gen in anderen Ländern, da sich Fragen nach einer Fluchtalter. native nur in einem größeren Kontext sinnvoll angehen lassen. In Frankreich hat die Bewegung der Sans Papiers erstmals in Europa durch spektakuläre Aktionen eine breite Öffentlichkeit auf die Probleme der Papierlosen aufmerksam gemacht. In Italien wurden immer wieder öffentliche Amnestien durch die Regierung erlassen, mit denen ein Teil der sozialen Problematik, entstanden aus der faktischen Einwanderung, reguliert werden sollte. In Holland arbeiten seit Jahren Netzwerke mit einer wesentlich größeren öffentlichen Akzeptanz als in Deutschland. Die Beispiele aus diesen Ländern können nicht übertragen werden; dennoch sind diese Beispiele ein wichtiges Gegenstück. Viele Städte in Deutschland könnten sich an ihren europäischen Partnerstädten orientieren und dabei sehen, das auch ein ande-
rer Umgang mit illegalisierten, heimlichen Menschen möglich ist.
Die eigenen Strukturen in dieser Arbeit sind kein Ersatz für die notwendige Selbstorganisierung der Betroffenen. Die Initiative für Zuflucht geht meist von Menschen mit einem gefestigten Status aus. Um Unterstützungsarbeit zu leisten, muß die eigene Motivlage geklärt werden und immer wieder neu zu klären sein. Es erfordert einen langen Atem, eine ständige Reflexion sowohl der eigenen Situation wie auch, soweit möglich, jener der Betroffenen. Was als Angriff gegen die herrschende Flüchtlingspolitik gedacht war, kann sich schnell als alternative Sozialarbeit erweisen. Die eigene Verortung in dieser Arbeit wird immer beide Elemente umfassen müssen. Die Erfahrung aus Köln lautete: Wir haben es nicht geschafft, die Situation der Menschen zum Politikum zu machen... Die aktuelle Akzeptanz des Alltäglichen ist nicht der richtige Boden, auf dem eine Versteckstruktur gedeiht und sich entwickelt.' Die Fragen bleiben also: Welche Ziele werden gesetzt? Welche Strategien werden hierzu entwickelt? Ist jeder Tip gegen die herrschende Flüchtlingspolitik schon ein Schritt zu einer anderen Gesellschaft?
Die Zufluchtsprojekte könnten sich fast beliebig vermehren bis in die Kreise der fortschrittlichen Gesellschaft hinein. So meint
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die Aktion Zuflucht" aus Stuttgart: Wir haben mit Gewerkschaften gute Erfahrungen gemacht. Die Quäker und die Friedensbewegung zeigten sich hilfswilliger als jede revolutionäre Sekte.' Erfahrungen und Bezugsgruppen sind vor Ort unterschiedlich, das Wanderkirchenasyl in Nordrhein-Westfalen zeigte eine der Entwicklungsmöglichkeiten der Zufluchtsprojekte, ebenso die Karawane der Flüchtlinge und MigrantInnen.
Rasthäuser!
Die Idee zu diesem offenen, faßbaren Zufluchtsprojekt entstand aus der ohnmächtigen Wahrnehmung vieler Ereignisse im Zusammenhang mit der neuen bundesdeutschen Wagenburgmentalität. Gibt es hoffnungsvolle Ansätze eines Schutzes, eines Aufenthaltsortes, einer Anlaufstelle? Was findet darin statt? Diese Fragen konkretisierten sich im Lauf des Jahres 1998 und mobilisierten auch Menschen, die vor den herrschenden Verhältnissen geflüchtet waren. Ein Rasthaus mit Bezug zur Initiative kein mensch ist illegal' unter dem Motto Unterkunft und materielles Überleben..."? Manchen mag der Gedanke sehr utopisch vorkommen, für andere ist er immerhin so weit faßbar, daß sich dazu konkrete Initiativen entwickeln. Das MietshäuserSyndikat aus Freiburg hat der Stadtverwaltung den Kaufantrag für ein Haus vorgelegt. In diesem Haus sollen Unterkünfte, Arbeitsstätten, ein Tagungsraum und Treffpunkt geschaffen werden. Das bisherige, an die Landesregierung vermietete Lager zur Kasernierung von Flüchtlingen wird spätestens im Jahr 2002 geschlossen; viele vermuten aber, daß die Schließung früher erfolgen wird. Das Selbstverständnis der Käuferin besteht darin, bezahlbaren Wohnraum zu sozialen Zwecken zu erwerben und damit der Wohnraumspekulation zu entziehen. Derzeit hat das damit verbundene Baukollektiv einen Gebäudekomplex auf dem Grether-Gelände renoviert und an Alternativbetriebe und Wohngemeinschaften weitervermietet. Alle wissen, daß ein Rasthaus im Graubereich der Gesetze eine Gratwanderung ist. Es kann nur funktionieren, wenn die öffentliche Akzeptanz für dieses Projekt in dem Maße vorhanden ist, daß es damit erschwert bis unmöglich gemacht wird, repressive Maßnahmen
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