Theorie der Gesellschaft
Arslan Boyaci
Biomacht, Kontrollgesellschaft und Empire
Eine Analyse des zweiten Kapitels von Hardt/Negris »Empire« die »Biopolitische Produktion« auf den Gebrauch der Theorie-Architekturen Michel Foucaults und Gilles Deleuzes
Einleitung
1. Das Konzept des Empires
1.1 Das biopolitische Verständnis der Autoren Hardt/Negri
1.2 Zusammenfassung
2. Foucaults Biomacht
3. Deleuzes Kontrollgesellschaft
4. Biomacht, Kontrollgesellschaft und Empire
4.1 Produktionsmittel, Produktivkräfte und immaterielle Arbeit
4.2 Die Multitude, das Subjekt der Menge
4.3 Produktion von Angstzuständen
5. Die Weiterentwicklung Foucaults Biomacht
Schluss
Literaturliste
Einleitung
Mit zunehmender Komplexität unserer Gesellschaft stehen auch Gesellschaftstheoretiker vor neuen Problemen bzw. neuen Aufgaben. Angesichts der enormen Literatur, die zum Thema Globalisierung erschienen ist und noch erscheint, was gleichsam einen Trend markiert, begreifen Michael Hardt und Antonio Negri die Globalisierung als den Ort eines biopolitischen Zusammenhangs, in der sich Formen des Wiederstandes herausbilden und in der es nur noch eine Klasse gibt, die Multitude. Sie gehen nicht mehr von marxistisch-dialektischen Theorien aus, in der die Wiedersprüche neue Gesellschaftsformationen mit neuen antagonistischen Klassen hervorbringen an dessen Ende eine klassenlose Gesellschaft steht, sondern ausgehend von der Postmoderne, verbinden sie verschiedene Theorie-Architekturen miteinander und versuchen die Gesellschaft neu zudenken. Vor diesem Hintergrund behandelt meine Arbeit den zweiten Abschnitt des ersten Teils des Buches Empire, das die Überschrift »Biopolitische Produktion« trägt. In diesem Abschnitt kombinieren die Autoren die Theorie-Architekturen Michel Foucaults und Gille Deleuzes, d.h. Biomacht bzw. Biopolitik und Kontrollgesellschaft, miteinander und versuchen ihre Denkansätze weiterzuentwickeln.
Im ersten Kapitel meiner Arbeit wird dargestellt, was die Autoren unter dem Begriff Empire verstehen und wie ihr Verständnis von Biomacht, Biopolitik und Kontrollgesellschaft aussieht. Das zweite Kapitel hingegen ist dem Verständnis Foucaults und das dritte Deleuzes gewidmet. Im vierten Kapitel meiner Arbeit werden die beiden Theorien im Verhältnis zum Empire gesetzt. D.h., es wird untersucht, wie die Autoren Produktionsmittel, Produktivkräfte und immaterielle Arbeit auffassen und was das für beide Theorien bedeutet. Ferner wird meine Arbeit auf die Multitude und die Produktion von Angstzuständen eingehen. Das fünfte und letzte Kapitel schaut sich an, inwiefern die Autoren Foucaults Konzept weiterentwickelt haben.
1. Das Konzept des Empires
»Das Empire materialisiert sich unmittelbar vor unseren Augen« [1], heißt es zu Beginn des Vorworts des Buchs Empire von Michael Hardt und Antonio Negri. Bevor im folgenden Abschnitt auf das Verständnis von Biopolitik der Autoren eingegangen wird, soll kurz umrissen werden, was mit Empire gemeint wird.
Das Empire stellt eine neue Weltordnung dar. Darunter ist grundsätzlich eine Verschiebung der Souveränität, von den Nationalstaaten zu einer über den Nationalstaaten stehenden Ordnung zu verstehen. Die über den im Auflösungsprozess begriffenen Nationalstaaten stehende Ordnung meint jedoch keine Supranation. So verstanden, könnte das Empire als die Vereinigten Staaten interpretiert werden. [2] »Letztendlich muss man sagen, dass sich die Struktur des Empire von den der Nationalstaaten radikal unterscheidet.« [3]
Die Prozesse, auf denen das Empire sich gründet, beruhen auf widersprüchlichen Phänomenen. Die Kämpfe der Arbeiterklassen z.B. konnten sich nur solange behaupten, wie die Reproduktion des kapitalistischen Systems auf nationaler Ebene blieb oder, um ein anderes Beispiel Negris zu nennen, die Erschütterung des kapitalistischen Systems durch antikoloniale Kriege, den Vietnamkrieg usw., welche eine antiimperialistische Dynamik freisetzten, die den Kapitalismus in ihren Fundamenten erschütterten.
Das Empire ist als ein biopolitischer Raum zu verstehen, in der durch biopolitische Techniken hineingegriffen werden kann. Der biopolitische Raum markiert den Raum, in der Leben und Macht ein Geflecht bilden und in der sich der Widerstand in dieser Macht gegen dieser Macht bildet. Es ist die Gegenmacht zum Empire, die die Verfasser im entstehen sehen, die Multitude. [4] Hardt/Negri beschreiben »das Terrain der Kämpfe […] im Innern des Empire (…)« [5] Die Forderungen, die sie stellen, müssen diesem neuen Terrain entsprechen. Negri formuliert drei Forderungen grundlegender Natur. Erstens: auf der Basis der aktuellen ökonomischen Globalisierung, ist die Notwendigkeit geboten, auch eine Globalisierung der Weltbürgerrechte [6] zu fordern. Durch die im Auflösungsprozess begriffenen Nationalstaaten, wie z.B. die Territorialstaaten Europas, meint diese Forderung das Recht eines jeden Individuums dort hin zu gehen wo es will und dort zu Wählen wo es lebt und arbeitet. »Man muss daher anfangen, ‚Bürgerrechte' im Sinne einer Weltbürgerschaft zu denken.« [7] Zweitens: die Forderung nach einem sozialen Lohn. Dies meint vor allem die gerechte Verteilung des Reichtums auf die Weltbürger durch die Etablierung eines Systems zur Verteilung des Reichtums, um die Reproduktion des Lebens zu gewährleisten. Denn was auf dem Spiel steht, ist das Leben und der Lohn ist das Leben selbst. »Das bedeutet […], dass alle Zugang zur Gesundheitsversorgung, zum Wissen und zum materiellen Wohlbefinden haben.« [8] Durch das garantierte Weltbürgereinkommen wird auch den sozialen Missständen, die sich in der Wohlfahrtspolitik und der Armengesetzgebung ausdrücken, ein Ende bereitet. Und drittens: die Forderung des Rechts der Wiederaneignung, d.h. die Anerkennung, dass die Produktion der Multitude, der Menge, gehört. Denn wenn das Leben der Lohn und der Antrieb der Produktion ist, dann impliziert das für die Multitude die Wiederaneignung des Lebens selbst. Das bedeutet im wesentlichen den Zugang zum Wissen für alle. [9] Indem das Wissen für alle frei zu gängig ist, trägt es die Möglichkeit in sich die Monopolisierung der Produktion ein Ende zu setzen.
Im folgenden Abschnitt, wird auf das Verständnis der Autoren über die Biopolitik eingegangen.
