Es ist nun wirklich nicht so, daß sich bei uns die Schönen, Reichen und Berühmten die Klinke in die Hand geben, das wäre auch eher unangenehm, dauernd die Klinken putzen zu müssen - aber ein paar Künstler aus dem Akademieumfeld kenne ich, wundervolle Menschen, exzentrisch und doch kultiviert, exzessiv und sensibel, humorvoll und welterfahren; aber auf Kunstausstellungen gehe ich doch lieber ohne sie. Das fängt bei Tafelbildern an, wo ich nie weiß, wie lange ich da draufschauen muß, um weder als Banause noch als hypegläubiger Bildungsbürger zu gelten, Videokunst geht sowieso gar nicht, ich bin des Fernsehens so entwöhnt, schon das Hinsehen macht mich nervös, und ob Derrick einen Verbrecher fängt oder ein in grünen Knautschlack gekleideter Mittvierziger eine Stunde lang an drei Bananen isst, ist mir gleichermaßen Hekuba. Und dann diese Gespräche! Zum Glück tun sie zwar nicht sonderlich gescheit, vielleicht machen sie das, wenn ich nicht dabei bin, das Betriebsgeheimnis des goldenen Schnitts im Busen bergend, aber was so geredet wird, ist auch ziemlich anstrengend: »Guck dir diesen Schrott von XY an, genau sowas habe ich vor zwanzig Jahren auch mal gemacht, war mir aber immer zu peinlich, es auszustellen und der gibt sowas gleich in Serie... Nichts wie weiter, das ist so eine typische Tony Cragg–Kacke, der ist ja so ein Arsch, die U* hat dem in der Akademie mal eine geknallt, da war es natürlich aus mit der Meisterschülerin... An dem Teil hat Wilhelm gestern Abend noch geschraubt, er weiß ja erst seit einem Jahr, daß heute Vernissage ist...« So geht das die ganze Zeit und obwohl es oft recht amüsant ist, summt mir hinterher der Kopf, aber das kann auch von den Dämpfen der Lösungsmittel sein, wie gesagt, Wilhelm ist ja gerade gestern erst fertig geworden, obwohl er seit einem Jahr weiß, das heute Vernissage ist.
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