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Stöbers Greif schrieb am 31.1. 2000 um 21:14:50 Uhr über

Lackschuhsohle

Eine kleine Kapelle, man nennt es Quartett. Der erste Geiger, frohgemut in einem festlichen Smoking, läßt von Zeit zu Zeit die Geige aus der Klammer gleiten, die er aus Kinn, Kragen und steifem Hemd für sein Instrument hergestellt hat, hebt den rechten Arm mit dem Bogen, klopft auf das Notenpult, streichelt mit sanfter Lackschuhsohle das Brett der Estrade, auf dem er steht, lächelt mit entblößten, schönen Inseraten-Zähnen aus schneeweißem Marmor, neigt den Kopf mit dem glatten Ebenholzhaar, das ein schmaler Strich, wie ein weißer Zwirn in der Mitte in zwei gleiche Hälften schneidet, und benimmt sich genauso, als wenn das Lokal von Gästen erfüllt wäre. Wie er so dasteht, tanna-schlank und volledel, ein Musterexemplar der Geigergattung, ein Liebling des nicht vorhandenen Publikums und besonders seiner selbst (wer hätte dafür kein Verständnis?), nimmt er sich ganz einmal- und erstmalig aus, und mir ist, als hätte ich noch niemals vorher einen ersten Konzertgeiger gesehen.


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