1.1 Das biopolitische Verständnis der Autoren Hardt/Negri
Mit der Konstitution des Empires geht auch eine Veränderung des Rechtsverständnisses einher, das auf die sich im Ändern begriffenen materiellen Bedingungen hinweist. Die neue Herrschaftsform ließe sich am besten begreifen, wenn die Untersuchung des Herrschaftsparadigmas von den neuen materiellen Bedingungen ausgehen würde. Unter den sich verändernden materiellen Bedingungen verstehen sie in erster Linie die sich verändernden Produktionsmittel und Produktivkräfte. Mit der theoretischen Konzeption der Biomacht von Michel Foucault und Gilles Deleuzes Kontrollgesellschaft, auf die im nächsten Kapitel eingehend eingegangen wird, versuchen sie die neue Herrschaftsform zu analysieren. [10] Zwei Aspekte des Empires lassen sich mit beiden Theorie-Architekturen beschreiben. Zum einen die Verschiebung des Subjekts auf die Multitude, die Menge. Die Multitude ist das Ensemble der Subjekte, sie ist eine Klasse, jedoch nicht verstanden als eine homogene Klasse, wie sie Marx verstanden hatte [11], sondern als eine nicht homogene Klasse, die »die Gesamtheit der schöpferischen Potenzen der Arbeit umfasst.« [12] Hardt/Negri glauben, dass die Menge als Subjekt den Platz der Klassenkämpfe einnimmt, so dass ein neues Niveau des Klassenkampfes erreicht wird. D.h., nicht mehr das Proletariat gegen die Bourgeoisie, sondern die Multitude gegen das neue Herrschaftsparadigma. Und zum anderen ist dies das Ergebnis des neuen Machtparadigmas.
Die Verfasser begreifen die Disziplinargesellschaft als ein Herrschaftssystem, das auf ein Netzwerk von Dispositiven und Apparaten beruht, »das Verhaltensweisen, Gewohnheiten wie auch produktive Tätigkeiten hervorbringt und reguliert.« [13] Die Regeln der Ein- und Ausschließungssysteme bedürfen, um zu funktionieren, Institutionen und Techniken der Disziplinierung, wie Gefängnisse, Fabriken, usw. Der Disziplinarmacht kommt die Aufgabe zu, das gesellschaftliche Handeln zu regeln, zu organisieren und diejenigen zu sanktionieren bzw. zu disziplinieren, deren Verhalten von der Norm abweichen.
Unter Kontrollgesellschaft wiederum verstehen Hardt/Negri eine Gesellschaftsformation, die der Postmoderne eigen ist, deren Herrschaftsmechanismen demokratisiert sind. Damit meinen die Verfasser eine nach demokratischen Grundsätze legitimierte Herrschaft. Herrschaft ist nicht mehr auf eine Person zentriert, sondern auf viele verteilt [14], die aber als Kontrollsysteme verstanden werden müssen. Durch die Technologisierung der Gesellschaft, findet Kontrolle über maschinische Systeme statt, die auf die Menschen wirken, regeln und organisieren. Mit dieser neu Organisierung des Körpers geht eine autonome Entfremdung des Individuums einher. Autonome Entfremdung meint die Isolierung des Einzelnen von seiner natürlichen Umwelt. D.h., dass z.B. soziale Kontakte weniger in öffentlichen Einrichtungen stattfinden, als in Chat-Rooms im Internet oder, um ein anderes Beispiel zu nennen, die Arbeit gemütlich, wie es in vielen Zeitungsinseraten heißt, von zu Hause verrichtet werden kann. Anders als in der Disziplinargesellschaft, welche auf der Basis von Internierungen funktionierte und Orte der Disziplinierung geschaffen wurden, funktioniert die Kontrollgesellschaft nicht mehr auf der Basis von Internierungen, »sondern durch unablässige Kontrolle und unmittelbare Kommunikation.« [15]
Biomacht und Kontrolle sind die beiden Pole des neuen Machtparadigmas, die ineinander verflochten sind. »Biomacht ist eine Form, die das soziale Leben von innen heraus Regeln unterwirft, […], und […] neu artikuliert« [16], heißt es bei Hardt/Negri. Sie verstehen unter Biopolitik ein Geflecht von Macht und Leben, d.h. eine Macht, die sich ins Leben einschreibt. Es handelt sich um eine Macht, die das Leben organisiert und verwaltet, »die Subjekte zueinander in Beziehung setzt« [17], sie jedoch unter ihrer Kontrolle hält. Die Biomacht verwaltet die Produktion und die Reproduktion des Lebens und gerade das steht für die Biomacht auf dem Spiel.
In der Kontrollgesellschaft durchdringen die Techniken der Biomacht die ganze Gesellschaft, während in der Disziplinargesellschaft die Techniken der Biomacht die Gesellschaft nicht in ihrer Totalität erfasst werden konnten. Bewusstsein und Körper wurden insofern noch nicht vollständig von der Biomacht durchdrungen, als dass sie die Individuen in all ihrem Handeln organisieren und begegnen konnten. Als Beispiel möge an dieser Stelle die Gesundheitsfürsorge als Technik der Biomacht genügen, das zeigt, dass die Machtpraktiken die ganze Gesellschaft durchdringen. Das Paradox dieser Macht besteht jedoch darin, dass sie einerseits jeden Moment des gesellschaftlichen Lebens subsummiert und so die Fähigkeit verliert, zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Kräften zu vermitteln und andererseits dadurch »ein neues Milieu mit einem Maximum an Pluralität und der Unbezwingbarkeit der Singularitäten - ein Milieu des Ereignisses« [18] eröffnet. Indem diese Pluralität geschaffen wird, schafft die Macht unter sich das subversive Potential der Multitude gegen sich.
Der Mehrwert wird zunehmend nicht mehr in der Fabrik produziert, sondern durch immaterielle Arbeit. Durch die Analyse der immateriellen Arbeit könne das Verhältnis zwischen der materiellen Produktion und der gesellschaftlichen Reproduktion begriffen werden. Aufbauend auf die verschiedenen Ansätze, die den biopolitischen Kontext beschreiben, versuchen sie den neuen biopolitischen Körper zu analysieren. Der neue biopolitische Körper drückt sich in der Anerkennung der transformierten Produktivkräfte aus. In ihm findet die Reproduktion und Produktion des Lebens statt. Indem die Analyse sich nicht auf den Überbau beschränkt, wie es Marx tat, ist der neue Körper Basis und Überbau, weil in ihm das Leben produziert und reproduziert wird und den Raum des Politischen eröffnet. Die »Untersuchung muss in den Dschungel gehen, wo die Gesetze der Produktion und des Konflikts herrschen« [19], die der neue biopolitische Körper bietet. Die neuen imperialen Institutionen üben die Funktion der Ausbildung ihres administrativen Personals aus. Die transnationalen Konzerne stellen die notwendige Verbindungen in der biopolitischen Welt her. Sie organisieren und strukturieren Territorien und Bevölkerungen.
