Lobbyismus ist eine aus dem Englischen übernommene Bezeichnung (Lobbying) für eine Form der Interessenvertretung in der Politik, in der Interessengruppen (Lobbys) die Exekutive und Legislative durch persönliche Kontakte oder die öffentliche Meinung über die Massenmedien beeinflussen. Offizielle Bezeichnungen sind etwa Interessenvertretung, Public Affairs, politische Kommunikation, Politikberatung und Ähnliches. 2006 führten Thomas Leif und Rudolf Speth in Analogie zur Bezeichnung Vierte Gewalt für die Presse in Deutschland die Bezeichnung Fünfte Gewalt für den Lobbyismus ein.[1]
Unternehmensverbände, Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen und andere Verbände sowie größere Unternehmen bringen ihre Interessen gezielt in das Gesetzgebungsverfahren mit ein. Umgekehrt bekommen die Mitglieder der Verbände relevante und aufbereitete Informationen von ihren Verbandsorganisationen. Damit können politische Entscheidungen vorhergesehen werden und bei Entscheidungen der Verbände, ihrer Mitglieder und auch nicht-organisierter Betroffener berücksichtigt werden.
Lobbyismus ist eine Methode der Einwirkung auf Entscheidungsträger und Entscheidungsprozesse vor allem durch Information im Rahmen einer festgelegten Strategie. In den meisten Staaten sind diesbezüglich Bestechung und die Gewährung anderer Vorteile verboten. In Deutschland kam es in der Vergangenheit oft vor, dass hochrangige Entscheidungsträger in Politik oder Exekutive (z.B. Ministerien) »die Fronten wechselten«, also ihren bisherigen Beruf aufgaben und zu einem Verband oder einem Unternehmen wechselten.
Inhaltsverzeichnis [Verbergen]
1 Begriffsgeschichte
2 Vorgang des Lobbying
3 Lobbyismus in einzelnen Ländern
3.1 Situation in der Bundesrepublik Deutschland
3.2 Situation in Österreich
3.3 Situation Schweiz
3.4 Situation in der EU
3.4.1 Autolobby
4 Arten von Lobbyismus
5 Kritik am Lobbyismus
6 Siehe auch
6.1 Nichtregierungsorganisationen
7 Literatur
7.1 Aufsätze
7.2 Sammelbände und Monografien
7.3 Literatur mit EU-Schwerpunkt
7.4 Fallstudien
8 Weblinks
8.1 Europa/EU
8.2 Deutschland
8.3 Schweiz
8.4 Österreich
8.5 Einzelnachweise
Begriffsgeschichte [Bearbeiten]
Der Begriff geht auf die Lobby (englisch für „Vorhalle“) des Parlaments zurück – je nach Herkunft des Historikers auf die „lobia“ des römischen Senats, auf die „lobby“ des britischen Unterhauses oder des US-amerikanischen Kongresses –, in der ursprünglich Vertreter verschiedener Gruppen die Parlamentarier an die Möglichkeit ihrer Abwahl erinnerten und so eine Form der Kontrolle ausübten und auch Vorteile für bestimmtes Verhalten in Aussicht stellten. Auch wortgeschichtlich knüpft der Lobbyismus an seine historischen Vorformen des »Antichambrierens« (d.h. im Vorzimmer der Herrschaft Einfluss Suchens) und der schon spätmittelalterlichen Tätigkeit der »Hofschranzen« an. Die leicht negative Bewertung des Begriffs in deutschsprachigen Ländern mag darin, aber auch im Fehlen verbindlicher, Transparenz erzeugender Regeln für Lobby-Arbeit ihre Ursache haben.[2]
Vorgang des Lobbying [Bearbeiten]
Vergleicht man verschiedene Definitionen des „Lobbying“, so lassen sich die drei am häufigsten erscheinenden Merkmale der Begriffsbestimmungen durch Einflussnahme, Informationsbeschaffung und Informationsaustausch zusammenfassen. Weiter finden die Definitionen einen Konsens in der strategischen Ausrichtung der Tätigkeit.
