Philip Glass, Dezember 2007Philip Glass (* 31. Januar 1937 in Baltimore, Maryland) ist ein US-amerikanischer Musiker und Komponist. Er gilt zusammen mit Steve Reich, Terry Riley und La Monte Young als Popularisator der Minimal Music und mit John Adams als einer der wichtigsten amerikanischen Komponisten der Gegenwart.
Inhaltsverzeichnis [Verbergen]
1 Leben
2 Werk
3 Werke (Auswahl)
3.1 Instrumental
3.2 Opern
3.3 Film
3.4 Studio
4 Quellen
5 Einzelnachweise
6 Weblinks
Leben [Bearbeiten]
Philip Glass wuchs mit Musik auf: Sein Vater war Schallplattenhändler in Baltimore. Das erste eigene Instrument des Jungen war die Violine, die er als Sechsjähriger erlernte, es folgte die Flöte. Mit acht Jahren wurde er Schüler am Peabody Conservatory, als Zehnjähriger spielte er bereits in lokalen Orchestern. Von 1952 bis 1956 studierte er Mathematik und Philosophie an der University of Chicago und machte den Bachelor of Arts. In dieser Zeit beschäftigte er sich intensiv mit der Zwölftontechnik.
Bis 1962 studierte er vor allem Klavier an der Juilliard School of Music in New York, wo er den Master of Science machte, und in Aspen bei Darius Milhaud. Mittlerweile hatte er sich von der Musik der Arnold Schönberg-Nachfolge abgewandt und der gemäßigten amerikanischen Moderne geöffnet, wie sie etwa Aaron Copland verkörperte. Zu dieser Zeit waren bereits mehr als siebzig seiner größtenteils in der Kompositionsklasse entstandenen Werke aufgeführt worden (sie wurden später von Glass für unbedeutend erklärt[1]). 1964 ging er nach Europa, wo er dank eines Fulbright-Stipendiums zwei Jahre Schüler bei Nadia Boulanger in Paris sein konnte, eine Begegnung, die ihn als Komponisten entscheidend prägte.
In Florenz, 1993In Paris begegnete Glass dem indischen Komponisten Ravi Shankar. Shankar nahm dort Musik für einen Film auf und wollte, dass seine Werke auch für Musiker westlicher Tradition und Schulung spielbar sein sollten. Für die dafür nötigen Transkriptionen wurde Glass ausgewählt. So kam er zum ersten Mal mit indischer Musik und Denktradition in Kontakt, vor allem mit dem asiatischen Rhythmus- und Zeitverständnis. Der tief beeindruckte Glass bereiste Indien und andere Länder Asiens, dazu den Vorderen Orient und Afrika. Er wurde Buddhist. 1972 traf er Tendzin Gyatsho, den vierzehnten Dalai Lama; seit diesem Treffen gilt Glass als wichtiger Unterstützer des tibetischen Freiheitsstrebens.
1965 begann Glass für das Schauspielensemble seiner ersten Frau zu komponieren. Sein erstes Werk war eine Komposition für zwei Saxophone zu Samuel Becketts Stück Play. In den nächsten zehn Jahren schrieb Glass immer wieder solche Theatermusiken, danach eigene Bühnenwerke. Glass selber bezeichnet sich vor allem als „Theaterkomponisten“[1]. Nach seiner Rückkehr in die USA gründete Glass 1970 das Philip Glass Ensemble, um seine Kompositionen in einer eigenen Gruppe auszuprobieren, deren auf traditionellen Instrumenten gespielte Musik er öfter elektronisch verstärkte und verfremdete. Das bedeutendste Werk dieser Jahre ist die vier Stunden lange Komposition Music in Twelve Parts, die Glass 1971 begann und bis 1974 immer wieder veränderte. Dieses Werk begann als einzelne Arbeit in Instrumentierungen für zwölf Instrumente, entwickelte sich dann aber zu einem Zyklus, der Glass' musikalische Entwicklung seit 1967 zusammenfasste.
1976 wurde Glass' erfolgreichste Oper Einstein on the Beach, Resultat seiner ersten Zusammenarbeit mit Robert Wilson, in Avignon uraufgeführt und machte den Komponisten weltweit bekannt. Nach dieser Oper komponierte Glass ein nächstes Werk für die Bühne, das Tanz, Film und Musik vereinende Dance. In dieser Zeit war der Komponist durch seinen beginnenden Erfolg noch nicht finanziell abgesichert und übte Nebenjobs wie Taxifahrer, Klempner, Möbelpacker und Kellner aus. 1980 folgte ein weiterer Erfolg: die Mahatma-Gandhi-Oper Satyagraha, uraufgeführt durch die Nederlandse Oper Amsterdam unter Leitung seines Landmannes und Studienkollegen von der Juilliard-School Bruce Ferden. 1983 folgte eine nächste Oper, Akhnaten, über den Pharaoh Echnaton. Diese drei Opern bilden eine Trilogie über Männer, die die Welt gewaltfrei veränderten.