Kommunikation nimmt einen zentralen Faktor in der Produktion ein, die das gesamte biopolitischen Feld umfasst. Der Ausbau der Kommunikationsindustrie ist daher ein wichtiger Moment für die Produktion. Indem Macht organisiert, produziert sie auch Sprache und indem Sprache produziert wird, trägt sie auch die Möglichkeit in sich, Ware zu produzieren. Dadurch erhält Kommunikation einen funktionalistischen Charakter innerhalb des biopolitischen Geflechts. Während bei Marx noch die materiellen Bedingungen das Leben bestimmten, ist es heute die Kommunikation zwischen den ausgebildeten Netzwerken, die das Leben organisieren und letztendlich Ausdruck der Globalisierung sind. Die globale Vernetzung der Produzenten ist die Folge des Ausbaus der neuen Technologien. Die neue Macht legitimiert sich jedoch nicht nur in der Kommunikation, sondern zeichnet sich gerade dadurch aus, inwieweit sie effektiv in der Anwendung von Gewalt ist. Ihre Instrumente zeichnen sich durch die Grenzenlosigkeit des Einsatzgebietes in der biopolitischen Struktur der Gesellschaft aus. Die Eingriffe der neuen Macht drücken die Autoren mit dem Begriff der Intervention [20] aus. Diese »Interventionen […], sind Maßnahmen einer herrschenden Ordnung der Produktion und Kommunikation innerhalb einer vereinheitlichten Welt.« [21] Die neuen Interventionsformen können z.B. in Form von psychischer Gewalt auftreten. "Am besten zu verstehen sind die Interventionsmöglichkeiten des Empire, wenn man nicht vom tödlichen Waffeneinsatz ausgeht, sondern vom Einsatz moralischer Mittel. [22] Hierbei nehmen die Nichtregierungsorganisationen, die NGOs, die wichtigste Rolle ein. Weil sie keiner Regierung unterstehen, können sie nach moralischen und ethischen Prinzipien handeln. Sie stellen sich eine friedliche Ordnung in der biopolitischen Struktur der Gesellschaft vor, scheinen jedoch nicht darüber im klaren zu sein, welche Auswirkungen ihre moralischen Interventionen haben. Vielmehr bereiten die moralischen Interventionen militärische Aktionen vor. Wobei die militärischen Interventionen als Polizeiaktionen gebilligt werden. Auf der anderen Seite brauchen diese Militäreinsätze nicht mehr auf die Entscheidungen innerhalb der internationalen Ordnung zu warten. Die USA sollen hier exemplarisch für solche Einsätze stehen, die nach den ersten militärischen Einsätzen nach Verbündeten in der internationalen Ordnung suchen. Den Verbündeten kommt dabei die Aufgabe zu, nachdem die Präventionsmaßnahmen durchgeführt worden sind, Repressionsmaßnahmen zu übernehmen. Doch nicht nur Anhand diesen Maßnahmen lassen sich die biopolitische Dimensionen im Empire zeigen, sondern auch durch die Aufrechterhaltung von Angstzuständen in der Bevölkerung, um sie unter Kontrolle zu halten. Als Beispiel werden Mafia o.ä. Vereinigungen genannt. Indem sie kriminalisiert werden, wird die Bevölkerung in einem permanenten Angstzustand gehalten, welches die Kontrolle über sie erleichtern soll. [23] Im folgenden Abschnitt sollen noch mal die wesentlichen Punkte kurz zusammengefasst werden.
1.2 Zusammenfassung
Mit den neuen materiellen Bedingungen geht auch eine Veränderung der Herrschaftsausübung einher. Diese neue Herrschaftsausübung macht sich die biopolitischen Taktiken zu nutze, um dadurch eine Gesellschaft der Kontrolle zu schaffen. Daher sind Foucaults und Deleuzes Konzeptionen der Biomacht und der Kontrollgesellschaft zentral für die Analyse der neuen Herrschaftsform. Während die Disziplinargesellschaft, wie sie Foucault beschrieb, auf der Basis von Internierungen funktionierte, basiert die Kontrollgesellschaft auf permanenter Kontrolle. Die Biomacht, welche sich in den Mechanismen der Kontrolle ausdrückt, unterwirft die Individuen neuen Regeln und ist als ein Geflecht von Macht und Leben zu verstehen, welches die Individuen als Subjekte untereinander in Beziehung setzt und kontrolliert. Durch die Biomacht wird Reproduktion und Produktion des Lebens möglich und durchdringt die ganze Gesellschaft. Bewusstsein und Körper werden von der Biomacht in der Kontrollgesellschaft durchdrungen. D.h., dass die Macht die Gesellschaft in ihrer Totalität durchdringt.
Die Analyse der immateriellen Arbeit würde das Verhältnis zwischen der materiellen Produktion und der gesellschaftlichen Reproduktion zeigen. Die immaterielle Arbeit drückt sich in der Transformation der Produktivkräfte aus, welches der neue biopolitische Körper anerkennt. Basis und Überbau sind eins, weil in ihm das Leben produziert und reproduziert wird. Die transnationalen Konzerne tragen die Funktion mit sich, die notwendige Verbindungen in der biopolitischen Welt herzustellen. Im biopolitischen Feld nimmt daher Kommunikation einen immer größeren Faktor ein und ist somit ein wichtiger Faktor in der Produktion. Doch Kommunikation ist nur ein Ausdruck der neuen Macht. Sie legitimiert sich auch in ihrer Effektivität der Ausübung von Gewalt. Ihre Instrumente der Ausübung zeichnen sich vor allem durch die Grenzenlosigkeit in der biopolitischen Gesellschaft aus. Was heißen nun Biomacht bei Foucault und Kontrollgesellschaft bei Deleuze und wie stehen sie im Zusammenhang zum Empire? Im folgenden Kapitel meiner Arbeit soll diese Frage beantwortet werden.
2. Foucaults Biomacht
Bevor Foucault Biopolitik als Konzept verschiedener Strategien das Leben zu lenken, konstruierte, war der Begriff bereits im nationalsozialistischen Vokabular vorhanden. [24] Gerade unter diesem Vorzeichen zeigt Foucault die »biologische Modernitätsschwelle einer Gesellschaft« [25], in der durch politische Strategien die Existenz einer Gattung selber auf dem Spiel steht. In Foucaults Biopolitik wird deutlich, dass er einer neuen Forschungsrichtung folgt, die der Gouvernementalität [26]. Mit dem Begriff der Gouvernementalität werden die politischen Techniken der Regierung und die persönlichen Techniken der Selbstführung bezeichnet. Im ersten Band von »Sexualität und Wahrheit«, der den Titel »Der Wille zum Wissen« trägt, breitet Foucault im letzten Kapitel das Konzept der Biomacht und der Biopolitik aus. Anders als im alten römischen Recht, das dem Familienvater das Recht gab, über das Leben seiner Kinder zu entscheiden wie über das seiner Sklaven, sieht Foucault im klassischen Zeitalter eine Veränderung dieses Rechts. »Als Recht des Souveräns gegenüber seinen Untertanen darf es nicht mehr absolut und bedingungslos ausgeübt werden« [27], es sei denn, der Souverän fühlt sich von äußeren Feinden bedroht. Dann hat er das Recht seine Untertanen, um sich zu schützen, in den Krieg zu schicken. Das Recht über Leben und Tod ist in diesem Fall ein indirektes. Wird der Souverän jedoch von inneren Feinden bedroht, verfügt er direkt über Leben und Tod. Das Recht über Leben und Tod hängt demzufolge von der Verteidigung des Staates bzw. des Souveräns ab. Der Souverän entscheidet über Leben und spielt sein Recht über den Tod aus. Diese Verschiebung formuliert Foucault in der Formel »sterben zu machen und leben zu lassen. […] [Es handelt sich um eine Macht, die] als Abschöpfungsinstanz, als Ausbeutungsmechanismus, als Recht auf Aneignung von Reichtümern, […]« [28] funktioniert. Dieses Recht durchläuft im 17. Jh. eine Transformation. Es geht nicht mehr darum, zu entscheiden, wer Leben darf, sondern um die Sicherung des Lebens selbst.
