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Bob schrieb am 16.3. 2007 um 19:29:42 Uhr über

Leihhaus

Ich habe ganz unterschiedliche Erfahrungen mit dem Leihhaus gemacht, aber viel mehr gute als schlechte. Für die meisten da abgegebenen Stichwörter habe ich zwar jämmerlich wenig bekommen, aber sie sind pfleglich behandelt worden und ich bekam sie korrekt zurück. Für die mir wirklich wichtigen Stichwörter habe ich alles getan, um sie rechtzeitig auszulösen. Manche sind aber unter Vorspiegelung falscher Verhältnisse von bösen Menschen abgeholt worden und haben danach ein furchtbares Schicksal erlitten. Manchmal wurden gefälschte Leihscheine vorgelegt, manchmal hat ein unausgeschlafener Leihmann einfach nicht aufgepasst und ein ähnlich klingendes Stichwort herausgegeben, manchmal war aber auch Bestechung im Spiel: da bin ich mir sicher. Zum Glück waren das die Ausnahmen; meistens ging alles gut.
Bestimmte Stichworte liegen immer noch im Leihhaus, vermute ich. Ich habe sie mal als Verlegenheitsgeschenke von törichten Menschen bekommen, sie schnell versetzt und mich bis heute nicht zu ihrer Belebung entschließen können. Viel Geld war nie da. Und bei den monatlichen Versteigerungen scheinen sie auch keinen Anklang gefunden zu haben; auf jeden Fall sind sie mir bis heute nicht wieder begegnet.
Manche Stichwörter habe ich immer wieder versetzt und sie mir bald wieder zurück geholt; sie waren nicht lebenswichtig, aber ich wollte auch nie lange ohne ihre Gesellschaft leben.
Ein paar Stichwörter sind mal durch einen Brand im Leihhaus verloren gegangen; aber mit vollendeten Tatsachen kann ich leben. Von der Versicherungssumme habe ich mich nicht mal neu mit Stichwörtern eingedeckt; mit wenig Mobiliar ist man beweglicher.
Bewusst und vergnügt habe ich immer nur in wirklicher Not und mit großer Sorge versetzt; aber sie haben immer treu darauf gewartet, dass ich mich ihrer erinnere und sie aus dem Gefängnis befreie. Heute gebe ich sie gar nicht mehr her.
Ich habe mal in meinem Leib-und-Seele - Leihhaus gefragt: sogar Fromms Haben oder Sein gab es da und gleich dreimal. Das hat mich erstaunt.
Ach ja, staunen. Das habe ich nur einmal versetzt, in einer ganz großen Depression; seitdem nicht mehr. Und das bleibt auch so. Das Staunen brauche ich, denn ohne mein Staunen gäbe es keine Wunder mehr, und das geht nicht.



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