Carsten Bockstette definiert Lobbyismus wie folgt: Lobbyismus ist der Versuch der Einflussnahme auf Entscheidungsträger durch Dritte.[3] Hans Merkle geht bei seiner Definition weiter: er geht von einem automatischen Erfolg der Lobbytätigkeit aus, indem er die gezielte Beeinflussung des Entscheidungsträgers integriert. Er definiert den Lobbyismus folgendermaßen: „Die zielgerichtete Beeinflussung von Entscheidungsträgern in Politik und Verwaltung nennt man Lobbying.“[4] Diese Integration ist allerdings umstritten.
Ein Lobbyist ist die Person, die im Auftrag eines Dritten oder im Rahmen eines Dienstvertrages das Lobbying durchführt.
Schema des Lobbying-Prozesses
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STRUKTUREN
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PROZESSE
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EINFLUSS
Verbände →
Firmen →
Politikberater →
Interne Lobbys →
→
→ Analyse von Fakten
→ Analyse von Institutionen
→ Einfluss generieren →
→
→ Entscheidungsträger
*direkt
↑
→ Dritte
*indirekt
Quelle »
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Lobbyismus in einzelnen Ländern [Bearbeiten]
Situation in der Bundesrepublik Deutschland [Bearbeiten]
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Verstärkt seit dem Ende der 1990er Jahre entstand in Deutschland eine große Zahl von Initiativen, die sich für als notwendig angesehene marktwirtschaftliche Reformen, für internationale Wettbewerbsfähigkeit und gegen von ihnen so bezeichneten „Reformstau“ einsetzen. Viele dieser Gruppen verstehen sich selbst als Basisbewegungen, Kritiker sehen in ihnen Lobby-Organisationen der Wirtschaft, die sich als Bürgerbewegung tarnen, und verweisen als Beleg auf ihre Finanzierung. Sie nutzen beispielsweise große Anzeigen in Tageszeitungen, auch den Rundfunk, um für ihre (politischen) Ziele zu werben und so in ihrem Sinn Einfluss auf die öffentliche Meinung zu nehmen.
In Diskussionen wie um Kernenergie, Biotechnologie, Urheberrecht/Tauschbörsen oder um Softwarepatente wird kritisiert, dass Industrie und Großkonzerne über massive Lobbyarbeit Gesetze auf Bundes- oder EU-Ebene durchsetzen, die in ihrem Interesse, nicht aber im Interesse des Mittelstandes oder des Verbrauchers seien. Derselbe Vorwurf richtet sich umgekehrt gegen manche Umweltschutz- oder Sozialverbände, die sich ihrerseits zu veritablen Betroffenheits-Konzernen entwickelt haben und ebenfalls – wieder im Deckmantel von Allgemeininteressen – Partikularinteressen vertreten.
Der Präsident des Deutschen Bundestages führt die Öffentliche Liste über die Registrierung von Verbänden und deren Vertretern. Die Anzahl der Einträge wächst, im Juni 2010 waren 2.136 Verbände registriert. Aufgrund der Freiwilligkeit der Aufnahme und der engen Definition von „Verband“ bildet die Liste nicht das ganze Spektrum des Lobbyismus im Deutschen Bundestag ab. In der 16. Wahlperiode des Deutschen Bundestages (2005–2009) gab es mehrere parlamentarische Initiativen zugunsten einer verbesserten Transparenz des Miteinanders von Politik und Interessenvertretern. In ihren Programmen zur Bundestagswahl 2009 hatten die SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die Partei Die Linke schließlich die Forderung nach Einrichtung eines verpflichtenden Lobbyregisters aufgenommen [5].
