Ich mag ihn nicht. Er deprimiert mich. Wahrscheinlich ist das seine Aufgabe, sein Echo in meinem Denken: diese strahlende Abneigung, die Ablehnung seines Genies.
Selbst sein Gregor Samsa hat mich enttäuscht in seiner Unfähigkeit, die Verwandlung als Möglichkeit zu begreifen.
Doktor der Juristerei - aus reichem Elternhaus... Karriere in einer Versicherung... und immer sein erbärmliche »Nein«.
Wahrscheinlich bin ich ein Kind anderer Zeiten, und wahrscheinlich bin ich schon zu oft gestorben, gestorben im gesellschaftlichen Sinne, als dass ich fürchten könnte, was er fürchtete. Verachteter, bewunderter Franz Kafka.
Sein therapeutischer Schreibwahn, sein Unvermögen, mit den Lebenssäften Haus zu halten, hat ihm letztlich die Schwindsucht in die Lunge getrieben. Vegetarier, der er war! Schlaflose Nächte, die er schreibend sich auszehrte!
Zuallererst hätte ich ihn bekocht: Nudeln, Bohnen, scharfes Gemüse, Antipasti und ungeschälten Reis; fette Soßen und gehaltvolle Nachspeisen. Schamlos gemästet hätte ich ihn, den Fleischverweigerer! Nachts ins Bett gesteckt hätte ich ihn, energisch seinen Schlaf bewachend. In die Sonne hätte ich ihn geschickt, ihn warm gehalten und ihn reine Luft atmen lassen. Schreiben hätte er dürfen - doch wenig mehr als vier Stunden täglich!
Vielleicht wäre seine »Verwandlung« anders ausgefallen, vielleicht wäre er als Käfer geflüchtet vor MIR, seinem Hausdrachen, seiner Amme. Und diese Flucht wäre ein Bejahen des Lebendigseins gewesen, eine Flucht nach vorne!
So ist er nur seinem unwürdigen Vater ausgewichen. Ausgewichen und geflohen in eine Krankheit, die vornehmlich den Dichtern anhänglich war...
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