Gepolter hört :( (Er weiß natürlich nicht, dass der Radau durch mein Kühlschrankgedrücke entsteht)

Je nach Stresslevel muss ich meine Merksätze beim »Nachschauen« nicht nur denken, sondern auch leise vor mich hinflüstern, was schon zu manchen peinlichen Situationen geführt hat. Ist ja auch klar, wer schaut denn nicht blöd, wenn eine Frau an der Türe steht und vor sich hinmurmelt »1, 1, 1. 1, 1, 1. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7« (Anzahl der Schlüssel am Schlüsselbund) - nur als Beispiel. Das 1, 1, 1 kann sich auch beliebig oft wiederholen. Ich tippe solange den ersten Schlüssel an, bis ich das Gefühl habe, mein Hirn hätte endlich geschnallt, dass es sich jetzt konzentrieren und Schlüssel zählen muss.

Solche »Wiederholungssätze« habe ich in abgeänderter Form bei allen anderen Dingen auch.

Nun zum eigentlichen Problem: Ich kann nicht mehr und ich will nicht mehr. Zu meiner Zählerei hat sich wohl nun auch noch eine Depression gesellt :(

Ich muss zum Arzt, aber ich habe Angst. Was sag ich dem denn? Ich bin hier anonym, das ist einfacher, aber ich könnte das keinem so erzählen, wie ich es hier schreibe. Ich kann ihm doch nicht erzählen, dass ich den Kühlschrank halb durch die Wand schiebe und bei jedem Drücken ein Wort wiederhole. Ich kann ihm doch nicht erzählen, dass ich erst schaue, ob der Aschenbecher kalt ist, bevor ich das Haus verlasse, dann zur Sicherheit Wasser hineinschütte und anschließend immer noch unsicher bin, ob mir nicht die Bude abbrennt.

Genauso wenig kann ich aber reinspazieren und sagen »Guten Tag, ich habe eine Zwangserkrankung, schreiben Sie das mal als Diagnose auf und helfen Sie mir« :(

Wie läuft sowas denn ab? Ich hätte wohl kleinere Problem mit einem Fragebogen. Ein »ja« auf Fragen kann ich schon rausquetschen, ohne fluchtartig die Praxis zu verlassen.

Ich habe einfach Angst. Vielleicht lacht er sich ja auch kaputt über meine »Miniprobleme«. Vielleicht fange ich auch einfach an zu heulen. Vielleicht kriege ich auch keinen Ton raus. Und vielleicht laufe ich vor Angst (vor was auch immer) auch schon aus dem Wartezimmer raus.

Kann mir jemand helfen und sagen, wie so ein Termin ablaufen könnte?

Vielen Dank.



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