Eine besondere Form des Lobbyismus „im Dunstkreis der Korruption“ (Hans Herbert von Arnim) wurde einer breiten Öffentlichkeit und vielen Parlamentariern erstmals im Jahr 2006 bekannt: Personen aus der Privatwirtschaft, aus Verbänden und Interessengruppen, die weiterhin Angestellte ihres eigentlichen Arbeitgebers bleiben und von diesem bezahlt werden, arbeiten zeitweilig als externe Mitarbeiter in deutschen Bundesministerien.[6][7][8] Nach Darstellung der Bundesregierung sei eine politische Einflussnahme auf Entscheidungen der Ministerien jedoch ausgeschlossen.[9]
Situation in Österreich [Bearbeiten]
Der politische Interessensausgleich wird in der zweiten Republik (seit 1945) vor allem auf Ebene der Sozialpartner geleistet. Daher sind die Arbeiter-, Wirtschafts- und Landwirtschaftskammern auf Bundes- und Landesebene (die Interessensvertretungen der Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Bauern mit Pflichtmitgliedschaft) und der Gewerkschaftsbund die dominierenden Interessensvertretungen, deren Macht wesentliche Bedeutung für den Parlamentarismus Österreichs hat. Entscheidungen wurden und werden parallel auf den Ebenen der Sozialpartner, der Bundes- und Landesregierungen und der gesetzgebenden Körperschaften abgestimmt. Ausgelöst durch den EU-Beitritt Österreichs, wesentliche Liberalisierungs- und Privatisierungsschritte und die EU-Erweiterung ändern sich jedoch die Anforderungen an Unternehmen und deren Management.
ALPAC (Austrian Lobbying and Public Affairs Council) ist die einflussreiche Vereinigung der Eigentümer von Lobbying- und Politikberatungsunternehmen in Österreich. Voraussetzung für eine Mitgliedschaft in diesem exklusiven Kreis ist langjährige Erfahrung als Politiker, Politikberater, Innenpolitikredakteur, Interessenvertreter oder Diplomat. Mit der Gründung von PASA – Public Affairs Society Austria –, einer Teilorganisation des PRVAs – Public Relations Verband Austria – haben sich auch die Public Affairs-Manager der großen PR-Agenturen erstmals dem Konzept von Transparenz und Verhaltensstandards verschrieben.
Situation Schweiz [Bearbeiten]
Die Schweiz kennt verschiedene stark institutionalisierte Formen des politischen Interessenausgleichs. Dazu zählen die Sozialpartnerschaft, das Vernehmlassungsverfahren und die Expertenkommissionen. Zudem erfolgt die Einsitznahme von Interessenvertretern im Parlament weitgehend ungehindert (heute allerdings unter Publikations-Pflicht); sie wurde vormals von den Bauern, heute namentlich von Organisationen der Wirtschaft und des Gesundheitswesens genutzt.
Regierungsmitglieder müssen ihre Interessenbindungen und Nebenerwerbe auf nationaler Ebene auflösen (z.B. Unvereinbarkeits-Vorschriften für Bundesrats-Mitglieder in Art. 144 Bundesverfassung), während sie auf kantonaler Ebene teilweise wegen des Milizsystems ausdrücklich zugelassen sind.
In den 80er Jahren ist namentlich in den Massenmedien und in der Wissenschaft eine kritische Diskussion über institutionalisierte Interessenvertretung entstanden, die zu verschiedenen, eher bescheidenen Reformen geführt hat. Jedes Parlamentsmitglied hat die Möglichkeit, zwei Personen zu bezeichnen, die einen privilegierten Zugang zur Wandelhalle (Lobby) des Parlamentes haben.
Situation in der EU [Bearbeiten]
Brüssel gehört zu den Städten mit den meisten Lobbyisten (Bild: Europäisches Parlament in Brüssel).Die Gesetzesentwicklungen in Berlin und in Wien lassen sich von denen in Brüssel nicht trennen. Vielfach besteht – wie beim Rat der EU in Brüssel – zudem Personenidentität mit den Regierungsmitgliedern in Berlin und in Wien. Weiterhin bedürfen europäische Richtlinien der anschließenden Umsetzung in nationales Recht, wo sich die Argumentation aus Brüssel nahtlos gegenüber den Berliner und den Wiener Gremien fortsetzen lässt.
