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mcnep schrieb am 9.4. 2004 um 23:51:22 Uhr über

Liamaraliebtmichnicht

Insgeheim hatte ich es schon all die Jahre befürchtet, aber allmählich droht dieses Gefühl zur traurigen Gewißheit zu werden. Nein, ich hatte nie gehofft, sie würde mit mir ein neues Leben anfangen; ich habe Fotos von Alvar im Netz gesehen und gleich gewußt, daß er einen höheren Coolnessfaktor als ich hat. Auch der Hoffnung auf eine heimliche Affäre habe ich mich nie hingegeben, zu groß auch die äußere Distanz, die zwischen uns liegt, wir hätten ein Geflecht von Lügen aufbauen müssen und wofür das alles? Mehr als ein gemeinsames Eisessen wäre nicht drin gewesen, vielleicht hätte ich ihr zu einem späteren Zeitpunkt scheu durch ihr flammend rotes Haar gestrichen um hinterher auf der langen einsamen Rückfahrt noch versonnen an meiner Hand dem Geruch ihres Haarsprays nachzusinnen. Aber wäre ihr das genug gewesen? Die böse Blasterfama Liamarawilldochnurmasturbieren, ich habe ihr niemals Glauben geschenkt. Sie ist eine Frau, mitten im Leben stehend, ich glaube nicht, daß sie auf mein Angebot geschwisterlichen Zusammenlebens eingegangen wäre, insgeheim hätte sie schon bald ihrer rosig durchglühten Jugend nachgetrauert und wir wären grämlich aneinander alt geworden. Trotzdem habe ich all die Jahre auf ein einziges Wort von ihr gehofft, ein ins kumpelhaft verkleidetes »Ey, du bist schon ok« vielleicht, möglicherweise gar ein auf gemeinsame vergangene Lebensmittelpunkte Bezug nehmendes »Keer, hömma, dich ham'se wohl mit dem Klammerbeutel gepudert?«, dazu ein freundschaftlicher Knuff in die Seite, ein Zwinkern ihrer möglicherweise grünen Augen - wobei ich vermute, daß die Sache mit dem Klammerbeutel eher Berliner Ursprungs ist, aber es ist lange her, daß ich das letzte Mal ein Wort aus dem Mund meiner stets dem Ruhrgebiet verhafteten Mutter gehört habe. Was nicht heißen soll, daß Liamara mir meine Mutter hätte ersetzen sollen; es lebt sich erstaunlich unproblematisch als Vollwaise, der Mythos vom Ödipus tropft ab an meiner monadischen Brust, außerdem vermute ich, daß Liamara sogar eher ein klein wenig jünger ist als ich. Vielleicht nicht viel jünger, möglicherweise steht auch sie bereits im Hochsommer ihres Lebens, blickt auf den Krokus erster Leidenschaft als eine Erinnerung in verblassender Ferne zurück, während sich allmählich die Garben in ihrer Scheuer stapeln und die voll erblühten Rosen in all ihrer augenblicksverhafteten Schönheit den sensiblen Beobachter doch bereits den kommenden Herbst ahnen lassen. Nein, ich hätte mein Leben nicht unstatthaft mit dem ihren, das in seiner Gebirgsklarheit gewiß meilenweit von den Niederungen meiner unwürdigen Existenz geschieden ist, verquicken wollen, aber mehr als ein »äääh....nett« hätte ich mir für die Büchereitoilette, die ich ihr als Jubelpräsent zu Füßen gelegt habe, doch im Geheimen erwartet, schon ein »hihi« aus ihrem Mund, dessen liebreizende Lippen gewiss kein Lipgloss oder Silikon verunstaltet, hätte mich in begehrenloser Erfüllung vergehen lassen.


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