In Florenz, 1993Vor allem durch seine Musik zu dem Film Koyaanisqatsi (1983) wurde Glass' Popularität außerhalb der Klassikgemeinde gesteigert, er galt nun als Komponist der New-Age-Bewegung. Weitere Filmmusikerfolge des Komponisten waren unter anderem eine neue Partitur für den Horrorfilm-Klassiker Dracula, die Musik für den Martin-Scorsese-Film Kundun (erste Oscar-Nominierung), die Mediensatire Die Truman Show (The Truman Show, Gewinn des Golden Globe) und für The Hours (zweite Oscar-Nominierung). Glass gilt als einer der produktivsten Komponisten der Gegenwart: In den letzten 25 Jahren hat er mehr als zwanzig Opern komponiert, acht Sinfonien, zwei Klavierkonzerte und Konzerte für Violine und Saxophonquartett. Dazu kommen Soundtracks, Streichquartette und Musik für Klavier solo. 2007 veröffentlichte er das Doppelalbum Book of Longing - A Song Cycle based on the Poetry and Images of Leonard Cohen.
Werk [Bearbeiten]
„Tabus - also Dinge, die eigentlich verboten sein sollten - sind oft am interessantesten. In meinem Fall sind das musikalische Materialien, die im Alltäglichen zu finden sind.“[2] Dieser Ansatz war zu Beginn von Glass' Karriere tatsächlich revolutionär, da damals im Bereich der Neuen Musik die serielle Komponierweise vorausgesetzt wurde. Es war vor allem die Begegnung mit Ravi Shankar und der indischen Musik, die Glass zu einem hypnotisch-repetitiven Stil führte, der von Kritikern der Minimal Music zugeordnet wurde, einer Musik, die meist auf einfachen Akkorden und Arpeggien beruht, die manchmal von Soloinstrumenten, aber auch von großen Orchestern in kreisenden Mustern gespielt werden. Atonalität vermeidet Glass dabei meist. Peter Sellars beschrieb die Wirkung dieser Musik so: „Bei Phil ist es ein bisschen wie bei einer Zugfahrt einmal quer durch Amerika: Wenn Sie aus dem Fenster sehen, scheint sich stundenlang nichts zu verändern, doch wenn Sie genau hinsehen, bemerken Sie, dass sich die Landschaft sehr wohl verändert - langsam, fast unmerklich.“[3]
Glass' Musik hat stärker als die jedes anderen zeitgenössischen Komponisten die Alltagswelt durchdrungen. Zahllose Fernsehsoundtracks, Werbemusiken und Werbe-Jingles ahmen seinen Stil nach. Er selbst hat sich seine ganze Karriere lang offen für populäre Medien gezeigt. Seine Zusammenarbeit mit Robert Wilson, der ein Pionier der multimedialen Inszenierung von Musikwerken ist, belegt dies genauso wie seine häufige Tätigkeit als Filmkomponist gerade nicht nur elitär-anspruchsvoller Kunstprodukte, sondern auch für Mainstream-Filme wie Candymans Fluch (Candyman) und Die Truman Show (The Truman Show). Literatur, Geschichte und Politik liefern Glass zahlreiche Anregungen für Kompositionen und machen ihn so zum Gegenteil des weltabgewandten Avantgarde-Komponisten: Opern handeln von historischen Persönlichkeiten wie Albert Einstein, Mahatma Gandhi, Echnaton, Christoph Kolumbus und behandeln die politische Situation Tibets; literarische Werke von Edgar Allan Poe, Franz Kafka und J. M. Coetzee liefern Vorlagen für Kompositionen; Musikstücke werden zu repräsentativen öffentlichen Anlässen komponiert wie etwa der Eröffnung der Olympischen Sommerspiele 1984 in Los Angeles; die Musik von David Bowie und Brian Eno wird zu je einer Sinfonie verarbeitet. Durch diese Offenheit ist Glass der vielleicht bekannteste lebende Komponist geworden.
