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jürgen schrieb am 21.5. 2014 um 20:29:05 Uhr über

Leder

Friedrich III. der Weise, Kurfürst von Sachsen, 1486–1525, geboren am 17. Januar 1463 zu Torgau als ältester Sohn des Kurfürsten Ernst, regierte seine Länder mit Ausnahme des Kurlands gemeinschaftlich mit seinem Bruder Johann in nie getrübter Eintracht, ein Fürst, der nicht blos durch die damalige hohe Machtstellung seines Hauses, sondern auch durch seine persönlichen Eigenschaften das höchste Ansehen im Reiche genoß und auf die Angelegenheiten desselben, wie auf den äußeren Gang der Reformation in den ersten Stadien ihrer Entwicklung einen bedeutenden Einfluß ausübte. Im Verein mit Kurfürst Berthold von Mainz war F. die Seele der Reformbestrebungen, welche die Verfassung des Reichs im Sinne der Fürstenaristokratie ausbauen und dasselbe davor schützen sollte, daß es seinen eigenen Interessen zuwider in die unstäte auswärtige Politik Kaiser Maximilians hineingerissen werde. Wenn es aber letzterem gelang, das Werk der Fürsten noch vor seiner Vollendung größtentheils wieder zu zerstören, ja der Macht des sächsischen Hauses mehrfach empfindlichen Abbruch zu thun, so lag dies nicht allein an dem Zusammentreffen verschiedener äußerer Umstände, sondern zugleich auch an F. selbst, an der Unschlüssigkeit, dem Zurückweichen vor entscheidenden Maßregeln und der Neigung, den Ausgang der Vorsehung anheim zu geben, welche einen Grundzug seines Charakters bildeten. So ließ er geschehen, daß der Kaiser die dem Hause Sachsen ertheilte Anwartschaft auf Jülich und Berg zu Gunsten Cleves widerrief, daß ihm die Vormundschaft über den jungen Landgrafen Philipp von Hessen, nicht ohne Zuthun seines eigenen Vetters Georgs des Bärtigen, verloren ging, so ließ er die Gelegenheit, welche sich ihm in den in Erfurt ausgebrochenen bürgerlichen Wirren bot, um die schwankende sächsische Schutzhoheit über diese Stadt gegen Mainz zu befestigen, ungenützt. Nur auf dem Reichstage zu Augsburg 1518 vergalt er die ihm zugefügten Kränkungen, indem er die von Maximilian dringend gewünschte Wahl seines Enkels Karl zum römischen König durch seinen Widerstand vereitelte. In Folge davon hatte er nach Maximilians Tode das Reichsvicariat zu führen, während dessen er die durch französische Intriguen entzündete Hildesheimer Stiftsfehde durch sein Friedensgebot niederzuhalten suchte. Als der einflußreichste unter den Kurfürsten sah sich F. bei der Kaiserwahl von allen Seiten umworben, blieb aber jeder Art von Bestechung unzugänglich; selbst die Verhandlungen wegen des Anerbietens der Hand der Infantin Katharina für seinen Neffen, durch welches Karl I. von Spanien den so vielfach verletzten Fürsten zu versöhnen suchte, überließ er, um sich die volle Freiheit des Entschlusses zu bewahren, seinem Bruder. Was ihn bestimmte, die ihm selbst von seinen Mitkurfürsten angetragene Krone abzulehnen, war weniger sein Alter, als vielmehr die Lage des Reichs, welches gegen Türken und Franzosen eines kräftigen Schutzes bedurfte, wie ihn nur das Haus Habsburg zu gewähren vermochte, und so entschied er die Wahl Karls; die vorzugsweise von ihm ausgehende Wahlcapitulation sollte das Reich gegen einen Mißbrauch der kaiserlichen Uebermacht sicher stellen. So sehr aber der junge König sich anfangs befliß, seine Dankbarkeit und Ehrerbietung gegen F. an den Tag zu legen, so schnell erkaltete doch diese Gesinnung; das Verhältniß zwischen beiden wurde so gespannt, daß Franz I. von Frankreich 1521, wennschon vergeblich, durch Nic. v. Minckwitz um Friedrichs Bündniß gegen Karl werben konnte. Nicht ohne Einfluß auf diese Wendung war Luthers Sache gewesen. F., der der alten Kirche mit aufrichtiger Frömmigkeit ergeben war, 1493 eine Wallfahrt ins gelobte Land unternommen und für das Allerheiligenstift zu Wittenberg einen Schatz von über 5000 Reliquien zusammengebracht hatte, war mit Luthers Auftreten gegen den Ablaß