Es scheint angesichts der Verbindung zwischen jener Dame und der Dauer des Menschenlebens kein Zufall zu sein, daß man Giftschlangen nach ihr benannt hat. Ich überlasse das Wort einem Herrn Hering, der sich da auszukennen schien:
"Endlich hatte ich denn das Vergnügen den 28. Juli 1828 des Mittags eine, durch den kühnen Jäger zwar halb erschlagene, aber doch noch brauchbare, große wirklich gräßliche Giftschlange zu erhalten. Es war Trigonocephalus Lachesis, deren Biß noch weit heftiger wirkt, als der der Klapperschlange. Sie war 10 Fuß lang, wie diese Art denn hier zu Lande nie anders als von derselben Größe gesehen worden ist, indem sie wahrscheinlich nur zur Begattungszeit, oder doch nur in einem gewissen Alter sich bis in die hiesigen Waldungen verbreitet. Man hatte sie in der Nähe der Stadt erlegt, noch halb lebend gebunden und in einen Korb gethan (...)
Indem ich nun ein wenig mit dem einen Finger genau auf die Stelle drückte, wo die Giftblase liegt, trat diese sogleich aus der Oeffnung hervor, die an der Hinterseite des Zahns etwa ein bis zwei Linien über der Spitze zu bemerken ist (...)
So wie ich nun bei meiner Schlange das Drücken verstärkte, vermehrte sich das hervortretende Gift und sammelte sich an der Spitze als ein Tröpfchen. Ich hielt nun ein Papier mit einem hohlen Häufchen Milchzucker zum Empfange bereit, und fing so endlich das Tröpfchen auf (...)
Zehn solche Tropfen habe ich auf hundert Gran Milchzucker gebracht und damit sogleich verrieben eine Stunde lang. Davon aber zehn Gran wieder mit hundert, um die Verdünnung von etwa Hunderttheilen zu erhalten, jeden Gifttropfen als Graneinheit betrachtend. (...) mit dem zweiten 1/100 habe ich einige Versuche gemacht. Ich führe dieselben, so gering die Ausbeute war, doch deshlab hier an, um erstens die Wirksamkeit, des verriebenen Giftes zu beweisen; dann auch die Gefahrlosigkeit der Versuche mit Hunderttheilen darzuthun (...)
Beim Verreiben konnte ich bemerken, daß ich den Staub davon einathmete. Es entstand davon hinten am Gaumen ein ganz besonderes, fast kratzendes Gefühl. Nach einer Stunde entstand ein Halsschmerz, ein klemmender Schmerz an einer kleiner Stelle, tief innen rechts, wie auf der Steite des Schlundes, beim Schlingen nicht vermehrt; ärger bei Druck.
Nach einigen Stunden, beim Fahren im Freien, eine solche Bangigkeit, als geschähe entfernt etwas sehr Üebles, wie schwere, böße Ahnung; sie quälte mich aufs Aeußerste über eine Stunde lang.
Gegen Abend, ganz ungewöhnliche, fast wahnsinnige Eifersucht, ebenso thöricht als unbezwinglich.
Abends, größte Erschlaffung und Müdigkeit, Schläfrigkeit, ohne doch in Schlaf kommen zu können (...)"
(Aus Hering: Einges über das Schlangengift ACS 10(1831) 2,1, -22)
Die Homöopathen geben noch heute Lachesis-Präparate.
(Bei der Schilderung seines Selbstversuches musste ich, ausgelöst durch die Erwähnung der Fahrt im Freien, doch sehr an Albert Hoffmanns Fahraddtour unter Einfluß einer von ihm selbst synthetisierten Droge denken ...)
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