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mcnep schrieb am 9.1. 2004 um 00:42:51 Uhr über

Kangxi

Ein weiteres Missionshemmnis in China ist der große Abstand, der in der Christenheit zwischen Theorie und Praxis klafft. Ein chinesischer Christ erzählt aus seinem Leben eine Geschichte, wie er zum erstenmal mit dem Christentum in Berührung gekommen sei. Ein Missionar habe auf einem Markt vor einer großen Volksmenge über die Gebote der Nächstenliebe gepredigt, daß man die andere Wange hinhalten solle, wenn man einen Schlag auf die eine erhalte, daß man einem auch den Rock lassen solle, wenn einer den Mantel nehme, und dergleichen mehr. Das erinnerte ganz an alte chinesische Heilige, von denen ein Meister zu seinem Schüler sagte: »Was tust du, wenn einer dir ins Gesicht spucktDer Schüler erwiderte: »Ich wische es einfach abDer Meister sprach: »Auch das ist noch nicht genug, denn auch dadurch könntest du weiterhin seinen Zorn vermehren, statt ihn zu besiegen. Lass es trocknen und kümmere dich nicht darum

Der Mann wollte nun sehen, ob es dem Missionar wirklich ernst mit seiner Lehre sei. Er trat auf ihn zu und nahm ihm kurz entschlossen den kleinen Tisch weg, den er vor sich stehen hatte. Da sei aber der vorher so sanfte Missionar böse geworden. Während er vorher einen salbungsvollen Ton gehabt, habe er jetzt plötzlich eine ganz natürliche, fast schreiende Stimme bekommen, habe das Tischchen an den Beinen gepackt und sei ihm unter Drohungen mit Anklagen vor Gericht und allen möglichen Beschimpfungen nachgelaufen, ohne das Tischchen fahren zu lassen, bis er sich lachend umgedreht habe: »Da hast du dein Tischchen wieder. Ich wollte es nicht rauben. Ich wollte nur sehen, ob es dir wirklich ernst ist mit deiner Predigt. Ich habe nun gesehen, daß es nur leere Worte waren und begehre nichts weiter

Der Mann ist später doch Christ geworden. Aber daraus folgt nicht, daß solche Dinge nicht schaden. So hat der Völkerhaß, der sich während des Weltkriegs und danach gerade auch unter den Vertretern des Christentums gezeigt hatte, ungemein stark nicht nur die Neigung, sondern auch die Achtung für die christlichen Völker und ihre Vertreter herabgesetzt.

Richard Wilhelm: 'Die Seele Chinas' (1926)


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