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KIA schrieb am 20.1. 2005 um 17:41:23 Uhr über

Klee

»Erziehung«, sagt Kleedas ist ein schwieriges Kapitel, das Schwierigste. Erziehung des Künstlers vor allem. Selbst wenn man sie sich kontinuierlich denkt, wenn man annimmt, daß es soviele echte Erzieher geben könnte, bleiben viele im Bereich des Sichtbaren, weil es ihnen genügt. Wenige stoßen zum Grund und beginnen zu bilden. Man versteift sich auf Theorien, weil man das Leben fürchtet, die Unsicherheit scheut.« ca. 1921/24, jedenfalls während der lehre am bauhaus. er macht dort die grundlehre, was für ihn formlehre ist: »Die Vorlesung ging gestern ganz glatt, ich war wieder bis aufs letzte Wort präpariert, brauche dann nicht zu befürchten, etwas nicht ganz Verantwortliches zu sagen. Ich kam von den perspektivischen Prinzipien auf das Gleichgewichtsgefühl im Menschen. Am nächsten Übungstag bauen wir solche Gleichgewichtssachen mit Bausteinen auf und arbeiten dann nach solchen Modellen.« an lily, november 1921. der entwickelte also im laufe seiner tätigkeit dort seine lehre ganz kontinuierlich zu einer individuell-universellen bilsprachlichkeit. das (die etwa zweieinhalbtausend folioblätter; notizen, unterrichtsentwürfe, konstruktive zeichnungen und kompositionsentwürfe zu eigenen bildern) ist dann 1925 schon einmal auszugsweise als »pädagogisches skizzenbuch« (bd.2 der bauhausbücher) publiziert worden. später dann, 1956 und 1970 in 2 bänden herausgegeben von jürg spiller unter den titeln »das bildnerische denken« (bd 1, schriften zur form- und gestaltungslehre) und »unendliche naturgeschichte« (bd 2, prinzipielle ordnung der bildnerischen mittel, verbunden mit naturstudium, und konstruktive kompositionswege).
der künstler der moderne will nicht mehr abbilden (das sichtbare wiedergeben), sondern im bild und am bild zeigen, wie unser auffassen von natur sich bildet (also sichtbarmachen).das ist das wichtigste, was man wissen muß, sonst sieht man etwas ganz falsches (man sucht nach außerbildnerischen bedeutungen).
das bild heißt »In der Strömung sechs Schwellen«: die horizontale bewegung (augenbewegung von links nach rechts - wir tasten ja immer ab, sehen nicht das ganze scharf usw.) von verschieden breiten, farbig gestuften, ja, balken, streifen, - wird unterbrochen von 6 vertikalen. an denen, wiederum in der links-rechts-richtung die horizontalen sich progressiv teilen. ausgehend von der groben abbildung gibt es außer den formverläufen oder progressionen auch farbige modulationen von hellem gelb(grünstichig, also mit blau-anteil) über orange, rot zu rotbraun, dunkelbraun bis zu einem schwärzlichen vandikebraun.
klee dazu (übrigens ist die abbildung im buch; bd 1, s. 212, s.o., um 180 grad gedreht zu sehen!) "Es verbreitet sich die Basis und mit ihr die Horizontale auf Kosten der Vertikalen.
Es tritt eine beträchtliche Entspannung ein, ein episches Tempo gegenüber der Dramatik des Vertikalcharakters, was natürlich ein Abwägen nach Hüben und Drüben nicht ausschaltet. Die Vertikale ist immer noch da!
Ausgeschaltet wird das Abwägen erst, wo die Diagonale aufhört [k. meint hier die imaginierten verbindungskräfte zwischen senkrecht und waagerecht; KIA], wo die Waage erstarrt, z. B. bei diesem allerprimitivsten Rhythmus des Strukturalen, wo es nur horizontale oder nur vertikale Linien gibt. [daneben rechts zwei kleine zeichnungen dieser gestaltlichen elementarphänomene: je ein bündel waagerechte und senkrechte linien]."
hier innehaltend, nicht weil es keinen spaß machte, sondern um im lesetechnischen rahmen noch zu bleiben: das ist also der gehalt (essenz) von den o.a. ca. 2500 seiten. da ist ne ganze menge gestaltpsychologie (metzger, wertheimer usw.) mit enthalten. solche gestaltprinzipien wirken, ob sie nun offengelegt werden, wie hier, oder überdeckt werden von abgebildetem. das so ausführlich dargelegt zu haben, dafür muß man klee lieben, wenn man die kunst liebt, denke ich.


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