Es gibt bis heute keine Registrierungspflicht. Lediglich bestimmte Vorteile werden denjenigen erteilt, die sich registrieren lassen. Im Europäischen Parlament wird ihnen mittels eines Ausweises Zugang zum Gebäude gewährt. Dies ist in § 9 der Geschäftsordnung zu entnehmen. Im Oktober 2007 waren beim Europäischen Parlament 4.570 Personen als Interessenvertreter registriert[10]; damit verbunden war ein erleichterter Zugang zu den Parlamentsgebäuden.
Im Rahmen der 2005 von Kommissar und Vizepräsident Siim Kallas ins Leben gerufenen Transparenz-Initiative veröffentlicht die Kommission am 23. Juni 2008 ein freiwilliges Internetregister für Lobbyisten. Sie sind dazu aufgerufen, sich zu registrieren und damit ihre Interessen, Kunden und Finanzen auszuweisen. Gleichzeitig mit der Registrierung unterschreiben sie einen Verhaltenskodex, der zusammen mit den Interessengruppen ausgearbeitet wurde. Ein geplanter Kontrollmechanismus soll die Angaben überprüfen. Die Einführung ist aber nur ein Etappenziel: Langfristig ist geplant, ein einziges Register gemeinsam mit dem EU-Parlament zu schaffen. Das Parlament würde dann nur eingetragene Lobbyisten in das Gebäude lassen. Faktisch wäre das bislang freiwillige Register dann Pflicht- auch ohne Gesetz. 2008 führte die EU ein Lobby-Register ein.[11]
Europa-Abgeordnete nehmen Lobbyisten auch wegen ihres Detailwissens in Anspruch. Das Risiko, dass übermittelte Informationen unvollständig oder parteiisch selektiert sind wird dadurch gemindert, dass die EU-Organe eine Vielzahl von Lobbyisten unterschiedlicher Interessengruppen anhören.
Die Heterogenität der wirtschaftlichen Interessen potenziert sich auf europäischer Ebene. Die Brüsseler Gesetzgebung hat Einfluss auf 27 Mitgliedstaaten (Stand 2010). Neben Bedürfnissen einzelner Unternehmen oder Branchen sind hier oftmals zusätzlich spezifische nationale Marktsituationen, Unternehmensphilosophien und Interessen zu berücksichtigen. Die Anzahl der zu Vertretenden und das Spektrum der Divergenz nehmen zu. Die von den Verbänden wahrzunehmenden Interessen sind also noch breiter und vielschichtiger als auf nationaler Ebene. Gleichzeitig vollzieht sich die Einflussnahme auf europäische Gesetzgebungsakte parallel auf nationalstaatlicher wie auf europäischer Ebene in sehr unterschiedlichen Formen. In empirischen Untersuchungen ist das System der EU-Interessenvermittlung mit der Metapher des »Mosaiks« beschrieben worden, »das durch die parallele Existenz und Persistenz unterschiedlicher Struktureigenschaften gekennzeichnet ist«[12].
Unter Umständen kann es für das jeweilige Unternehmen daher hilfreich sein, wenn es ergänzend zum indirekten Lobbying über den Branchenverband sein individuelles Anliegen auch direkt an den entscheidenden Stellen vorbringt. Die Dependancen der Unternehmen sind in Brüssel – ebenso wie in Wien und Berlin – zumeist personell gering besetzt oder dienen als Brückenkopf und verlängerter Arm, nicht jedoch als operative Einheit. Mittelständische Unternehmen verfügen oft nicht einmal über entsprechende Dependancen. Bei den Unternehmensrepräsentanzen fehlt es folglich häufig am nötigen Personal, um umfangreiche „Zeitgeistinitiativen“ des Gesetzgebers wie zum Beispiel das Tabakwerbeverbot auf europäischer Ebene oder das angesprochene Dosenpfand auf nationaler Ebene abfedern zu können. Aus diesem Grund schalten Unternehmen zunehmend auch Berater bei der Interessenvertretung ein. Nach amerikanischem Vorbild sind daher nun auch internationale Großkanzleien und Lobbyingfirmen in dem Sektor auf dem Vormarsch, indem sie – meist mit Hilfe von Ex-Politikern und spezialisierten Anwälten in ihren Reihen – ausländische Unternehmen an den deutschen bzw. den österreichischen oder europäischen Markt heranführen oder deutschen bzw. österreichischen Unternehmen in den politischen Gremien Gehör verschaffen.
