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Liamara, am 19.3. 2000 um 10:40:04 Uhr
Ken

Über Ken hab ich auch mal ne Geschichte geschrieben, die sollte glaub ich für Amica oder Allegra sein. Aber dann fand ich sie doch zu schlecht, um sie einzureichen. Aber blasten kann ich sie ja mal.


KEN


Ich warf die letzte Tasche ins Treppenhaus. Sie landete fast, leider nur fast, an seinem Kopf. „Und jetzt tschüss!“ schrie ich ihm nach, und er flüchtete entsetzt die Treppe hinunter. Krachend warf ich die Wohnungstür ins Schloss und mich anschliessend frustriert aufs Sofa. Das wars also mit Tom. Meine Vorliebe für Männer, die sich anschliessend in meine Freundin verliebten, hatte mich in den letzten Jahren bereits öfter den Mann und die Freundin wechseln lassen. Ich seufzte und wusste nicht recht, was ich tun sollte. In solchen Situationen ist entweder shoppen oder Kuchen bis zum Exzess angesagt, aber auf beides hatte ich keine Lust. Schliesslich stand ich rastlos auf und betrachtete meine Barbie-Puppen-Sammlung in der Vitrine. „Ach, Ken“, jammerte ich und nahm eine der Ken-Puppen heraus. Es war ein adrett gekleidetes Exemplar, ein amerikanisches Original aus den 70ern. Er war viel wert, dieser Ken, weitaus mehr als all die Männer, die ich bis jetzt gekannt hatte. „Warum kann ich nicht einen Mann wie dich finden?“ murmelte ich meiner Puppe zu. Gewiss, Ken hatte Barbie, und wie Barbie sah ich nicht aus; aber sogar meine Kollegin, die nur graue Strickröcke trug und Hasenzähne hatte war verheiratet. Und ausserdem, wenn es meine sogenannten Freundinnen stets geschafft hatten, mir den Mann abspenstig zu machen, war ein liierter Ken nicht unbedingt die letzte Wahl, nur weil da eine Barbie war. Ja, warum konnte ich keinen wie Ken haben? In all den Jahren war er seiner Barbie immer treu gewesen, obwohl die auch jede Menge attraktiver Freundinnen hatte. Ken sah gut aus, hatte Geschmack, was seine Kleidung betraf, hatte schon die besten Jobs gehabt und die aufregendsten Hobbys ausgeübt. Klar, er war eine Puppe, das hatte allerdings den Vorteil, dass er sehr schweigsam war... nein, mir war nicht recht nach Witzen zumute.
Ich will einen Ken!“ murmelte ich trotzig vor mich hin, wie ein Mantra, um den Puppengott zu beschwören. Tja, und ich weiss nicht genau, was dann wirklich passierte. Ich weiss nur, dass es plötzlich blitzte, mitten in meinem Wohnzimmer; obwohl doch draussen die Sonne schien, und überhaupt, wie kann es in einem Zimmer blitzen? Und schliesslich hatte ich keine Puppe mehr in meiner Hand. Ich umarmte statt dessen einen Mann.

Es war Ken, ohne Zweifel, nur mit dem Unterschied, dass er sehr, sehr lebendig aussah. Ich starrte ihn an.
Wer sind Sie?“ stammelte ich. „Wie sind Sie hier reingekommen?“
Ich bin Ken“, sagte er einfach und lächelte mich an, mit diesem umwerfenden Ken-Lächeln. Ich befreite mich aus der Umarmung und glotzte etwa zwei Minuten lang nur. In dieser Zeit sagte er kein Wort, er lächelte nur und sah mich freundlich an.
Ken also“, murmelte ich. „Ach weisst du, du bist eine Puppe, also bin ich vielleicht umgefallen oder so? Ja, mir ist wohl schwindlig geworden, Kreislaufversagen wegen dem Schock mit Tom, hm, und dann bin ich gegen die Vitrine geknallt und jetzt... jetzt träume ich.“
Ich blickte mich rasch um, aber alles sah genau so aus wie immer, was mich ein wenig stutzig machte. Wenn ich träume, sieht immer alles ein bisschen anders aus als in der Wirklichkeit. Ausserdem bin ich dann selten zu einer logischen Bestandsaufnahme fähig.
Ken also“; murmelte ich wieder. Meine Güte, dieser Kerl sah gut aus! „Und wie kann das sein?“
Er runzelte die Stirn, was ein wenig seltsam aussah; er war eben noch eine Puppe gewesen, und Puppen haben eine glatte Haut. Ich konnte nicht verstehen, wie dieser Plastikmann zu diesem Prachtexemplar aus Fleisch und Blut hatte werden können, aber er schien es selbst nicht zu wissen.
Keine Ahnung“, sagte er schliesslich. Ohne Zweifel, er war nicht der Hellste.

