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Martin schrieb am 3.5. 2010 um 17:35:18 Uhr über

Literaturbanause

Ob jemand Literaturbanause ist oder nicht, hängt sicher auch davon ab, wie hoch man die Meßlatte hängt, was der »gebildete« Mensch kennen »muß«. Wenn man sagt, für den gebildeten Europäer wäre es erst mal ausreichend, einiges von Homer, Dante, Shakespeare und Goethe gelesen zu haben, dann bin ich kein Literaturbanause. Wenn man dagegen vom Nicht-Banausen noch zwingend verlangt, John Milton, Laurence Stern, Puschkin, Manzoni, James Joyce und Marcel Proust nicht zu vergessen zu kennen (jeweils das Gesamtwerk, versteht sich), dann bin ich natürlich Ober-Banause, denn ich habe von denen allen noch nichts gelesen. Der bequemste Weg, den Literaturbanausen zu definieren, ist natürlich immer der, gerade die Werke, die man selbst kennt, als unverzichtbar und kanonisch zu bezeichnen, alle anderen dagegen als optional.

Nun gut, mal im Ernst: gerade in den Zeiten, in denen viele Leute es schon als Zumutung empfinden, überhaupt ein Buch aufzuschlagen und in denen dementsprechend auch kaum jemand noch ein Bücherregal hat, geschweige denn eines, in dem auch Bücher stehen, ist es ja schon zu begrüßen, wenn jemand überhaupt mal freiwillig ein Buch liest. Das kann dann meiner Ansicht auch gern mal ein »Harry Potter« sein. Wer wiederum akzeptiert, daß ein Buch nicht ausschließlich zur reinen Unterhaltung geschrieben sein muß und bereit ist, beim Lesen mehr als die reine Unterhaltung zu suchen, hat eigentlich schon die Stufe des Literaturbanausen hinter sich gelassen. Mit wem man sich dann näher befaßt, bei wem man sich mit Leseproben begnügt, sollte dann jedem Lesenden selbst überlassen bleiben. Ich habe jedenfalls festgestellt, daß es, wenn einem ein Buch gut gefallen hat, oft sehr reizvoll ist, auch das sonstige Werk des Autoren zu lesen und dann bestimmte Motive, Stilmittel und dergleichen mehr wiederzufinden und so den Autoren selbst immer besser kennenzulernen; bei Thomas Mann oder Jane Austen kehren bestimmte Themen oder Konstellationen immer wieder, ohne daß sie sich nun einfach nur wiederholen würden.
Aber nicht alles, was berühmt und bedeutend ist, kann einem gefallen: »Die Blechtrommel« hat sicher alles, was ein großes Buch ausmacht, trotzdem war es für mich eine einzige Quälerei, das Ding zu lesen, weshalb ich von Grass erstmal auch genug habe.


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