Auf EU-Ebene wird z. Z. eine stärkere Regulierung der Lobby-Arbeit diskutiert. Die EU-Kommission hat im Juni 2008 ein (vorerst) freiwilliges Register [13] von Lobbyisten eingerichtet[14]. Darin sollen Firmen und Verbände Einkünfte durch und Ausgaben für Lobby-Arbeit offenlegen. Das Europäischen Parlaments hat sich hingegen im Mai 2008 dafür ausgesprochen, ein allgemeines Pflicht-Register für EU-Lobbyisten einzuführen, ähnlich wie es in den USA existiert[15]. Bislang widersetzt sich die EU-Kommission einem verpflichtenden Lobbyregister jedoch[16] [17].
Autolobby [Bearbeiten]
Ein Beispiel für Lobbyismus auf EU-Ebene ist die Autolobby in Brüssel. Während Lobbyisten der Autohersteller etwa versuchen, den von der EU geplanten Grenzwert von 120 g CO2/km anzuheben, wirken Umweltverbände darauf hin, diesen Wert durchzusetzen.[18]
Arten von Lobbyismus [Bearbeiten]
Im Wesentlichen gibt es fünf Arten von Interessen, die durch Lobbying durchgesetzt werden sollen, nämlich:
1.Organisierte Interessen im Wirtschaftsbereich und in der Arbeitswelt
2.Organisierte Interessen im Sozialbereich
3.Organisierte Interessen im Bereich der Freizeit und Erholung
4.Organisierte Interessen im Bereich von Religion, Kultur und Wissenschaft
5.Organisierte Interessen im gesellschaftspolitischen Querschnittsbereich[19]
Kritik am Lobbyismus [Bearbeiten]
Lobbyisten werden von Kritikern oftmals als wahre Strippenzieher bezeichnet. Die Politiker wären quasi ihre Marionetten. (Bild: Demonstration gegen den Hongkonger Regierungschef Donald Tsang am 1. Juli 2005)Der Lobbyismus wird in Anlehnung an die „Vierte Gewalt“ (Medien) auch als „Fünfte Gewalt“ bezeichnet, da die Interessenpolitik ebenso wie die Presse einen Einfluss auf die Staatsgewalt hat. Anders als die institutionalisierten Gewaltenträger unterliegen Interessenvertreter jedoch keinen klaren gesetzlichen Regelungen.
Lobbyismus kann in manchen Fällen bis zur Korruption und damit unerlaubten Einflussnahme führen. Die harmloseste Form sind hier noch von Lobbygruppen organisierte sogenannte „Informationsveranstaltungen“ für Parlamentarier, die mit kostenloser Verköstigung der Eingeladenen verbunden sind. Besonders in Brüssel, aber auch in Berlin ist dies keine Seltenheit. Dabei wird natürlich das Ziel verfolgt, die Volksvertreter für seine eigenen Interessen zu gewinnen.
Es gibt Fälle, in denen tatsächlich Gelder und Leistungen fließen, um von einzelnen Parlamentariern bestimmte Abstimmungsverhalten zu erhalten. Das Ausmaß lässt sich jedoch kaum feststellen, und andererseits gibt es auch Bemühungen, diese Art von Korruption zu verhindern. So sind zum Beispiel die Mitglieder der EU-Kommission dazu verpflichtet, Geschenke ab einem Wert von 150 Euro anzugeben, und die Liste dieser Geschenke ist auf der Webseite der EU-Kommission einzusehen.
Lobbyismus steht folglich immer im Spannungsfeld zwischen berechtigter Einflussnahme und der möglichen Gefährdung demokratischer Grundprinzipien. Aufgrund immer komplexer werdender Wirtschaftsstrukturen und Themenfelder, die den Gesetzgeber vielfach in seinen Möglichkeiten überfordern, haben Lobbygruppen dennoch eine wichtige Funktion, insbesondere die Verschaffung von Informationen. Die am Gesetzgebungsprozess Beteiligten in Europa suchen daher mittlerweile – wie schon seit langer Zeit in den USA – offen das Gespräch mit Wirtschaftsvertretern, Verbänden und Lobbyisten, um sich vor einer Entscheidung umfassend über die wirtschaftlichen und rechtlichen Aspekte eines Vorhabens zu informieren.
