Kontrollverlust und Hilflosigkeit
Die Bezüge zwischen Angst und der empfundenen Kontrolle über die Situation und das
eigene Wohlbefinden sind bei Flugangst besonders offenkundig. Als Flugpassagier ist
man gezwungen, sich den Piloten und der Technik anzuvertrauen oder, wie es die meisten
Flugphobiker empfinden, regelrecht »auszuliefern«. Die Angst vor dem Fliegen kann
existentiell bedrohliche Ausmaße annehmen: die erwartete Bedrohung der körperlichen
Unversehrtheit, Todesangst, Angst vor Verletzungen und die Angst vor dem Unheimlichen.
Aus dieser Perspektive erscheint es einsichtig, warum Flugangst viel häufiger vorkommt,
als die Angst in anderen Transportmitteln. Auf dem Schiff, in Zügen oder Autobussen
vertrauen wir uns auch fremden Menschen an, welche die Situation lenken. Zum einen wird
jedoch das Ausmaß der Gefahr, wenn sie denn eintritt, als wesentlich geringer erachtet.
Zum anderen befinden sich diese Situationen auf festem Boden, oder im Fall des Schiffes
zumindest auf dem uns eher vertrauten Medium Wasser, und bieten somit die Möglichkeit,
einzugreifen. Der Fahrgast kann aussteigen, die Notbremse ziehen, ins Rettungsboot
steigen oder schwimmen, er hat im Falle eines Zwischenfalls die Möglichkeit zu aktivem,
zielgerichteten Handeln. Bei der Situation des Fliegens hingegen wird dem Menschen
buchstäblich der Boden unter den Füßen genommen.
Das Gefühl, das eigene Wohl in die Hände Fremder legen zu müssen, ohne selbst
Einfluss aus das Geschehen nehmen zu können, ist bei Flugangst ein sehr häufiger
Angstauslöser. Besonders typisch ist diese Art der Angst für Menschen, die in ihrem
eigenen (Berufs-) Leben sehr viel Handlungsspielraum haben und eine Position
innehaben, welche mit dem Tragen von Verantwortung verbunden ist. In einigen Fällen
haben flugängstliche Passagiere sogar selbst eine Privatpilotenlizenz, sehen sich aber
außerstande, sich anderen Flugzeugführern anzuvertrauen.
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