Ich lief eine Weile um ihn herum, und er sah mir ein wenig irritiert nach, wie ich so meine Kreise um ihn drehte, um ihn zu betrachten und zu verstehen, was hier los war. Aber ich konnte es nicht begreifen, und das machte mich verrückt. Ich hatte mir einen Mann wie Ken gewünscht, und im nächsten Moment hatte ich Ken selbst bekommen. Ich dachte: Oh, prima, funktioniert das auch mit anderen Sachen? Ich kramte in einer Schublade herum, bis ich die kleine silberen Box mit der Notreserve fand. Daraus nahm ich einen Hunderter, nahm ihn fest in die Hand und murmelte beschwörend: „Ich will mehr Geld!“
Natürlich passierte überhaupt nichts. Ich seufzte. Schliesslich erinnerte ich mich an meinen Ken, der die ganze Zeit auf einem Fleck stehengeblieben war und mich nur angesehen hatte.
Oh, setz dich doch“, sagte ich nervös. „Willst du was trinken?“
Er dachte kurz darüber nach und antwortete schliesslich höflich: „Nein, danke, ich glaube nicht.“
Ich schüttelte den Kopf, aber immerhin setzte er sich vorsichtig auf die Couch und blickte sich dann neugierig um.
Kein rosa hier“, meinte er. „Das ist ungewohnt.“
Rosa?“
Plötzlich fiel mir ein, dass Barbies Möbel allesamt rosafarben waren, schliesslich war sie eigentlich eine Puppe für kleine Mädchen, und kleine Mädchen liebten Rosa. Überhaupt, Barbie.
Was ist mit Barbie?“ fragte ich.
Er zuckte die Schultern.
Barbie... nun, ich weiss nicht recht, aber jetzt bin ich eben hier.“
Wirklich, er war ein Meister der erschöpfenden Antworten.
Macht es dir nichts aus, dass ich nicht blond bin?“ provozierte ich ihn, aber er schüttelte nur lächelnd den Kopf. Na ja, Barbie hatte im Laufe der Jahre schliesslich auch schon oft genug die Haarfarbe gewechselt.
Ich setzte mich ihm gegenüber und begann mich so langsam mit dem Gedanken abzufinden, einen Ken zu haben. Einen richtigen Ken, aus Fleisch und Blut. Nun gehörte er mir, eine ziemlich interessante Vorstellung, wie ich fand. Er war der ideale Begleiter, hatte bestimmt viel zu erzählen... halt. So langsam dämmerte es mir, dass mein öffentliches Leben mit einem Ken möglicherweise nicht unproblematisch sein würde. Alles, was er zu berichten hatte, entstammte seinem Leben mit Barbie. Und wer wollte schon dauernd Geschichten über seine Vorgängerin hören? Aber es würde auch noch dutzende anderer Probleme geben, wie ich mir eingestehen musste. Ken war gewissermassen illegal - ein nicht existierender Mensch, ohne Pass, ohne Geburtsurkunde, ohne Arbeit und so weiter. Berge von Schwierigkeiten schienen sich über mir aufzutürmen, aber da war dieser unglaubliche Mann direkt vor mir, auf meinem Sofa, und er war perfekt! Ich verliebte mich auf der Stelle in ihn. Ach was, ich hatte Ken schon immer geliebt. Barbie war immer noch eine Puppe, Ken aber war endlich zu einem realen Mann geworden, und er sass in meinem Wohnzimmer. Ich hüpfte beschwingt von meinem Sessel direkt in seine Arme, und ohne ein Wort küsste er mich - und er küsste göttlich.

Es wurde Abend, und ich sass engumschlungen mit meinem Ken auf dem Sofa und schmiedete Pläne für die Zukunft. Ken hörte sich alles an, nickte, lächelte und stimmte allem zu. Er war einmalig.
Oh, ich möchte Kinder, weisst du? Zwei mindestens. Halt, da fällt mir ein, du hattest ja schon Kinder mit Barbie, nicht wahr?“
Er grübelte kurz.
Kann mich kaum erinnern“, sagte er, zuckte die Schultern und fing wieder an, mich zu küssen. Ich grinste zufrieden. Das waren Puppenbabies, erinnerte ich mich. Ken war keine Puppe mehr, also was scherte es ihn?
Ken küsste mich unermüdlich weiter, und während ich noch darüber nachdachte, wie ich meinen Freunden erklären sollte woher dieser Traumtyp plötzlich kam, hatte er mich schon so weichgeküsst, dass ich gar nichts mehr denken wollte.
Was ich jetzt noch wollte? Nur noch diesem Supermann mein Schlafzimmer zeigen.
Ich zog ihn hoch und schubste ihn vorwärts. Das wäre gar nicht nötig gewesen, denn Ken folgte mir absolut willig. Als wir ins Schlafzimmer gingen, kam es mir einen Moment lang so vor, als hätte ich etwas vergessen. Aber was? Kondome? Zähne putzen? Wäsche wechseln? Es wollte mir absolut nicht einfallen. Wir gingen ins Schlafzimmer, und ich zog mich aus und - wartete. Ken starrte mich begeistert an und konnte seine Finger nicht von mir lassen, aber er machte keine Anstalten, sich selbst mal zu entkleiden... Es durchlief mich siedendheiss: Ken hatte vielleicht noch nie mit Barbie?! Andererseits, wie sollte er auch, er war ja nur eine Puppe gewesen, und wenn ein unanständiges Kind nicht zufällig Puppe auf Puppe legt, wie sollen die beiden dann jemals selbst etwas unanständiges getrieben haben? Ich musste das also selbst in die Hand nehmen.
Langsam zog ich Ken aus. Er hatte einen wahnsinnig männlichen Oberkörper, breite Schultern und eine unbehaarte Brust.
Den Rest machst du“, hauchte ich und liess mich erwartungsvoll aufs Bett fallen. Ken begriff und machte sich daran, seine Hose zu öffnen.
Und dann...
... schrie ich.



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