Der Kiosk befand sich auf ihrem Schulweg, naja, nicht direkt, sie mußte schon einen etwas ungewöhnlichen Weg gehen, aber es war auch wiederum kein richtiger Umweg. Sagen wir: sie mußte ihn bewußt ansteuern, er legte sich ihr nicht von selbst in den Weg. Vor dem Kiosk standen meistens zwei oder drei Gestalten, Männer und Frauen. Kippten sich, wie die Haushälterin es formuliert hätte, den Kaffee in de Kopp. Oder Bier, und Kurze. Und rauchten. Das fand sie spannend. Nicht den Kaffee, sondern das Bier und die Kurzen und die Zigaretten. Sie ging deswegen immer etwas langsamer, und schielte absolut unauffällig herüber. Schnüffelte. Nach dem Geruch der Gestalten. Urin? Kotze? Schweiß? Ein interessanter Geruch, nicht angenehm, aber das war ihr auch mit dreizehn schon klar, die interessanten Dinge sind selten angenehm. Manchmal schaute eine der Gestalten zu ihr herüber, ein zahnloser Mund, eine rote Nase, die Medaillen der Trebe. Dann bekam sie es mit der Angst zu tun und ging schnell weiter.
Vom Kiosk sagte sie zu Hause nichts. So weit ging das Engagement von Papa und Mama für die Unterdrückten dieser Erde nicht, daß sie ihre eigene Tochter gerne dort in der Nähe gesehen hätten. Und irgendwann verlor sie dann auch das Interesse am Kiosk und an den Gestalten davor und dem eigenartigen Geruch. Wurde eben älter.
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