Die herzogliche Capelle spielte meisterhaft, und die Primadonna sang hinreißend. Ihre Hoheit, die Frau Herzogin, gab selbst das Signal zum rauschenden Applaus und überhäufte die fremde Sängerin in den Pausen mit Beweisen ihrer Huld und Gnade. Es verlief Alles so glatt, so scheinbar zwanglos und doch die festen Linien der Etiquette innehaltend, daß Liane meinte, nur ihr treibe die innere qualvolle Unruhe, eine ahnungsvolle Bangigkeit das Blut fiebernd durch die Adern. Sie konnte das bleiche Medusenprofil der Herzogin nicht ansehen, ohne heiß zu erschrecken. Dort, inmitten einer Officiersgruppe, seltsam den Glanz der Gala-Uniformen unterbrechend, saßen zwei schwarze Gestalten, der Hofmarschall und der Hofprediger. Die junge Frau hätte aus den Zügen des alten Herrn fast lesen können, was er, leidenschaftlich erregt, seinem Nachbar unablässig zuflüsterte und in das Ohr zischelte; aber sie wandte in aufquellendem Zorne die Augen weg. Der Priester fixirte ungescheut und so dämonisch ausdrucksvoll ihr Gesicht, als schwebe ihm jenes furchtbare „Ich werde Alles dulden, schweigend, ohne Gegenwehr; aber abschütteln werden Sie mich nicht“ auf den Lippen. … Sie fürchtete ihn nicht mehr. Der hoch gewachsene Mann, der neben ihrem Sitze mit verschränkten Armen an der Wand lehnte, beschützte sie; er war mächtig und willensstark genug, die Viper, die zerstörend nach seinem häuslichen Glücke züngelte, zu zertreten. … Hätte sie nur erst diesen Saal mit den geschmückten Menschen im Rücken gehabt! Aber die Erlösungsstunde schlug noch nicht. Die wundersame Mähr, daß Mainau mit seiner jungen Frau nach Franken übersiedeln wollte, war wie ein Losungswort von Mund zu Mund geflogen, und nun, nach dem Concerte, strömten die Wißbegierigen herbei, um aus dem Munde der Betreffenden selbst die Bestätigung zu hören. Und dann wurde Mainau die Auszeichnung zu Theil, mit der Frau Herzogin den Ball zu eröffnen.
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