Ich war zum zehnten Geburtstag meines Klassenkameraden Stefan eingeladen. Wie ich hatte er mitten in der Karnevalszeit Geburtstag, und damals herrschte bei uns im Rheinland die Sitte, verkleidet zu solchen Anlässen zu erscheinen. Meine Mutter lieh mir ihre Perücke, Schwester Sigrid spendierte ihr Abschlußballkleid, rote Päonien auf weiß mit einem Cochenille–Überwurf, Utes Stöckelschuhe hatten genau meine damalige Größe (37), und für mein Makeup haben die drei Damen fast eine Stunde gebraucht. Ich war hinterher eine Lolita-Dragqueen, wie sie die Mettmanner Kleinstadtszene wohl noch nicht zu sehen bekommen hat. Mein Vater mußte mich zu Stefan fahren, es war mir schon peinlich, wie aufgedonnert ich war. Bei Stefan geklingelt, die Mutter machte mir auf, war sichtlich überwältigt, führte mich in den Partykeller, und da stellte ich fest, daß ich der einzige Verkleidete war. Und beim Tischtennis–Rundlauf konnte ich wegen der Krinoline nicht mitspielen. Ich glaube, mein etwas glückloses Faible für das Tragen von Bart und Holzfällerhemden rührt noch von diesem Kindheitstrauma her.
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