Werke (Auswahl) [Bearbeiten]
Instrumental [Bearbeiten]
1966: Streichquartett Nr. 1
1967: Strung Out für Solovioline
1969: Music in Similar Motion f. Ensemble
1970: Music with Changing Parts f. Ensemble
1974: Music in 12 Parts f. Ensemble
1982: Façades für zwei Saxophone und Streichorchester
1983: Company für Streichquartett oder Streichorchester
1987: The Light für Orchester
1987: Violinkonzert
1989: Streichquartett Nr. 4 »in remembrance of the artist Brian Buczak«
1989: Itaipu
1989: Music from The Screens
1991: Streichquartett Nr. 5
1992: Sinfonie Nr. 1 „Low Symphony“
1994: Sinfonie Nr. 2 f. Orchester
1994: Etüden für Klavier
1995: Konzert für Saxophonquartett
1995: Sinfonie Nr. 3 Streichersinfonie
1996: Sinfonie No. 4 „Heroes Symphony“
1999: Sinfonie Nr. 5 »Choral«/ „Requiem, Bardo und Nirmanakaya“
2000: TIrol Concerto for piano and Orchestra
2001: Cellokonzert
2001: Sinfonie Nr. 6 „Plutonian Ode“
2002: Cembalokonzert
2004: Klavierkonzert No. 2 „After Lewis and Clark“
2004: Sinfonie Nr. 7 „Toltekische“
2005: Sinfonie Nr. 8 f. Orchester
2006: Passion of Ramakrishna
2006: Songs and Poems für Solocello
2007: Book of Longing - Liederzyklus mit Texten und Bildern von Leonard Cohen
2008: Four movements for two pianos
2008: Violin Sonata
Opern [Bearbeiten]
1976: Einstein on the Beach
1980: A Madrigal Opera
1980: Satyagraha
1983: The CIVIL warS
1983: Akhnaten
1984: The Juniper Tree
1987: The Fall of the House of Usher
1988: The Making of the Representative of Planet 8
1990: Hydrogen Jukebox
1991: White Raven
1992: The Voyage
1993: Orphée
1994: La Belle et la Bête
1996: Les Enfants Terribles
1997: The Marriages Between Zones Three, Four and Five
1998: Monsters of Grace
2000: In the Penal Colony
2001: Galileo Galilei
2003: The Sound of a Voice
2005: Waiting for the Barbarians, Theater Erfurt
2007: Appomattox
2009: Kepler
Film [Bearbeiten]
1983: Koyaanisqatsi
1985: Mishima
1987: Hamburger Hill
1988: Powaqqatsi
1989: The Thin Blue Line
1990: Mindwalk
1991: Eine kurze Geschichte der Zeit
1992: Anima Mundi
1992: Compassion in Exile
1992: Love Divided By
1992: Candyman
1995: Candyman 2 – Die Blutrache
1995: Jenipapo
1996: The Secret Agent
1997: Kundun
1997: Bent
1998: The Truman Show
1999: Dracula (1931)
2002: The Baroness and the Pig
2002: The Hours
2002: Naqoyqatsi
2003: The Fog of War
2004: Going Upriver
2004: Secret Window
2005: Neverwas
2006: Chaotic Harmony
2006: The Illusionist
2006: Notes on a Scandal
2007: Cassandra's Dream
2007: No Reservations
2009 : Watchmen
Studio [Bearbeiten]
1983: Paul Simon - Hearts & Bones [4]
1986: Songs from Liquid Days
1986: Paul Simon - Graceland (Album)
Quellen [Bearbeiten]
Robert T. Jones (Hrsg.): Musik: Philip Glass, Sargos-Verlag, Berlin 1998
Robert Maycock: Glass. A Portrait. London: Sanctuary 2002
K. Robert Schwartz: Minimalists. Phaidon Press 1996
Writings on Glass. Essays, Interviews, Criticism. Berkeley, Los Angeles: University of California Press 1999
Einzelnachweise [Bearbeiten]
↑ a b Die deutschsprachige Philip Glass-Site
↑ John Burrows (Herausgeber): Klassische Musik. Starnberg 2006. S.440
↑ Harenberg Komponisten-Lexikon. Mannheim 2004. S.341
↑ http://www.glasspages.org/psimon.html Philip Glass Diskographie
Weblinks [Bearbeiten]
Offizielle Website von Philip Glass
Philip Glass in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
Deutschsprachige Website
Homepage des Hydrogen Jukebox-Projektes des Ensemble Creativ
Personendaten
NAME Glass, Philip
KURZBESCHREIBUNG US-amerikanischer Komponist
GEBURTSDATUM 31. Januar 1937
GEBURTSORT Baltimore, Maryland
Von „http://de.wikipedia.org/wiki/Philip_Glass“
Kategorien: Golden-Globe-Preisträger | Komponist (Filmmusik) | US-amerikanischer Komponist | Komponist (20. Jahrhundert) | Geboren 1937 | Mann
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