Es gibt an der Universität hier genau eine Art von Seminaren, wo mir bei den Mitstudentenwortmeldungen immer richtig mulmig wird, weil ich weiß, »die wissen hier mehr als ich«, und das sind, so muß ich zu meiner Schande zugeben, Kunstgeschichtsseminare mit Themen die mit der ollen ecclesiam Zusammenhängen tun, bin ich in der Kunstgeschichte im allgemeinen nicht so firm, so sind beispielsweise Seminare über christliche Buchmalerei oder liturgisches Gerät, die ich wegen zahlreicher predikamentöser Stundenplansverflechtungen fortlaufend zu besuchen gezwungen bin (wo ich dieses Semester doch viel lieber das Seminar über den Versailler Palais besucht hätte...) fortlaufend ein nichtversiegender Quell der Schande, denn da passieren Dinge die sonst an der Univerität nie passieren, nämlich daß sich Leute zu Wort melden und Dinge von sich geben die mich regelrecht schwarz vor Neid werden lassen, man fragt sich, woher diese Leute zum Beispiel diese ganzen Heiligennlegenden kennen, und so weiter, und wann Palmsonntag ist und so, und hier und da, und wie sie sich für den Bamberger Dom interessieren können, und manche von ihnen haben sogar Reliquien zu Hause! Es ist furchtbar, wenn ich zum Beispiel in Geschichte oder Deutsch ein kleines Referätchen halte, dann verlasse ich die Kanzel zumeist unter tosendem Applaus, und weiß dann genau »Ihr seid meine Leude, Leude! Und ich bin euer Mann! Ich bin ungeschlagen! Unbesiegt!«, aber das Referat über das liturgische Ciborium, diesen Speisekelch, im Kunstgewerbemuseum, ist mir beispielsweise nachgerade zum Desaster geraten, das war geradezu schandhaft, aber was bitte soll man denn da sagen, über so einen dummen Kelch, »Na toll, das ist jetzt so ein, äh, Kelch, da sind die Hostien drin, schaut genauso aus wie der Getränkekelch, bloß mit Deckel, jaja, so ist das, bis ins 12. Jh sind keine älteren Exemplare von sowas erhalten, und seitdem schauen die alle gleich aus, danke, bitte. Darf ich mich jetzt setzen?«. Überhaupt, Kunstgeschichte ist ein recht schales Fach, und in Berlin sind unter dem Publikum auch nicht so viele Millionärstöchter als wie, seltsamerweise, im Nordbayerischen, naja, eher so Gothicrocker, die dir dann alle Statuen vom Antonio Canova runterrattern tun, und die ganze Zeit von Todesgenien in ihr Bärtchen oder in ihren Büstenhalter schwafeln, na, Kunstgeschichte ist eh ein doofes Fach, die immer mit ihrem elenden Beschreiben, für was gibts Fotos, überhaupt, das Detail ist mir ein Graus, ich will keine dümmlichen Ornamente in der Linienführung »untersuchen«, ein grässliches Wort, und man kann auch in kein Archiv gehen und nachkucken, da steht, hänngt dann nur diese Blöde Ding vor einem, und man denkt sich, »super du«, »und jetzt?«, und überhaupt ist Kunst entwicklungsgeschichtlich eigentlich zimelich fad, mir gefällt eh nur Historienmalerei, da schwingt sich das Genre (die Kunst)endlich zu einer gewissen nachvollziehbaren Größe auf, und da sind die dummen Kunstgeschichtler meist auch an ihrem Ende, die haben von einer Kleopatra und einem Antonius gar keine Ahnung nicht, die kenne bloß ihre Kirchenfeiertage und ihre liturgische Gewandung und ihren, was weiß ich, die haben von einem Napoleon I. gar keine Ahnung nicht, geschweige denn von einem Napoleon III., wenn da der spanische Gesandte bei den Holländern verlegen rumsteht, denken sie es ist eine Szene aus der amerikansichen Unabhängigkeit, aber dann Großmäulig flehend in die Luft schauen wenn ich ein Referat über so einen dümmlichen Kelch halte, das ist aber, das ist schon, da muss ich schon, das ist ja...
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