Foucault beschreibt zwei Entwicklungslinien der Macht zum Leben, die als ineinander verwoben verstanden werden müssen. Der eine Pol markiert die Gruppierung von Apparaten um den Körper. Es sind Apparate der Disziplinierung, der Überwachung kurz, Einschließungssysteme, um seine Effizienz zu steigern, ökonomische Kontrollsysteme, wie Foucault sie auch bezeichnet. Der andere Pol, der keine disziplinierende Macht darstellt, markiert den Gattungskörper. Die Fortpflanzung, die Lebensdauer, die Geburtenrate, usw. werden reguliert und kontrolliert. Es handelt sich um eine Macht, die sich konkret ins Leben einschreibt. Foucault bezeichnet dies als Biopolitik der Bevölkerung. Als Biomacht bezeichnet er die Techniken »zur Unterwerfung der Körper und zur Kontrolle der Bevölkerung (…)« [29] Das Recht verschiebt sich dahingehend, das Leben zu verwalten, zu organisieren und zu bewirtschaften. Der Krieg dient nicht mehr dazu, den Souverän zu schützen, sondern der Sicherung der Existenz einer Bevölkerung. Ein anderes Beispiel Foucaults zeigt, wie die Sicherung des Lebens sich auch in der Todesstrafe ausdrückt. Eine Macht, die der Sicherung des Lebens dient, scheint zunächst im Widerspruch zur Todesstrafe zu stehen. Die Todesstrafe konnte nur dadurch legitimiert werden, dass das Verbrechen pervertiert und der zu bestrafende als Gefahr für die Gesellschaft dargestellt wurde. [30] Indem das Verbrechen in seiner Perversion dargestellt wird, muss die Strafe diesem Verbrechen entsprechen. »Rechtens tötet man diejenigen, die für die anderen eine Art biologische Gefahr darstellen. […] das alte Recht, […] wurde abgelöst von einer Macht, leben zu machen oder in den Tod zu stoßen.« [31] Aber wie kommt es, dass eine Macht tötet, die sich der Sicherung des Lebens verschrieben hat, fragt Foucault, eine Macht, die das Leben aufwerten, vermehren, usw. soll, wie kann also eine Macht den Tod von seine Bürgern fordern und nicht nur den seiner Feinde, sondern auch den seiner Untertanen. Hier kommt die politische Funktion des Rassismus ins Spiel, der mit dem Einzug der Biomacht in das politische System, sich in die Mechanismen der Macht einschreibt. [32] »Was ist der Rassismus letztendlich? Zunächst ein Mittel, um in diesem Bereich des Lebens, den die Macht in Beschlag genommen hat, eine Zäsur einzuführen: die Zäsur zwischen dem was leben, und dem was sterben muss.« [33] Foucault zeigt, dass die Biologisierung des Lebens nicht erst mit der Erforschung der Gentechnik beginnt, sondern ein historischer Prozess war, der im 18. Jh. anzusiedeln ist. Es ist der Beginn des Eintritts des Lebens in die Geschichte, der mit dem Tod aufhört. Foucaults Konzept der Biomacht bezieht sich auf die Strategien, die Zugriff auf das Leben nehmen. Diese Strategien hören mit dem Tod des Individuums auf, wirksam zu sein, da dieser die Grenze der Biomacht markierte. Angesicht der medizinischen Entwicklung weist Thomas Lemke darauf hin, dass das Verhältnis von Leben und Tod neu bewertet werden müsse. »Der Tod, […], ist heute organischer Bestandteil der Biomacht.« [34] Die biopolitischen Strategien zielen auf die Verwertbarkeit organischer Substanzen hin. Neue Institutionen bilden sich heraus, die sich auf die Verarbeitung der Körperteile, auf die Erforschung der Zellen, usw. spezialisieren. Der Tod trägt fortan die Möglichkeit in sich, das Leben eines anderen Individuums zu verlängern. Diese Entwicklung führt jedoch zu neuen Konflikten. Es sind Konflikte der Verteilung, des Datenschutzes, die wiederum zu neuen Formen der Ausbeutung und der Herrschaft führen können. [35]
3. Deleuzes Kontrollgesellschaft
Um zu verstehen, worauf die Biomacht im Empire basiert, soll im Folgenden kurz umrissen werden, was Deleuze mit Kontrollgesellschaft meint. Deleuze beschreibt dieses neue Milieu der Einschließung im »Postscriptum über die Kontrollgesellschaft«, und ist als die Weiterführung Foucaults Disziplinargesellschaft zu begreifen. Das 20. Jh., so seine Annahme, habe die Einschließungssysteme organisiert. Auf dem Weg zur vollwertigen Produktivkraft wechselt das Individuum von einem geschlossenem Milieu zum nächsten und muss sich in jedem dieser Milieus Prüfungen unterziehen, um in das nächste zu gelangen: »zuerst die Familie, dann die Schule […], dann die Kaserne […], dann die Fabrik« [36], wie Deleuze es beschreibt. Die Übergänge vollziehen sich zunächst nur Schrittweise und nach dem zweiten Weltkrieg habe sich die Entwicklung rasanter vollzogen. Die alten Einschließungsmilieus, so Deleuze, befinden sich in einer Krise. Während die Minister von Reformen, wie Schulreform, Industriereform, Gefängnisreform, usw. sprechen, formieren sich bereits die neuen Kräfte, die die alten ablösen. Permanente Leistungskontrollen, an deren Anschluss Prüfungen folgen, sollen das Individuum für die sich im ändern begriffenen Arbeitswelt vorbereiten. Die sich ändernde Arbeitswelt meint hier, die Einführung neuer Berufszweige, wie der IT-Branche. Das wiederum erfordert neue Leistungskontrollen und neue Prüfungen, die jedoch nur funktionieren können, wenn sie an das Machtparadigma gekoppelt sind. Diese Kontrollen und Prüfungen tragen jedoch auch eine selektierende Funktion in sich.
Die Kontrollgesellschaft ersetzt die Disziplinargesellschaft. Während der Anschein geweckt wird, dass z.B. der Austausch des Krankenhauses als geschlossenes Milieu durch eine Tagesklinik Freiheiten markieren würde, handelt es sich in Wirklichkeit um neue Kontrollmechanismen. In der Disziplinargesellschaft wurden die Individuen beispielsweise in der Fabrik in einem Raum konzentriert. Die Arbeitsteilung war effizienter als die Heimarbeit. An die Stelle der Fabrik tritt in der Kontrollgesellschaft das Unternehmen. Das Unternehmen zeichnet sich dadurch aus, dass es seinen Arbeitern Titel verleiht und dadurch eine Hierarchisierung schafft. Diese Titel sind jedoch für jeden zugänglich, sei es durch Ausschreibungen oder sei es durch Leistungen, welche durch regelmäßige Kontrolle überwacht werden. [37] Dadurch wird der Arbeiter angehalten, sich mehr anzustrengen. Zusätzliche Prämien für vollbrachte Leistungen dienen der Effizienzsteigerung innerhalb einer rivalisierenden Arbeiterschaft. Deleuze bezeichnet dies auch als Lohn nach verdienst. Selbst die staatlichen Einrichtungen bemächtigten sich diesen Verfahrens. In der Schule sind es die Leistungskontrollen durch Prüfungen. Durch die permanente Leistungskontrolle in allen Bereichen wird das Individuum auch nie etwas beenden können. Und so wird der Mensch der Zukunft in einer Gesellschaft aufwachsen, in der Kontrolle, Bewusstsein und Körper vollständig durchdrungen und der Mensch das als »normal« ansehen wird. [38]
4. Biomacht, Kontrollgesellschaft und Empire
In diesem Kapitel meiner Arbeit, wird es darum gehen die beiden dargestellten Theoriegebäude in ein Verhältnis zum Empire zu setzen.