Siehe auch [Bearbeiten]
Agenda Setting, Antichambrieren
Interessenverband
Öffentlichkeitsarbeit
Public Affairs
Spin-Doctor
Verwaltungsethik
Nichtregierungsorganisationen [Bearbeiten]
Einige Nichtregierungsorganisationen treten für eine Offenlegung der Lobbyarbeit ein:
Transparency International
LobbyControl
Literatur [Bearbeiten]
Aufsätze [Bearbeiten]
Ulrich von Alemann; Florian Eckert: Lobbyismus als Schattenpolitik, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 15-16/2006.
Florian Eckert: Lobbyismus – zwischen legitimem politischem Einfluss und Korruption. In: Ulrich von Alemann (Hrsg.): Dimensionen politischer Korruption. VS-Verlag, Wiesbaden 2005. ISBN 978-3-531-14141-1
Thomas Faust: Vom aktivierenden zum aktivierten Staat? Lobbying zwischen Korruption und Kooperation, in: Verwaltung und Management, 5/2009, S. 251-260.
Andreas Geiger: Ökonomische Aspekte des Lobbying in der EU. Zeitschrift für Politikberatung, Volume 2, Issue 3 (2009), S. 427
Andreas Geiger: EU-Lobbying und Demokratieprinzip. Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht (EWS), Heft 7/2008, S. 257
Andreas Geiger: Der deutsche Lobbyismus wird amerikanischer Euractiv, 16. Februar 2010
Götz Hamann: Geld für gute Worte, in: Die Zeit 20. Januar 2005, Nr. 4.
Heiko Kretschmer/ Hans-Jörg Schmedes: Enhancing Transparency in EU Lobbying? How the European Commission's Lack of Courage and Determination Impedes Substantial Progress, Internationale Politik und Gesellschaft, 1/2010, S. 112-122.
Thomas Leif; Rudolf Speth: Die fünfte Gewalt. in: ZEIT online, 2. März 2006.
Konstadinos Maras: Lobbyismus in Deutschland, in APuZ 3-4/2009, S. 33–38.
Hans-Jörg Schmedes: Mehr Transparenz wagen? Zur Diskussion um ein gesetzliches Lobbyregister beim Deutschen Bundestag. Zeitschrift für Parlamentsfragen, 3/2009, S. 543-560.
Hans-Jörg Schmedes: Die im Dunkeln sieht man nicht, Berliner Republik, 3/2009, S. 69-71.
Sammelbände und Monografien [Bearbeiten]
Andreas Geiger: EU Lobbying Handbook. Helios Media GmbH, 2007, 244 Seiten, ISBN 3-9811316-06
Thomas Leif; Rudolf Speth (Hrsg.): Die fünfte Gewalt. Lobbyismus in Deutschland. BpB, Bonn 2006. ISBN 978-3-89331-639-7 (Inhaltsverzeichnis)
Cerstin Gammelin, Götz Hamann: Die Strippenzieher. Manager, Minister, Medien – Wie Deutschland regiert wird. Econ Verlag, 5. Aufl., Berlin 2006, ISBN 978-3-430-13011-0
Nicola Berg: Public Affairs Management. Gabler, Wiesbaden 2003. ISBN 978-3-409-12387-7
Steffen Dagger (Hrsg.): Politikberatung in Deutschland: Praxis und Perspektiven. VS-Verlag, Wiesbaden 2004. ISBN 978-3-531-14464-1
