David Luschnat (geh. 1895)
DARUM SIND WIR DIE WEINENDEN
Immer noch @veinen wir: in der unendlichen Frage
Verbunden mit der da, Ganze bestimmenden Antwort
Und wissen nicht ein und nicht aus
Und sind da und sind einsam.
Warum wurden Kinder ermordet, lachende, fröhlich vertrauende,
Warum unsere Brüder - das Gute im Herzen
Und die Hoffnung auf eine menschlich gerichtete Zukunft
Unsere Brüde" die sich um Wahrheit bemühten
Und Gerechtigkeit, Freiheit erkennend umgrenzten,
Und Frauen - Mutter kommender Menschen -
Warum sind sie alle ermordet?
Gefoltert, vergast, verbrannt, gehenkt und erschossen
Von einer frechen versteinerten Bande,
Die heute noch da ist und Geld hat
Und brüllend sich rühmt, daß sie da ist? Warum sind sie alle ermordet?
Sag an, du Mensch, der du da bist: Weißt du die Antwort?
Auch wir sind noch da: Klagende, Fragende,
Hin- und Hergetriebene - treibendes Treibholz
Da und dort roch Vorhandene, unwissend Wissende,
Flü,htlinge: immer noch fliehend
Vor eine- lauernden,
Auch wir sind noch da schwelenden Mord-Wahn,
Wenn wir uns einsam bestimmen zu diesem uns prägenden Tode,
Der in uns umgeht und %vandert
Wie ein vergessene, Traum, den wir eben noch wußten,
Der an der Grenze zerfließend die Welt überschwernnit nd vergiftet,
So sind wir die immer noch Weinenden, treu unserer Sendung:
Einmal die Antwort zu heben aus fressender Finsternis,
Einmal die Antwort zu wissen, die wir eben noch wußten,
Die Antwort, deutlich bestimmende, richtige, richtende Antwort
Auf die unendlich blutende Wunde, -
Darum sind wir die Weinenden,
Darum sind wir locl, da und sind einsam.
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Ldopold S@dar Senghor (geh. 1906)
FROHLINGSGESANG (11)
Lausche mein Freund, wie fern und dumpf der frühreife Sturm Grollt wie das reisende Feuer im Busch- mein Kopf ist
Und mein Blut schreit vor Angst in der Odnis, zu schwer und ausgeliefert elektrischen Strömen. Da unten ist plötzlich Gewitter, entflammt sind die weißen Küsten, es brennt der weiße Friede meines Afrika. Und in den Nächten donnern große metallene Risse, Lausche nur, näher bei uns, zweihundert Meilen entfernt,
Schakalgeheul ohne Mond und das Katzenmiauen von
Kugeln
Das kurze Gebrüll der Kanonen, die Schreie der Dickhäuter
Afrik" die bewegliche Küste, die istddoarst vnoonchhundert Tonnen.
lange Linie von Stahl und Feuer? Front, die
Höre doch den Orkan der fliegenden Festungen, höre die
Luftgeschwader schießen aus allen Rohren
Und die Städte zerschmettern so schnell wie der Blitz.
Die Lokomotiven springen über die Kathedralen
Und die stolzen Städte lodern gelber und dürrer als das
Buschgras in der Trockenzeit.
Sieh wie die hohen Türme,
von Gipsschutt der Stolz der Menschheit, gleich den
Giganten der Paimwälder niederstürzen im Geprassel
limeizen wie das
Und die Gebäude aus Stahl und Beton zersc
Wachs zu Füßen Gottes.
Das Blut meiner weißen Brüder kocht in den Straßen röte,
Blut -einer schwarzen 13rüder, der Senegalschützen,
U nadi s ddaesr N i 1
von weichem jeder vergossene Tropfen ein Tropfen
Feuer ist auf meinem Schoß.
Blutiger Frühling! Ist, Afrika, dies deine Botschaft?
0 mein Freund, wie höre ich deine Stimme? Wie seh ich dein schwarzes Gesicht, das meiner Wange so süß ist,
meiner braunen Wange?
Wann muß ich mir den Mund und die Augen verstopfen?
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