Ottonormal-Nichtmusiker spricht es »Männjuäll« aus und meint damit ein technisches Handbuch für Computer, Videorecorder und ähnliches hochkomplizierte Elektronikzeugs... Heimorgler, Hammondisten und Kirchenmucker verstehen darunter natürlich die mit den Händen (lat. manus) zu spielende(n) Tastatur(en) ihres bevorzugten Instruments. Orgeln im weitesten Sinne (auch viele Cembali, aber das ist eine ganz andere Szene) haben davon üblicherweise mindestens zwei, sollte es nur eins sein, ist die vermeintliche Orgel in der Regel eine Mogelpackung und sollte besser als Tischhupe im Möbellook bezeichnet werden... in den 70er und 80er Jahren waren die Dinger eine echte Landplage, allen voran die Machwerke einger gewissen italienischen Firma... aber auch Yamaha und selbst Hammond hielten es damals für nötig, solche Als-ob-Orgeln auf den Markt zu werden (siehe auch Bontempismus). Daneben gibt es noch einmanualige Sakral-Portativorgeln, die dann allerdings auch ein (üblicherweise zweieinhalboktaviges) Basspedal haben, das K.o.-Kriterium für »Orgel« schlechthin.
Orgeln haben also zwei oder mehr Manuale... wobei die Grenze nach oben erstaunlich offen ist, die Passauer Domorgel hat zum Beispiel fünf, die Orgel in der Stadthalle von Atlantic City sogar sieben Manuale... und den Rekord dürfte die dreieinhalb Tonnen schwere zehnmanualige (allerdinga verteilt auf zwei Spieltische) Elektronikorgel Kawai T-50 halten, bei der es sich allerdings um eine für eine Musikmesse gebautes Unikat handelt. Serienmäßig hergestellte elektronische Orgeln haben in den seltensten Fällen mehr als drei Manuale, mir fällt da spontan nur die viermanualige Dr. Böhm GnT ein - auch die ebenfalls viermanualige Wersi Galaxis SN-1 war eine Sonderanfertigung für FranzLambert.
Hammond hat überhaupt nie Orgeln mit mehr als zwei Manualen gebaut - in Anbetracht des enormen Gewicht schon normaler Hammond-Vollorgeln verständlich.
Aber Manual ist nicht gleich Manual... auf den Tonumfang kommt es an! Da wiederum reicht die Palette von den Billiggeräten mit 2 x 37 Tasten (nicht nur, aber vor allem von Bontempi), die bei Heimorglern ab dem dritten Unterrichtsjahr eher ein mitleidiges Grinsen auslösen (in der Elektrobucht ist mir auch mal ein... ähm, Gerät begegnet, dessen unteres Manual sogar nur 32 Tasten hatte, zum Glück ohne Basspedal...) über die Standard-»Volksorgeln« der gehobenen Unter- und Mittelklasse mit 44er Manualen (ganz selten findet man auch 41er Manuale) wie z. B. meine Yamaha Electone C-55N, schließlich die Oberklasse- Heimorgeln mit 49 Tasten, also vier Oktaven pro Manual, wie zum Beispiel die Technics SX-U90 oder Farfisa Pergamon. Gemeinsam ist diesen drei Orgeltypen, den Heimorgeln im eigentlichen Sinne, dass das obere Manual gegenüber dem unteren um normalerweise eine Oktave nach rechts und tonhöhenmäßig nach oben versetzt angebracht ist. Selten finden man allerdings auch Orgeln mit nur einer halben Oktave Manualversatz. Üblicherweise haben beide Manuale die gleiche Länge, bei transportablen Orgeln für Bühneneinsatz (»Comboorgeln«) findet man gelegentlich auch abweichende Längen (z. B. oben 49 und unten 37 Tasten).
Echte Vollorgeln, sowohl sakrale wie auf Pop im weitesten Sinne ausgerichtete, haben dagegen fünfoktavige 61-Tasten-Manuale - das Paradebeispiel ist natürlich die Hammond B-3... die sich links anschließenden jeweils 12 invertiert gefärbten Tasten sind keine klingenden Tasten, sondern rufen fest verdrahtete Preset-Zugriegeleinstellungen auf!
Elektronische wie auch pneumatische Kirchenorgeln haben als »Sparmodelle« gelegentlich auch nur 56 Tasten pro Manual.
In den 70ern und frühen 80ern, dem goldenen Zeitalter der Heimorgelkultur, waren außerdem »zweieinhalbmanualige« Orgeln recht beliebt - zumeist waren es Oberklasse-Heimorgeln oder Vollorgeln, in den über dem oberen Manual noch ein zusätzliches 37er (selten 25er, z. B. bei diversen Wurlitzer-Modellen) Manual für monophone Synthesizer-Register eingebaut war, das nicht selten auch über Aftertouch verfügte - legendär ist z. B. die MamboKurt-Orgel Yamaha Electone D-85.
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