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Kabarettreife

WernerFinck
Werner Paul Walther Finck (* 2. Mai 1902 in Görlitz; † 31. Juli 1978 in München) war ein deutscher Kabarettist, Schauspieler und Schriftsteller.

Inhaltsverzeichnis [Verbergen]
1 Leben
2 Bedeutung
3 Zitate
4 Filmografie
5 Buchveröffentlichungen
6 Literatur über Werner Finck
7 Tonträger
8 Filmdokumentationen
9 Weblinks
10 Einzelnachweise

Leben [Bearbeiten]
Werner Finck wurde als Sohn eines Apothekers geboren und besuchte die Kunstschule in Dresden. In verschiedenen Laienspielgruppen machte er erste Theatererfahrungen. Sein erstes Engagement als Schauspieler hatte er am Theater von Bunzlau, wo er über unbedeutende Nebenrollen nicht hinauskam, aber gleichzeitig sein komisches Talent entdeckt wurde.

Mit 27 Jahren kam Werner Finck 1929 nach Berlin, wo er mit Hans Deppe das Kabarett Die Katakombe gründete. 1935 wurde er verhaftet und in das Konzentrationslager Esterwegen gebracht, wo er unter anderem Carl von Ossietzky und Julius Leber begegnete. „Am 1. Juli 1935 wurden wir auf Anordnung Görings, der damit Goebbels offensichtlich eins auswischen wollte, von einem Tag zum anderen aus dem KZ entlassen.“ Er erhielt ein Jahr Arbeitsverbot. Ab 1937 durfte er wieder im Kabarett der Komiker auftreten, dessen Leiter Willy Schaeffers jedoch 1939 persönlich bei Goebbels den Verzicht auf politische Witze erklären musste, um das Theater zu erhalten.[1] Am 31. Januar 1939 wurde Finck aus der Reichskulturkammer ausgeschlossen.[2] Um einer neuerlichen Verhaftung zu entgehen, meldete er sich 1939 freiwillig zum Kriegsdienst und wurde zum Funker ausgebildet. Als Soldat war er in Frankreich, in der Sowjetunion und Italien und erhielt das Eiserne Kreuz 2. Klasse (EK II) und die Medaille Winterschlacht im Osten 1941/42, von Finck als „Gefrierfleischorden“ bezeichnet.[3] Werner Finck genoss nach eigener Darstellung als Soldat die Protektion regimekritischer Offiziere, die die von Goebbels gewünschte Entlassung aus der Wehrmacht und Überstellung an die Gestapo verhinderten, und trat in Unterhaltungsprogrammen auf.[4]

1945 kam er in amerikanische Kriegsgefangenenschaft. Er gründete die Zeitschrift Die Fieberkurve (für verletzte deutsche Kriegsgefangene) und hatte im Lager Aibling (Oberbayern) Auftritte vor Kriegsgefangenen.

1946 trat Werner Finck im Schmunzelkolleg (München) auf und gründete „Die Schmunzelpartei“. Er gründete bzw. leitete die Kabaretts Nebelhorn in Zürich (1947) und Mausefalle in Stuttgart (1948), wo er erstmals seine Erinnerungen in ein Programm fasste (Kritik der reinen Unvernunft).

1950 erfolgte in der Berliner Taberna academica die Gründung der Partei Radikale Mitte, die mit Parolen wieGegen Kompromisslosigkeit“, „Für Aufrüstung der Toleranz“, einer Sicherheitsnadel als Parteiabzeichen und einem weißen Tischtuch als Fahne gegen denErnst der Zeit“ (Adenauer) der deutschen Nachkriegspolitik antrat.[5] 1964 folgte sein Programm Bewältigte Befangenheit in der Münchner Lach- und Schießgesellschaft. In zahlreichen Spielfilmen besetzte er Nebenrollen. 1972 erschien seine Autobiografie Alter Narrwas nun? Im selben Jahr trat er in der Rolle des Gregor in Rainer Werner Fassbinders fünfteiliger Familienserie Acht Stunden sind kein Tag auf.