4.1 Produktionsmittel, Produktivkraft und immaterielle Arbeit
Wenn die Autoren von sich verändernden Produktionsmitteln und Produktivkräften schreiben, so meint das jene Veränderungen, die das Machtparadigma mit der Biomacht herbeiführt. Sie sind als Strategien der neuen Herrschaftsform zu verstehen, die Bewusstsein und Körper durchdringen. Die Transformation der Produktivkräfte vollzieht sich jedoch nicht durch Disziplinierungsmaßnahmen wie sie Foucault in seiner Studie über die Gefängnisse untersuchte [39], vielmehr vollzieht sie sich in neuen Einschließungssystemen, die durch permanente Kontrolle funktionieren. Anders gewendet, durch den Ausbau der Kontrollsysteme, wie Schule, Ausbildung, Universität, etc. entstehen neue geschlossene Milieus, neue Einschließungssysteme, die als vom neuen Machtparadigma gelenkte zu begreifen sind. Während Foucault die Disziplinargesellschaft ins 18. und 19. Jh. zuordnete, gehen Hardt/Negri von der Annahme aus, dass wir den Übergang von der Disziplinargesellschaft zur Kontrollgesellschaft vollzogen haben und lehnen sich an Deleuzes Konzept der Kontrollgesellschaft an. [40]
Einen wichtigen Punkt von Hardt und Negri bei der Analyse der transformierten Produktivkraft ist die immaterielle-, intellektuelle- und kommunikative Arbeit. Es ist nicht mehr der Fabrikarbeiter, der seine Arbeitskraft verkaufen muss und den Mehrwert produziert, sondern der immaterielle Arbeiter, der sein Wissen verkauft. [41] In der IT-Branche werden die immateriellen Arbeiter zur Entwicklung von Computersoftware benötigt, das zur Informatisierung der Produktion führt und folglich zur Veränderung der Produktionsmittel. Negri weist jedoch darauf hin, dass die Informatisierung der Produktion notwendig durch die Zerstreuung der Produktion bestimmt wurde und hebt sich damit von Foucaults gebündelter Zentralisation der Produktivkraft ab [42]. »Und so wird der Charakter dieser Disziplinarmacht sichtbar: es geht ihr […], um Zwangsbindung an den Produktionsapparat.« [43] Von Foucault ausgehend, der die Analyse der Macht von der juridischen löst, d.h. von der Analyse der politischen Institutionen und eine neue »Analytik der Macht« vorschlägt, um die produktive Dimension einer Macht zu ergründen, untersuchen Hardt/Negri eben diese produktive Dimension der Macht, die zur gesellschaftlichen Konstitution führt. Sie wollen ergründen wie das Verhältnis zwischen immaterieller Arbeit und gesellschaftlicher Reproduktion aussieht. Demnach müsste die Biomacht, die Bewusstsein und Körper durchdringt, auch die Produktion durchdringen. In unserer informatisierten Gesellschaft, schafft sie das jedoch nur, wenn die biopolitischen Strategien, sich die neuen Technologien aneignen. Nur so ist zu verstehen, warum Sprache und Kommunikation bei Hardt/Negri einen so hohen Stellenwert besitzen und eben das zur gesellschaftlichen Reproduktion führt. [44]
4.2 Die Multitude, das Subjekt der Menge
Foucaults Arbeiten widmeten sich stets der Frage der Subjektkonstitution. Er untersuchte jene Praktiken der Macht, die die Menschen zu Subjekten konstituieren. In »Überwachen und Strafen« zeichnet Foucault jene Objektivierungsstrategien nach, die aus den Individuen Rechtssubjekte machen, die gleichsam eine Formierung des Wissens konstituieren. Es ist der Ort des Gefängnisses, der »zugleich Ort der Beobachtung der bestraften Individuen« [45] ist. Es ist der Ort, wo sich ein Wissen über die Rechtssubjekte formiert, das zur Disziplinierung der Individuen dient. Die »Objektivierung des produktiven Subjekts« beispielsweise, führte zum Subjekt der Arbeit. Die Konstitution des Subjekts ist jedoch von den Machtverhältnissen abhängig, in der es steht. »Denn […] das menschliche Subjekt […] steht […] auch in sehr komplexen Machtverhältnissen.« [46] Machtverhältnisse bezeichnen Handlungsweisen, die sich in Beziehungssysteme einschreiben, die stets das Subjekt des Handelns konstituieren und dadurch ein ganzes Feld von möglichen Handlungsweisen ermöglichen. Die Anreizung zum Handeln ist, Foucault zufolge, ohne die Machtverhältnisse nicht möglich. So verstanden ist die Machtausübung ein Ensemble von Handlungen, die auf andere mögliche Handlungen verweisen. Das von Foucault beschriebene Machtverhältnis bildet keine über der Gesellschaft stehende Struktur, sondern ist ein in ihr inhärentes Verhältnis, das erst das Feld des möglichen Handelns ermöglicht, um so das gegenseitige Handeln zu beeinflussen. [47]
Dieser Exkurs war notwendig, um zu verdeutlichen, dass es in der von Hardt/Negri beschriebenen »Neuen Weltordnung« Objektivierungsstrategien geben muss, damit sich so etwas wie ein Subjekt der Menge konstituiert, vor allem wenn die Autoren davon ausgehen, dass die Menge bzw. die Multitude gleichzeitig der Widerstand gegen das Empire sein soll. Die von mir beschriebenen Konzeptionen der Biomacht und der Kontrollgesellschaft sollen an dieser Stelle gebündelt zeigen, wie diese Objektivierungsstrategien im Empire aussehen. Es stellt sich also die Frage wie das Subjekt im Empire konstituiert wird. In dem von mir bearbeiteten Abschnitt des Buches, wird auf diese Frage nicht explizit geantwortet. Wenn, wie weiter oben dargestellt, alle Individuen sich in Machtverhältnissen befinden, so konstituiert sich das Individuum erst in diesem Verhältnis zum Subjekt. In 4.1 wurde bereits die Transformation der Produktivkräfte in Bezug zur immateriellen Arbeit dargestellt. Jetzt können wir sagen, dass sich durch die Verwandlung der materiellen Arbeit zur immateriellen Arbeit und damit verbunden die Transformation der Produktivkräfte, eine der möglichen Strategien ist, um ein Subjekt der Arbeit zu konstituieren, die, wohlgemerkt, das Ergebnis des Machtparadigmas ist. [48] In diesem Machtverhältnis spielt die Kommunikation eine Wichtige Rolle. Wenn also das Machtverhältnis die Individuen zum möglichen Handeln anreizt und das Feld der möglichen Interaktionen erst eröffnet, so ist Kommunikation deren Voraussetzung. In Bezug zum Empire bedeutet das, dass Kommunikation die Menschen strukturiert und organisiert. Während jedoch Foucault noch davon ausging, dass Biopolitik eine von der Gouvernementalität beanspruchte Strategie ist, die gleichsam von der politischen Regierung ausgeht und sich des Staats in seiner Totalität bemächtigt, nehmen im Empire die transnationalen Konzerne deren Platz ein. Sie strukturieren und organisieren Bevölkerungen in einer globalisierten Welt. Um aber die Kommunikation in der globalisierten Welt zu ermöglichen, bedarf es neue Technologien, die eine Vernetzung ermöglichen, sowohl zwischen den Subjekten, zwischen den Konzernen und den Subjekten, zwischen den im Auflösen begriffenen Staaten und den Konzernen sowie zwischen den Staaten und den Subjekten, als auch zwischen den Staaten selbst. Deswegen wird von den Autoren der Kommunikationsindustrie eine zentrale Funktion im Empire zugeordnet, da erst diese eine Vernetzung im biopolitischen Zusammenhang ermöglichen. Andererseits führt der Ausbau der Kommunikation zu verbesserten Kontrollmechanismen. Abhören der Telefonate, abfangen von Emails, Spionage, etc, seien hier als Beispiele genannt. Durch die Vernetzung der Subjekte untereinander, trägt es nun die Möglichkeit in sich so etwas wie die Menge als Subjekt herauszubilden.
4.3 Produktion von Angstzuständen
Um jedoch der Vernetzung der Subjekte entgegenzuwirken, die den Widerstand gegen das Empire markieren, bemächtigt sich das neue Machtparadigma Strategien, die die Individuen in Angstzuständen halten. Wenn Foucault von der »Bio-Politik der Bevölkerung« und den im 18. Jh. beginnenden demographischen Erhebungen spricht, die dazu dienen die Bevölkerung zu regulieren und zu kontrollieren [49], so meint das auch die Erhebung kriminalistischer Statistiken.
