Ich habe sie kennengelernt, die Lehrbeauftragten. Es gibt zwei Gruppen. Die einen sind ausseruniversitär Etablierte, die einerseits einen Fuß an der Universität behalten wollen, andererseits wenig ausgelastet sind. Das klassische Beispiel dürfte der Ministerialdirektor mit falschem »Ticket« sein, der nach einem Regierungswechsel auf eine Position minderer Bedeutung abgeschoben wurde, wo er wenig zu entscheiden, folglich noch weniger zu tun hat - und nicht so recht weiss, was er mit seiner reichlichen Freizeit am Schreibtisch anfangen soll. Die Nebenbeschäftigungsgenehmigung für den Lehrauftrag wird nur allzugerne erteilt, weil man um jede Stunde froh ist, in der er nicht »im Hause« ist, und etwas mitbekommen könnte, was nicht für seine Augen und Ohren bestimmt ist. Dieser Beamte im Halbruhestand freut sich ob der interessanten Beschäftigung, das Honorar ist ihm eigentlich egal, und wird in Luxusrestaurants verprasst.
Und dann gibt es die zweite Gruppe, das sind die Hungerleider. Die ehemaligen wissenschaftlichen Mitarbeiter, die zwar eine Dissertation hingekriegt haben, aber sonst auch nichts mehr, die Assistenten, deren Verträge nach einem Wechsel des Lehrstuhlinhabers nicht mehr verlängert wurden und ähnliches akademisches Proletariat. Ein Lehrauftrag bringt ihnen etwa 1500 € pro Semester, wer zweie hat, wird schon angefeindet. 3000 € für ein halbes Jahr - und in etwa dieselbe Arbeit, die sie als Assistent auch zu leisten hatten, für dasselbe Geld im Monat. Einzig die Hoffnung, den Fuß in der Tür zu behalten, wenn vielleicht doch irgendwo nochmal eine Mitarbeiterstelle vakant wird, etwa in der Institutsbibliothek. Ansonsten leben sie von Lebensgefährten oder Hartz IV, und nicht nur ihre Seele, sondern auch ihre Studenten würden sie mit Freude dem Teufel verkaufen für eine halbe unbefristete Stelle.
Und auf diesen wackeligen Säulen soll die akademische Ausbildung ruhen ?
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