diesen Blick hatte Mutter aber sowas von drauf, es war sehr schwer dann wegzugehen. Bevor sie ins Pflegeheim kam war ich zwei Jahre fast täglich mehrere Stunden bei ihr, habe sie geduscht, ihr die Rosette gesäubert, Suppe gekocht, zartes Fleisch gebraten, Salat gemacht, ihre Fernsehsendungen geschaut, jeden Abend bis sie zu Bett ging, ich hatte halt auch mehr Zeit als die anderen Geschwister. Sie hatte eine ziemlich agressive Art manchmal in ihrer Demenz, wollte nie das Geringste einsehen, alles war normal. alles war gut, und ich habe dann die zerlaufene Butter vom Boden aufgewischt die sie auf der warmen Heizung abgelegt hatte und ähnliche Dinge, auch im Kleiderschrank fand ich Butter. So gut wie es ihr im Pflegeheim geht hätte es zu Hause niemals gehen können, das mußte ich leider einsehen und beruhige somit auch mein sehr schlechtes Gewissen das ich hatte mich noch mehr um sie kümmern zu sollen, wir hatten eine lange gemeinsame Zeit. Einer der letzten Momente war es, sie war schon völlig desorientiert aber kannte mich noch und konnte hinter mir herlaufen, wir stiegen in einem Marsch auf einen etwa zwei Kilometer entfernten Hügel hoch, den Nussberg in Niederwalluf. Von dort hat man eine Aussicht auf das ganze Rheinmaingebiet. Der Raps blühte gerade, sie hob unterwegs Stöckchen auf die sie mir voller Stolz zeigte und sagte immer wieder, ich weis nicht wo ich bin, aber ich laufe dir hinterher. Wir kamen am Aussichtspunkt an, sie mußte sich kurz in die Büsche setzen zum Pipimachen, das muß sie immer, und dann satnd sie da auf dem abschüssigen Weg mit der großartigen Aussicht und es wehte ein mittlerer warmer Wind entgegen. Sie breitete die Arme aus um den Wind zu fangen und sagte »Ich fliege«......
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