Überwachen, beobachten, Wissensformierung, stellen jene Momente einer Strategie dar, die sich auf den ganzen Gesellschaftskörper ausbreiten.
Es ist der Gedanke eines gesellschaftlichen Panopticums, welches durch in der Gesellschaft verteilte Kontrollpunkte das Individuum zu kontrollieren vermag. Aber es stellt auch jene Strategie dar, die aus jeden Individuum einen potentiellen Kriminellen macht, den es zu überwachen gilt; jene Strategie, das ein kriminelles Subjekt, das Anormale konstruiert; jene Strategie also, die durch die Konstruierung des Anormalen das Normale konstruiert und so eine Normalisierungsgesellschaft schafft. [50] Der Effekt solch einer Strategie ist zugleich die gegenseitige Beobachtung und Überwachung der Individuen, indem jeder Körper selbst ein Panopticum [51] darstellt. Was bedeutet das für das Empire? »(…); es geht darum, ihre Geschäfte zu kriminalisieren [die des konstruierten Kriminellen] und angesichts ihrer bloßen Existenz die Gesellschaft in Alarmzustand zu versetzen, um Kontrolle zu erleichtern« [52], heißt es bei Hardt/Negri. D.h., dass es sich um eine Art negative Objektivierung handelt, die als Präventionsmaßnahme und zur Rechtfertigung eines Eingriffes in und außerhalb des Gesellschaftskörpers dient. Objektivierungsstrategien äußern sich in den konkreten Machtpraktiken aus, die zwar zur Konstituierung eines Subjektes führen, aber mit negativ meine ich vor allem die Verhinderung der Konstituierung einer Menge als Subjekt, einer Multitude.
Im folgenden Kapitel wird es darum gehen, zu schauen, wie Michael Hardt und Antonio Negri Foucaults Theorie-Architektur weiter entwickelt haben.
5. Die Weiterentwicklung Foucaults Biomacht
Sowohl in der Konzeption der Biomacht, als auch in der Konzeption der Kontrollgesellschaft sehen die Autoren Schwachstellen in der Darstellung der produktiven Dimension der Biomacht. Sie fragen, wie die biopolitische Dimension in Foucaults Arbeiten im Verhältnis zur Dynamik der Produktion steht. Foucault begriff die gesellschaftliche Reproduktion nicht auf der Ebene des Überbaus und von der Produktion getrennt, sondern begriff die gesellschaftliche Reproduktion in der materiellen Grundstruktur selbst und das nicht nur ökonomisch verstanden, sondern auch kulturell, körperlich und subjektiv. [53] Foucault habe jedoch nicht verstanden, die Dynamik des biopolitischen Systems und die biopolitische Produktion zu erfassen. D.h., dass er nicht erkannte wie gesellschaftliches Sein produziert wird, während Deleuze und Guattari die Produktivität der gesellschaftlichen Produktion entdeckten. Die Welt wird durch das Funktionieren sozialer Maschinen produziert. Ihre Beschreibungen seien jedoch nur oberflächlicher Natur. Die marxistischen Autoren in Italien jedoch fassen die biopolitische Dimension als ein neues Moment der lebendigen Arbeit auf. [54]
Foucault habe die Transformation die von ihm konzipierten Biomacht und Biopolitik nur anhand historischer Beispiele dargestellt und nicht in seiner Totalität für die Gegenwart als Gesellschaftsanalyse betrachtet. [55] Für Hardt/Negri ist der Ort der biopolitischen Produktion der Ort, an dem sich das Wesen der neuen Weltordnung durch die transnationalen Konzerne mit ihren Geldflüssen und den neuen Informationstechnologien unmittelbar in die Körper der Individuen, welche zugleich ihre Konsumenten und Produzenten sind, einschreiben. Indem die Autoren die Begriffe Biomacht und Biopolitik für eine Globalisierungsanalyse verwenden, ist Martin Stingelin der Ansicht, dass die Unterscheidbarkeit dieser beiden Begriffe bei ihrer Globalisierungsanalyse zum Opfer fallen. [56] In ihrem Anspruch auf Totalität sind es nicht mehr nur die Regierungen, die für das Wohl der Menschen sorge tragen, so dass das Volk mit ihrer Regierung gleichsam ein Körper bilden, sondern die Konzerne, die eine Bevölkerungsregulierende und Bevölkerungsreproduzierende Funktion tragen. Da die Individuen die Produzenten und Konsumenten der transnationalen Konzerne sind, sind sie folglich mit ihnen untrennbar verbunden, so dass auch die transnationalen Konzerne mit ihren Produzenten und Konsumenten einen Körper bilden. Nur so ist zu verstehen, dass die Autoren die vorhandenen Theorien neu denken bzw. weiterdenken mussten.
Schluss
Meine Arbeit hat gezeigt, was die Autoren unter dem Konzept des Empire verstehen und wie sie Foucault und Deleuze auffassen. Ferner wurde dargestellt, wie Foucault und Deleuze selbst ihre Theorien beschrieben haben. Dieser Umweg musste gemacht werden, um zu zeigen, wie beide Theorien im Verhältnis zum Empire stehen. Dabei nahm meine Arbeit ihre weiterentwickelten Terminologien auf, wie Produktionsmittel, Produktivkräfte, Produktion, Kommunikation, Multitude und Angstzustände und analysierte ihre konkrete Bedeutung vor dem Hintergrund des Verständnisses der Autoren über die Theorien Foucaults und Deleuzes. Das letzte Kapitel meiner Arbeit stellte noch mal dar, inwiefern die Autoren Foucaults Konzept weiterentwickelt haben.
In dem von mir untersuchten Kapitel tauchen auch einige Schwächen auf. Die Autoren lassen die Frage nach den konkreten Objektivierungsstrategien, d.h. den Machtpraktiken in den Machtverhältnissen, offen. Ferner wird auch die Rolle der transnationalen Konzerne in den sich im Auflösen begriffenen Nationalstaaten nicht näher bestimmt. D.h., es ist die Frage zu stellen, ob unsere Gesellschaft letztendlich durch Konzerne oder durch nationale Regierungen regiert werden. Hardt/Negri schreiben zwar explizit, dass die Konzerne sich unmittelbar in die Körper ihrer Produzenten und Konsumenten einschreiben, aber wie das konkret aussehen soll, wird nicht beschrieben.
Literaturliste
Agamben, Giorgio: Homo sacer. Die souveräne Macht und das nackte Leben. Frankfurt am Main 2002.
Deleuze, Gilles: Unterhandlungen. 1972-1990. Frankfurt am Main 1993.
Dreyfus, Hubert L. und Rabinow, Paul: Michel Foucault. Jenseits von Strukturalismus und Hermeneutik. Weinheim 1994.
Foucault, Michel: Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt am Main 1994
Ders.: Der Wille zum Wissen. Sexualität und Wahrheit Bd.1 Frankfurt am Main 1983.
Ders.: Short Cuts Bd.3. Berlin 2001.
Ders.: In Verteidigung der Gesellschaft. Frankfurt am Main 2001.
Ders.: Schriften in vier Bänden. Dits et Ecrits. Bd. III :1976-1979, hg. von Defert, Daniel und Ewald, Francois unter Mitarbeit von Lagrange, Jacques, Frankfurt am Main 2003.
Hardt, Michael: Empire. Die neue Weltordnung. Frankfurt am Main 2002.
Marx, Karl und Engels, Friedrich: Das Kommunistische Manifest. Hamburg 1999.
Negri, Antonio: Alphabet eines bewegten Lebens. Frankfurt am Main 2003.
Stingelin, Martin (Hg.): Rassismus und Biopolitik. Frankfurt am Main 2003.
