»Jeder weiß, was so ein Mai- Käfer für ein Vogel sei.« - so dichtete es einst Wilhelm Busch in seiner berühmten Bubengeschichte »Max und Moritz«. Und wirklich waren die Maikäfer früher jedermann wohlbekannt. Besonders die Kinder liebten diese dicken Krabbler und versuchten diese in Zigarrenkisten als »Haustiere« zu halten. Und während wir uns die Tiere heute bestenfalls als Schokoladenkonfekt einverleiben, schüttelte die arme Bevölkerung früherer Zeiten die Maikäfer morgens von den Bäumen, kochte nahrhafte Brühe daraus und verfütterte die Überreste an die Hühner. Tatsächlich kamen die Tiere damals in manchem Frühjahr so ungeheuer zahlreich aus der Erde gekrochen, dass sie mit ihrem gewaltigen Appetit ganze Wälder ihres Laubes beraubten. Als Schädling wurde der Maikäfer daher intensiv bekämpft. Das inzwischen glücklicherweise verbotene Pflanzenschutzmittel DDT gab dem Maikäfer schließlich den Rest und hat nahezu zu seinem völligen Verschwinden geführt. Zumindest ist er bis heute eine echte Rarität geblieben, und sein Auftauchen ist bisweilen schon eine Pressemeldung wert. Von einem Schädling kann längst keine Rede mehr sein, und wer das seltene Glück hat, einen Maikäfer einmal aus nächster Nähe zu beobachten, wird feststellen, um welch schmucken Burschen es sich bei ihm handelt. Immerhin misst er stolze drei Zentimeter und wirkt mit seinen schwarzen Knopfäuglein geradezu niedlich. Die längsgerippten Flügeldecken sind rostbraun, ebenso seine Fühler, die in einem Lamellenfächer enden und ihn als Blatthornkäfer ausweisen. Kopf und Halsschild sind oberseits dunkelbraun oder schwarz, allerdings meist von einer Art hellem Flaum überzogen. Die sechs Beine sind mit kräftigen Krallen zum Klettern ausgestattet, seine Brust ist goldbraun behaart, und seitlich schmückt ihn ein weißes Zackenmuster. Hinten läuft sein Körper in eine nach unten gekrümmte Spitze aus, doch trotz seiner imposanten Erscheinung ist er völlig harmlos und kann weder stechen noch beißen. Glatte Flächen wie Glas vermag er mit seinen Beinchen nicht zu erklimmen, sehr aber wohl unseren Finger. Vor dem Abfliegen pumpt er, um seine Flugmuskulatur mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen. Dann breitet er die Flügeldecken auseinander, entfaltet die darunter liegenden Hautflügel und schwirrt laut brummend davon. Eile ist für ihn durchaus angebracht, schließlich verbleiben den Tieren nur wenige Wochen zum Leben. An warmen Abenden im Mai schwärmen sie aus, fliegen mit Gebrumm um die Kronen der Eichen, Rosskastanien und weiterer Laubbäume, deren Blätter ihre Nahrung sind. Nach der Paarung verschwindet das Weibchen dann bald in der Erde, um dort seine senfkorngroßen Eier abzulegen. Aus ihnen schlüpfen nach einigen Wochen gelblichweiße c-förmig gekrümmte Larven, die bekannten Engerlinge. Sie ernähren sich von Wurzeln, speziell jene des Löwenzahns sollen es ihnen angetan haben. Dabei brauchen sie drei Jahre, um heranzuwachsen, ohne je an die Oberfläche zu kommen. Dann verpuppen sie sich in einer kleinen, unterirdischen Kammer. Der junge Maikäfer ist bereits im Spätsommer fertig entwickelt, er wächst nicht mehr, sondern verbleibt den Winter über in seiner unterirdischen Puppenwiege und kommt erst im folgenden Frühjahr ans Licht. Sein Entwicklungszyklus beträgt insgesamt also vier Jahre, doch fallen die Maikäferjahre regional unterschiedlich aus. In Sachsen etwa fallen sie mit den Schaltjahren zusammen. Ist die Lebenszeit der Maikäfer abgelaufen, werden sie übrigens vom kleineren und unscheinbareren Junikäfer abgelöst, der hierzulande noch recht häufig vorkommt. Sein Zyklus ist zweijährig, in der Lebensweise gleicht er ansonsten dem Maikäfer in vielen Belangen. In den nördlichen Sandgebieten treffen wir außerdem noch auf den metallisch schimmernden Julikäfer sowie den Walker, der neben seiner ansehnlichen Größe vor allem durch seine weiß marmorierten Flügeldecken auffällt. Weitere Blatthornkäfer sind etliche Arten zumeist prachtvoll goldgrün glänzender Rosenkäfer und die stattlichen Nashornkäfer, deren Engerlinge keine Wurzeln fressen, sondern im Komposthaufen wertvolle Helfer sind. Ihre exotischen Verwandten können wahre Riesen des Käferreiches sein. Goliathkäfer, Herkuleskäfer und andere Käfergiganten tropischer Breiten sind bisweilen als Präparate in den Naturkundemuseen oder auch lebend in einigen zoologischen Einrichtungen zu bewundern.
aus »Echo«
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