Gunnar Bender, Lutz Reulecke: Handbuch des deutschen Lobbyisten: Wie ein modernes und transparentes Politikmanagement funktioniert . Frankfurter Allgemeine Buch, Frankfurt am Main 2004. ISBN 3-89981-005-8
Jens Kirsch: Aufgezählter Listeneintrag Geographie des deutschen Verbandswesens: Mobilität und Immobilität der Interessenverbände im Zusammenhang mit dem Regierungsumzug. LIT Verlag, Münster 2003. ISBN 978-3-8258-7029-4
Ulrich Müller, Sven Giegold, Malte Arhelger (Hrsg.): Gesteuerte Demokratie? Wie neoliberale Eliten Politik und Öffentlichkeit beeinflussen, VSA, 2004. ISBN 3-89965-100-6
Mathias König: Die Europäische Metropolregion: Neuer Vertreter regionaler Interessen / Politischer Lobbyismus durch die Metropolregion Rhein-Neckar. Marburg 2007. ISBN 978-3-8288-9353-5
Axel Sell, Alexander N. Krylov (Hrsg.) Government Relations: Interaktionen zwischen Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Verlag »Peter Lang«, 2009; ISBN 3-631-58487-3
Manfred Strauch: Lobbying. Wirtschaft und Politik im Wechselspiel. Gabler, Wiesbaden 1993. ISBN 978-3409191838
Literatur mit EU-Schwerpunkt [Bearbeiten]
Belén Balanyá, Ann Doherty, Olivier Hoedeman, Adam Ma'anit und Erik Wesselius: Konzern Europa. Die unkontrollierte Macht der Unternehmen. Rotpunktverlag, Zürich 2001, ISBN 3-85869-216-6
Steffen Dagger; Michael Kambeck (Hrsg.): Politikberatung und Lobbying in Brüssel. VS-Verlag, Wiesbaden 2007. ISBN 978-3-531-15388-9
Steffen Dagger; Manuel Lianos: Neues Spiel, neues Glück – Public Affairs in Brüssel. In: Politik & Kommunikation Nr. 21, 11/2004.
Fallstudien [Bearbeiten]
Carsten Bockstette: Konzerninteressen, Netzwerkstrukturen und die Entstehung einer europäischen Verteidigungsindustrie. Eine Fallstudie am Beispiel der Gründung der European Aeronautic, Defence and Space Company (EADS). Kovač, Hamburg 2003. ISBN 978-3-8300-0966-5.
Matthias Corbach: Die deutsche Stromwirtschaft und der Emissionshandel. Ibidem-Verlag, Stuttgart 2007. ISBN 978-3-89821-816-0.
Steffen Dagger: Energiepolitik & Lobbying: Die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2009, ibidem-Verlag, Stuttgart 2009, ISBN 3838200578
David Krahlisch: Lobbyismus in Deutschland – Am Beispiel des Dieselpartikelfilters. VDM Verlag Dr. Müller, Saarbrücken 2007. ISBN 978-3-8364-2316-8.
Diana Wehlau: Lobbyismus und Rentenreform . Der Einfluss der Finanzdienstleistungsbranche auf die Teil-Privatisierung der Alterssicherung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009. ISBN 978-3-5311-6530-1.
Hans-Jörg Schmedes: Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbände im Mehrebenensystem. Lobbyingaktivitäten britischer, deutscher und europäischer Verbände. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008. ISBN 978-3-531-15631-6.