Todd, Emmanuel: Weltmacht USA. Ein Nachruf. München 2003.
[1]Hardt, Michael und Negri, Antonio: Empire. Die neue Weltordnung. Frankfurt am Main 2002, S. 10.
[2]Duffourmantelle, Anne: Antonio Negri. Rückkehr. Alphabet eines bewegten Lebens. Frankfurt am Main 2003, S. 72, vgl. Todd, Emmanuel: Weltmacht USA. Ein Nachruf. München 2003, S. 13 passim, in der Todd überzeugend den Niedergang der USA darstellt.
[3]Ebd., S.73.
[4]vgl. zum Begriff der Multitude a.a.O. S. 127f, insb. S.181f, in der »die Menge als die Gesamtheit der Singularitäten« bezeichnet wird und sich weniger durch die Einheit als durch ihr Handeln auszeichnet.
[5]Ebd., S.73.
[6]Zwar sind die Menschenrechte als Weltbürgerrechte zu verstehen und mit einem globalen Anspruch versehen, jedoch zeigt beispielsweise das Kriegsgefangenenlager in Guantanamo Bay, dass den Gefangenen die Menschenrechte abgesprochen wurde, so dass die Menschenrechte in diesem Fall neu definiert werden müsste, um gleichzeitig den Gefangenen neu zu definieren. Ein anderes Beispiel wäre die rechtliche Bestimmung des Flüchtlings. Auch sie kommen zunächst in ein »Auffanglager«, um zu überprüfen ob die Flüchtlinge die Kriterien des Asyls erfüllen. Denn das Lager ist letztendlich der Ort, in der einzig allein das nackte Leben, im Agambenschen Sinn, ist, wo die Fundamentalen Rechte aufgehoben sind.
[7]Duffourmantelle, Anne: Antonio Negri. Rückkehr. Alphabet eines bewegten Lebens. Frankfurt am Main 2003, S. 74.
[8]Ebd., S. 75.
[9]Ebd., S. 75.
[10]Hardt, Michael und Negri, Antonio: Empire. Die neue Weltordnung. Frankfurt am Main 2002, S. 38.
[11]Vgl. Marx, Karl und Engels, Friedrich: Das Kommunistische Manifest. Hamburg 1999, S. 44 passim, in der Marx die Entstehung der neuen Klassen aus den nicht aufgehobenen Klassengegensätzen verstanden wissen will. »Die aus den Untergang der feudalen Gesellschaft hervorgegangene moderne bürgerliche Gesellschaft hat die Klassengegensätze nicht aufgehoben. Sie hat nur neue Klassen, […], an die Stelle der alten gesetzt.« Damit meint Marx die beiden antagonistischen Klassen, das Proletariat und die Bourgeoisie. Während Marx das Hinabsinken in das Proletariat als Folge der kapitalistischen Gesellschaft durch den verschärfenden Konkurrenzkampf und folglich eine sich daraus bildende homogene Klasse sieht, verstehen Hardt/Negri die Entstehung der von ihnen konzipierten Multitude aus dem neuen Machtparadigma. In dem die Einheit gerade durch die Singularität hervor kommt.
[12]Duffourmantelle, Anne: Antonio Negri. Rückkehr. Alphabet eines bewegten Lebens. Frankfurt am Main 2003, S. 128.
[13]Hardt, Michael und Negri, Antonio: Empire. Die neue Weltordnung. Frankfurt am Main 2002, S. 38.
[14]Zwar ist Herrschaft in der Disziplinargesellschaft auch auf viele Personen verteilt, doch der wesentliche Unterschied besteht darin, dass in der Kontrollgesellschaft Herrschaft nach heutigen demokratischen Grundsätzen legitimiert ist.
[15]Deleuze, Gilles: Kontrolle und Werden, in: Unterhandlungen. 1972-1990. Frankfurt am Main 1993, S. 250.
[16]Hardt, Michael und Negri, Antonio: Empire. Die neue Weltordnung. Frankfurt am Main 2002, S. 38.
[17]Duffourmantelle, Anne: Antonio Negri. Rückkehr. Alphabet eines bewegten Lebens. Frankfurt am Main 2003, S. 79.
[18]Hardt, Michael und Negri, Antonio: Empire. Die neue Weltordnung. Frankfurt am Main 2002, S. 40.
[19]Ebd., S. 45.
[20]Der Begriff der Intervention wurde von den Autoren aus der Foucaultschen Terminologie entlehnt. Bei Foucault bezeichnet die Intervention jene Technik der Macht, die auf die Körper einwirken. Vgl. Foucault, Michel: Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt am Main 1994, S. 34, 129f.
[21]Hardt, Michael und Negri, Antonio: Empire. Die neue Weltordnung. Frankfurt am Main 2002, S. 49.
[22]Ebd., S. 50.
[23]Ebd., S. 52.
[24]Stingelin, Martin: Einleitung: Biopolitik und Rassismus. Was leben soll und was sterben muss, in: Stingelin, Martin (Hg.): Biopolitik und Rassismus. Frankfurt am Main 2003, S. 9 vgl. im selben Band: Sarasin, Philipp: Zweierlei Rassismus? In: Stingelin, Martin (Hg.): Biopolitik und Rassismus. Frankfurt am Main 2003, S. 58, in der Sarasin Foucaults »biologische Modernitätsschwälle« als die Schwelle bezeichnet, die eine Gesellschaft überschreitet, wenn es in ihrem politischen Kalkül um die Existenz ihrer Gesellschaft selber geht.
[25]Foucault, Michel: Sexualität und Wahrheit, Bd.1 Der Wille zum Wissen. Frankfurt am Main 1983, S.170 f.
[26]Vgl. zum Begriff der Gouvernementalität: Foucault, Michel: Die Gouvernementalität, in: Foucault, Michel, Schriften in vier Bänden. Dits et Ecrits. Bd. III :1976-1979, hg. von Defert, Daniel und Ewald, Francois unter Mitarbeit von Lagrange, Jacques, Frankfurt am Main 2003, S. 796-823 insb. S. 820 f.
[27]Foucault, Michel: Sexualität und Wahrheit, Bd.1 Der Wille zum Wissen. Frankfurt am Main 1983, S. 161.
[28]Ebd., S. 162.
[29]Ebd., S. 167, vgl. zu den Begriffen Biopolitik und Biomacht Stingelin, Martin: Einleitung: Biopolitik und Rassismus. Was leben soll und was sterben muss, in: Stingelin, Martin (Hg.): Biopolitik und Rassismus. Frankfurt am Main 2003, S. 15 f, in der Stingelin der Ansicht ist, dass Foucault selber beide Begriffe unterschiedslos anwandte. Vgl. zur Definition der Biopolitik: Foucault, Michel: Die Geburt der Biopolitik, in: Foucault, Michel, Schriften in vier Bänden. Dits et Ecrits. Bd. III :1976-1979, hg. von Defert, Daniel und Ewald, Francois unter Mitarbeit von Lagrange, Jacques, Frankfurt am Main 2003, S. 1020 f, in der Foucault unter Biopolitik die weise verstand, »in der man seit dem 18. Jh. versuchte, die Probleme zu rationalisieren, die der Regierungspraxis durch die Phänomene gestellt wurden, die eine Gesamtheit von als Population konstituierten Lebewesen charakterisieren: Gesundheit, Hygiene, Geburtenziffer, (…)«
[30]Ebd., S. 163 ff.
[31]Ebd., S. 165.
[32]Foucault, Michel: In Verteidigung der Gesellschaft. Frankfurt am Main 2001, S.300 f.
[33]Ebd., S. 301. Es ist hier nicht der Ort, um sich mit der foucaultschen Konzeption des Rassismus auseinander zu setzten. Dieser kleine Exkurs soll jedoch verdeutlichen, dass die Biomacht eine politische Funktion hat, die auch das Töten beinhaltet.