keineswegs aus theologischer Ueberzeugung, sondern nur aus finanziellen Gründen einverstanden; wie er schon 1501 das für den Türkenkrieg in seinem Lande gesammelte Ablaßgeld bis zum wirklichen Zustandekommen desselben in Verwahrung genommen und schließlich für seine Universität verwendet hatte, so war er auch jetzt nicht gewillt, eine ähnliche Besteuerung seiner Unterthanen, noch dazu zu Gunsten des Kurfürsten von Mainz, mit dem er wegen Erfurt gespannt war, zuzulassen. Je heftiger daher Luthers Gegner ihn als den Beschützer der ketzerischen Bosheit denuncirten, desto ängstlicher mied er seitdem jede persönliche Annäherung an denselben, so daß er ihn außer einmal in Lochau, nur noch auf dem Reichstage zu Worms gesehen hat; da er aber anderseits recht wol wußte, wieviel das Aufblühen seiner Universität der Wirksamkeit Luthers verdankte, so war er weder durch die Forderungen der päpstlichen Legaten und seines Vetters Georg, noch durch die ihm durch K. v. Miltitz überbrachte goldene Rose dazu zu bestimmen, Luther seinen Schutz zu entziehen, lehnte auch ebenso das Verlangen des Bischofs von Merseburg, gegen die abgefallenen Geistlichen einzuschreiten, ab. Außerdem überzeugt, daß bei dem fortgeschrittenen Stande der Bildung unter den Laien Gewaltmaßregeln das Uebel nur ärger machen würden, bestand F. darauf, daß Luther ohne vorheriges Verhör und vor Erledigung der Beschwerden gegen den päpstlichen Stuhl nicht verdammt werden könne. So erfolgte Luthers Vorladung nach Worms. Gegen eine Vollstreckung des Wormser Edicts schützte er denselben durch Entführung auf die Wartburg, aber die während dessen Abwesenheit in Wittenberg ausbrechenden Unruhen vermochte er nicht zu bemeistern und auch nach Luthers Rückkehr geschah die Einrichtung des neuen Kirchenwesens im Ernestinischen Sachsen ohne sein unmittelbares Zuthun. Dennoch ließ Friedrichs Haltung gegenüber der zu Worms verurtheilten Person und Sache Luthers auf katholischer Seite den Gedanken entstehen, ihn durch Entziehung der Kur und Uebertragung derselben auf die Albertinische Linie unschädlich zu machen. Wenn schon daher F. das von dem Nürnberger Reichstage an ihn gerichtete Ansinnen, er solle nicht dulden, daß in Religionssachen etwas Neues geschrieben, gedruckt oder gethan werde, feierlich ablehnte, so mag doch die Kunde von Verhandlungen über jenen zuerst von dem Legaten Aleander ausgegangenen Vorschlag, die er durch seinen Beisitzer beim Reichsregiment, Hans v. Planitz, erhielt, dazu beigetragen haben, ihn von einem öffentlichen Bekenntniß der neuen Lehre zurückzuhalten, zumal gerade damals die feindselige Gesinnung des Kaisers gegen ihn in der Zerstörung des Reichsregiments, in der Aufkündigung des Verlöbnisses der Infantin mit seinem Neffen offen hervortrat. Tief gekränkt starb F., nachdem er noch auf dem Todtenbette das Abendmahl unter beiderlei Gestalt genommen, zu Lochau am 5. Mai 1525, während der Bauernkrieg tobte, derjenige unter den Fürsten, auf den die Bauern vorzugsweise ihr Vertrauen gesetzt hatten. Sein Grab befindet sich in der Schloßkirche zu Wittenberg. F. war nie vermählt, nur von Anna Weller hinterließ er zwei natürliche Söhne und eine Tochter. – Dank dem auf der Stiftsschule zu Grimma und bei seinem Lehrer, Mag. Kemmerlein, genossenen Unterricht besaß F. wissenschaftliche Bildung; er verstand Latein, sprach es aber ungern. Seine Lieblingsschöpfung, die in Ausführung eines schon früher gefaßten Beschlusses 1502 gegründete Universität Wittenberg, wurde durch ihn neben Erfurt die Pflegstätte der classischen Studien. Durch Mutianus Rufus Vermittlung erwarb er in Venedig eine ansehnliche Bibliothek griechischer Bücher, für deren Vermehrung er unermüdlich thätig war. Besonderes Interesse widmete er der vaterländischen Geschichte, für die er unter Spalatin’s Beihülfe Sammlungen anlegte, und die er zuerst von demselben bearbeiten ließ.


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