Weblinks [Bearbeiten]
Wiktionary: Lobbyismus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Europa/EU [Bearbeiten]
Corporate Europe Observatory (CEO)
Register der Interessevertreter beim Europaparlament
Exzerpt aus Europe Inc. in SWB 01/1998
Die Welt: EU – Die Lobbyisten werden untersucht
Ruth Reichstein, Die wahren Strippenzieher: Lobbyisten in Brüssel (DLF, 2. Oktober 2005)
Deutschland [Bearbeiten]
Deutscher Bundestag: Registrierte Verbände
Aktuelle Lobbyliste
Lobbyismus in Deutschland – Abstract von der Fachtagung des Forschungsjournals Neue Soziale Bewegungen in Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung und der Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin, 24.-26. Januar 2003
Lobbyisten regieren mit – Verfassungsrichterin warnt vor Einfluss, Frontal21
Interaktiv: Lobby-Hauptstadt Berlin, ZDF Mediathek
Marco Bülow: Die Lobby-Republik – Persönlicher Einblick von Marco Bülow in Lobbyismus in Deutschland, in der Schriftenreihe Denkanstöße vom Institut Solidarische Moderne
Schweiz [Bearbeiten]
Offenlegung Interessen Ständerat
Offenlegung Interessen Nationalrat
Österreich [Bearbeiten]
ALPAC (Austrian Lobbying and Public Affairs Council)
Einzelnachweise [Bearbeiten]
1.↑ Zum Spannungsverhältnis von Lobbyismus und parlamentarischer Demokratie Hans-Jürgen Papier: Vortrag anlässlich der Vorstellung des Buches „Die fünfte Gewalt. Lobbyismus in Deutschland“ am 24. Februar 2006 im Berliner Reichstag
2.↑ Carsten Bockstette: Konzerninteressen, Netzwerkstrukturen und die Entstehung einer europäischen Verteidigungsindustrie: Eine Fallstudie am Beispiel der Gründung der „European Aeronautic, Defence and Space Company“ (EADS). Hamburg 2003, S. 17. ISBN 9783830009665
3.↑ Carsten Bockstette: Konzerninteressen, Netzwerkstrukturen und die Entstehung einer europäischen Verteidigungsindustrie: Eine Fallstudie am Beispiel der Gründung der „European Aeronautic, Defence and Space Company“ (EADS). Hamburg 2003, S. 18. ISBN 9783830009665
4.↑ Hans Merkle: Lobbying: Das Praxishandbuch für Unternehmen. Darmstadt 2003, S. 10. ISBN 9783896782335
5.↑ Hans-Jörg Schmedes: Mehr Transparenz wagen? Zur Diskussion um ein gesetzliches Lobbyregister beim Deutschen Bundestag. Zeitschrift für Parlamentsfragen, Heft 3/ 2009: S. 543-560
6.↑ WDR: Monitor Nr. 557, 15. Dezember 2008: Bezahlte Lobbyisten in Bundesministerien: Wie die Regierung die Öffentlichkeit täuscht.
7.↑ Stefan Krempl: Datenbank gibt Aufschluss über Lobbyisten in Ministerien. heise online, 27. Juli 2007 17:22.
8.↑ Florian Gathmann; Nils Weisensee: Lobbyisten-Liste enthüllt Einfluss in Ministerien. Spiegel Online, 26. Juli 2007.
9.↑ Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Thea Dückert, Matthias Berninger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Drucksache 16/3431
10.↑ Europäisches Parlament: „Mehr Transparenz im Brüsseler Lobby-Dschungel?“
11.↑ tagesschau.de vom 22. Juni 2008 (Autorin: Eva Dombo)
12.↑ Hans-Jörg Schmedes: Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbände im Mehrebenensystem. Lobbyingaktivitäten britischer, deutscher und europäischer Verbände. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008. ISBN 978-3-531-15631-6. S. 371
13.↑ Europäische Kommission: Register der Interessenvertreter
14.↑ Europäische Kommission: „Transparenz-Initiative“
15.↑ Europäisches Parlament: „EU-Lobbyismus im Blickpunkt“
16.↑ Heiko Kretschmer/ Hans-Jörg Schmedes: Lacking courage and determination. Experience from abroad suggests the EU should make its lobbyists register mandatory. European Voice, 10. September 2009, S. 12
17.↑ Heiko Kretschmer/ Hans-Jörg Schmedes: »Enhancing Transparency in EU Lobbying? How the European Commission's Lack of Courage and Determination Impedes Substantial Progress«. Internationale Politik und Gesellschaft 1/ 2010, S. 112-122
18.↑ Daniela Weingärtner; Johannes Gernert: „Brüsseler Autoschiebereien“. die tageszeitung, 29. November 2008.
19.↑ Ulrich von Alemann (Hrsg.): Organisierte Interessen in der Bundesrepublik. Leske + Budrich 1987, S.71. ISBN 9783810006172
Von „http://de.wikipedia.org/wiki/Lobbyismus“
Kategorie: Lobbyismus
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