[34]Lemke, Thomas: Rechtssubjekt oder Biomasse?, in: Stingelin, Martin (Hg.): Biopolitik und Rassismus. Frankfurt am Main 2003, S.165.
[35]Ebd., S.164.
[36]Deleuze, Gilles: Postskriptum über die Kontrollgesellschaft, in: Unterhandlungen. 1972-1990. Frankfurt am Main 1993, S. 254 passim.
[37]An dieser Stelle soll ein Beispiel aus meiner früheren Tätigkeit im Call-Center genügen, um zu verdeutlichen wie die Titelverteilungen und die Leistungskontrollen funktionieren. Wenn für gewisse Posten Personen gesucht werden, so wird dieser Posten an einer Pinnwand ausgeschrieben, worauf sich jeder bewerben kann. Selbst der Posten eines Hausmeisters wurde mit einem besonderen Titel versehen, um den Anschein zu erwecken etwas besonderes zu sein. Leistungskontrollen wurden derart durchgeführt, dass jemand während einer telefonischen Kundenbetreuung neben einem saß und das Gespräch überwachte, um anschließend eine Bewertung durchzuführen. Waren die Bewertungen laufend im sehr guten Bereich, hatte man die Chance befördert zu werden. Prämien wiederum gab es für die schnelle Abwicklung der Telefonate.
[38]Deleuze, Gilles: Postskriptum über die Kontrollgesellschaft, in: Unterhandlungen. 1972-1990. Frankfurt am Main 1993, S. 254 passim.
[39]Vgl. Foucault, Michel: Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt am Main 1994.
[40]Hardt, Michael und Negri, Antonio: Empire. Die neue Weltordnung. Frankfurt am Main 2002, S. 40.
[41]Ebd., S. 43 f.
[42]Damit meine ich die Verteilung der Produktivkräfte in einem geschlossenem Raum, wie der Fabrik.
[43]Foucault, Michel: Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt am Main 1994, S. 197. Während bei Foucault Körper und Objekt im Produktionsprozess zusammengeschaltet sind, weisen Hardt/Negri darauf hin, dass der Körper bei der Produktion weniger eine Rolle spielt. Vielmehr spielen Sprache und Kommunikation eine immer größere Rolle in der Produktion. Vgl. dazu: Hardt, Michael und Negri, Antonio: Empire. Die neue Weltordnung. Frankfurt am Main 2002, S. 44.
[44]Hardt, Michael und Negri, Antonio: Empire. Die neue Weltordnung. Frankfurt am Main 2002, S. 44, vgl. dazu: Foucault, Michel: Sexualität und Wahrheit, Bd.1 Der Wille zum Wissen. Frankfurt am Main 1983, S.102 ff und Dreyfus, Hubert L. und Rabinow, Paul: Michel Foucault. Jenseits von Strukturalismus und Hermeneutik. Weinheim 1994, S. 216 f.
[45]Foucault, Michel: Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt am Main 1994, S. 319.
[46]Foucault, Michel: Das Subjekt und die Macht, in: Dreyfus, Hubert L. und Rabinow, Paul: Michel Foucault. Jenseits von Strukturalismus und Hermeneutik. Weinheim 1994, S. 243.
[47]Ebd., S.254 ff.
[48]Hardt, Michael und Negri, Antonio: Empire. Die neue Weltordnung. Frankfurt am Main 2002, S. 44.
[49]Foucault, Michel: Sexualität und Wahrheit, Bd.1 Der Wille zum Wissen. Frankfurt am Main 1983, S.166 f, vgl. Foucault, Michel: Die Geburt der Biopolitik, in: Foucault, Michel, Schriften in vier Bänden. Dits et Ecrits. Bd. III :1976-1979, hg. von Defert, Daniel und Ewald, Francois unter Mitarbeit von Lagrange, Jacques, Frankfurt am Main 2003, S. 1020-1028.
[50]Foucault, Michel: Sexualität und Wahrheit, Bd.1 Der Wille zum Wissen. Frankfurt am Main 1983, S. 172.
[51]Vgl. zum Begriff des Panopticums: Foucault, Michel: Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt am Main 1994, S. 251 passim.
[52]Hardt, Michael und Negri, Antonio: Empire. Die neue Weltordnung. Frankfurt am Main 2002, S. 52. Als Beispiel für die Produktion von Angstzuständen in unserer Gesellschaft möge an dieser Stelle die von den Medien ausgehenden Produktion der Angstzustände reichen. In allen medialen Sparten wird permanent von der zunehmenden Kriminalisierung der Jugendlichen gesprochen, das zur Forderung einer unablässigen Kontrolle der Jugendlichen implizieren soll. Ein neuer Trend in den Medien sind die Polizei-reality-shows, die genau diese Angstzustände produzieren und eine angebliche Notwendigkeit einer Institution Polizei rechtfertigen, um so Präventionsmaßnahmen zu erleichtern. Zu untersuchen wäre die genaue Funktion dieser Polizei-reality-shows, was meine Arbeit nicht leisten kann.
[53]Ebd., S. 42, vgl. Foucault, Michel: Die Macht und die Norm, in: Foucault, Michel: Short Cuts. Frankfurt am Main 2001, S. 39 passim, in der Foucault sein Machtbegriff ausbreitet. Auf die Produktionsweise bezogen, begreift Foucault die Macht nicht als Garant für die Produktionsweise, vielmehr sei sie für sie konstitutiv. »Wenn es stimmt, dass es der ökonomischen Struktur, die sich durch Akkumulation des Kapitals charakterisiert, eigen ist, Arbeitskraft in produktive Kraft zu verwandeln, so ist es das Ziel der Machtstruktur, die die Form der Einsperrung annimmt, Lebenszeit in Arbeitskraft zu verwandeln. […] Es ist falsch, ‚mit jenem berühmten Nach-Hegelianer' zu sagen, dass die konkrete Existenz des Menschen die Arbeit ist. Denn das Leben und die Zeit des Menschen sind nicht von Natur aus Arbeit, sie sind: Lust, Unstetigkeit, Fest, Ruhe, Bedürfnisse, Zufälle, Begierden, […], etc.«
[54]Das liegt wohl daran, dass die italienischen Marxisten mehr von der Praxis kommen als von der Theorie. Darauf wies mich Timo Luks in einem Gespräch über den Marxismus hin.
[55]Hardt, Michael und Negri, Antonio: Empire. Die neue Weltordnung. Frankfurt am Main 2002, S. 42, vgl. auch Agamben, Giorgio: Homo sacer. Die souveräne Macht und das nackte Leben. Frankfurt am Mai 2002, S. 127 passim, in der Agambens Kritk darauf hinaus läuft, dass Foucault »sein Arbeitsfeld nicht, […], auf jenes Gebiet, das als Ort der modernen Biopolitik schlechthin gelten konnte«, verlagerte, nämlich die Analyse der totalitären Staaten des 20. Jh. Agamben schließt sein Buch mit der Analyse des nationalsozialistischen Konzentrationslagers ab, in der das Lager den Ausnahmezustand markiert, d.h. außerhalb des juridischen und doch innerhalb des Rechts liegt. Die Menschen in diesen Lagern müssen, nach Agamben, einen neuen rechtlichen Status bekommen. Dieser neue Status, ist der des Homo sacer. Der Homo sacer ist dasjenige Wesen, das getötete werden darf ohne einen Mord zu begehen.
[56]Stingelin, Martin: Einleitung: Biopolitik und Rassismus. Was leben soll und was sterben muss, in: Stingelin, Martin (Hg.): Biopolitik und Rassismus. Frankfurt am Main 2003, S. 19 f.
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