Sein Leichnam wurde auf dem Waldfriedhof in München/Neuer Teil im Grab Nr. 475-UW-8 beigesetzt.[6]

Bedeutung [Bearbeiten]
Werner Finck war ursprünglich kein politischer Kabarettist. „Ich bin ein eingefleischter Individualist. Das ist das ganze Problem.“ Erst mit der Katakombetrat etwas in mein Leben, was ich vorher nicht gekannt hatte: Die Politik. […] Man hat seine Witze von links nach rechts verteilt. […] Man bekam Angst. […] Wenn ich damals gewußt hätte, was man heute weiß: daß das alles nur Mitläufer waren. […] Manche haben sich so gut getarnt, daß sie Gauführer wurden. […] Es gibt also Leute, die behaupten heute, ich wäre gegen die Nazis gewesen. Ich möchte also gleich betonen: Das sind Verleumdungen. Ich denke ja weiter. […] Was ich natürlich zugeben muß, ist etwas anderes: Die Nazis waren gegen mich.“[7]

Werner Finck ist letztlich durch die politische Situation während der Zeit des Nationalsozialismus zu dem bedeutenden Kabarettisten geworden, als der er noch heute bekannt ist. In dieser Zeit perfektionierte er in dem Wunsch, sich den Kopf nicht verbieten zu lassen, ihn aber auch nicht zu verlieren, seine Technik der nicht zu Ende gesprochenen Sätze und Doppeldeutigkeiten und des entlarvenden Wortwörtlichnehmens. „Kommen Sie mit? Oder muß ich mitkommen?“ fragte er die Gestapo-Beamten, die sich in seinen Programmen Notizen machten.

Bertolt Brecht widmete ihm 1947 das Gedicht Eulenspiegel überlebt den Krieg.

Auch in der Bundesrepublik sorgte er für Unwillen, zum Beispiel bei der CSU („Das christliche Bayern kann nur empört sein.“).[8]

Werner Finck ist ein Stern im Walk of Fame des Kabaretts gewidmet.

Zitate [Bearbeiten]
Es gibt manche, die haben sich derartig getarnt, dass sie also vor lauter Tarnung Gauführer wurden.“[9]
Es ist ja eine Ironie des Schicksals, dass gerade in dem Lande, wo am meisten Heil gerufen worden ist, so wenig heil geblieben ist.“[9]
Bei meinem Eintritt sprang ein baumlanger SS-Mann auf mich zu und fragte: ‚Haben Sie Waffen?‘
Wieso?‘ fragte ich. ‚Braucht man hier welche?‘“[10]
Macht euch keine Sorgen, Jungens! Jetzt haben wir sechs Jahre Krieg hinter uns gebrachtda werden wir die paar Friedensjahre auch noch überstehen!“[11]
Bitte um Entschuldigung für meine abgehackten Sätze, für das Durcheinander. […] Ich könnte noch mehr Gehacktes liefern. […] Das hab ich mir damals angewöhnt in der schrecklichen Zeit des Dritten Reiches. Wenn ein Gauleiter mit mir sprach, dann sagte ich erst mal einen halben Satz und wartete, wie das wirkt bei ihm. Dann konnte ich das Ende immer noch reparieren. […] Auf diese Weise ist mir manches erhalten geblieben, was ich heute noch gut gebrauchen kann.“ (Der Redner zeigt dabei auf seinen Hals.)[12]
Ich beneide immer alle Leute, die fließend sprechen, also flüssig, wie unsere Politiker, meistens sogar überflüssig. Aber ich kann eben nicht so schnell sprechen. […] Ich muss so oft über das nachdenken, was ich sage. Das hält natürlich kolossal auf.“[12]
Sie irren sich! Ich sehe bloß so intelligent aus!“ (zu einem Kabarettbesucher, der eine Pointe mit dem Zwischenruf „Judenbengel!“ quittierte)
Nie habe ich einen Menschen so guter Dinge in so mieser Lage gesehen.“ (Friedrich Luft)
Finck fragte einmal einen anwesenden Spitzel leutselig: „Spreche ich zu schnell? Kommen Sie mit? Oder […] muß ich mitkommen?“[13]
Filmografie [Bearbeiten]
Werner Finck wirkte vor und nach dem Zweiten Weltkrieg in zahlreichen Filmen mit. Er spielte vor allem Nebenrollen und hatte oft nur kurze Auftritte, unter anderem in folgenden Streifen:

1931: Der Wasserteufel von Hieflau
1932: Die verliebte Firma
1932: Der Choral von Leuthen
1932: Der Läufer von Marathon
1933: Die Fahrt ins Grüne
1933: Keine Angst vor Liebe
1933: Das Tankmädel
1934: Die Freundin eines großen Mannes
1934: Der Vetter aus Dingsda
1934: Die Liebe siegt
1934: Jungfrau gegen Mönch
1934: Ferien vom Ich
1935: Frischer Wind aus Kanada
1935: April, April
1937: Sherlock Holmes
1937: Die glücklichste Ehe der Welt
1937: Die unentschuldigte Stunde
1937: Der Landstreicher
1938: Die Umwege des schönen Karl
1937: La Habanera
1948: Film ohne Titel
1951: Die Frauen des Herrn S.
1955: Lola Montez
1956: Heute heiratet mein Mann
1957: Die Zürcher Verlobung
1957: Viktor und Viktoria
1957: Maya
1957: Der müde Theodor
1957: Heiraten verboten
1957: Die Zwillinge vom Zillertal
1958: Gangsterjagd in Lederhosen
1958: Vater, Mutter und neun Kinder
1959: Und das am Montagmorgen
1959: Labyrinth
1959: Rosen für den Staatsanwalt
1960: Der letzte Fußgänger
1960: Im weißen Rößl
1960: Sturm im Wasserglas
1961: Was macht Papa denn in Italien?
1961: Es muß nicht immer Kaviar sein
1961: Liebe mit 20 (L'amour à vingt ans)
1962: Zwei Bayern in Bonn
1964: Liebesgrüße aus Tirol
1968: Der Partyphotograph
1968: Quartett im Bett
1969: Klassenkeile
1969: Hurra, die Schule brennt!
1972: Acht Stunden sind kein Tag (Fernsehproduktion Rainer Werner Fassbinder)


Buchveröffentlichungen [Bearbeiten]
Das Kautschbrevier. Herbig, Berlin 1938/1947(?)
Kavaliere, Käuze, Kerle: Ein Kabarettbuch. Siegel, Frankfurt a.M. 1947.
Aus der Schublade: Bekanntes und weniger Bekanntes. Herbig, Berlin 1948.
Orpheus in der Unterwelt (mit Wilhelm Meissner-Ruland). Steegemann, Berlin 1949.
Witz als Schicksal, Schicksal als Witz: Ein deutsches Bilderbuch zu Nutz und Frommen, Punkt (mit Klaus Budzinski). v. Schröder, Hamburg 1966.
Werner Finck in Amerika. Scherz, Bern, München, Wien 1966
Finckenschläge. Herbig, Berlin 1953. (Rastatt 1981, ISBN 3-8118-4804-6), (Reinbek 1978, ISBN 3-499-11832-7)
Alter Narrwas nun? Die Geschichte meiner Zeit. Herbig, München, Berlin 1972. ISBN 3-7766-0589-8. (München 1975, ISBN 3-423-01044-4), (Frankfurt/M., Berlin 1992, ISBN 3-548-22997-2)
Zwischen denStühlen“. Hyperion, Freiburg (im Breisgau) 1973.
Übrigens viel Spaß. Satiren aus aller Welt (Vorwort). Fackelträger, Hannover 1973. ISBN 3-7716-1353-1
Der brave Soldat Finck. Herbig, München, Berlin 1975, ISBN 3-7766-0723-8
Zwischendurch. Ernste Versuche mit dem Heiteren. Herbig, München, Berlin 1975. ISBN 3-7766-0734-3. (Frankfurt am Main 1980, ISBN 3-596-21845-4)
Stich-Worte: zum Vor-, Nach- und Zuschlagen. Herbig, München, Berlin 1982. ISBN 3-7766-1199-5
SpaßvogelVogelfrei, Berlin, 1991. ISBN 3-548-22923-9
Literatur über Werner Finck [Bearbeiten]
Heiber, Helmut: Die Katakombe wird geschlossen. Archiv der Zeitgeschichte Band 4. Scherz-Verlag. München. 1966
Tonträger [Bearbeiten]
Werner Finck spricht Werner Finck. DECCA DSF 13507 „Wort und Stimme“ (Schallplatte)
Phantasie in Doll und andere Finckenschläge. Teldec, Hamburg 1960 (Schallplatte)
Der Brave Soldat schweigt. Polydor HI-FI 46595 (Schallplatte)
Sein Kampf: bewältigte Vergangenheit. Dt. Grammophon, Hamburg 1964, (Schallplatte)
Am besten nichts Neues: Live-Mitschnitt eines Werner Finck-Soloabends im Österreichischen Fernsehen. Amadeo, Wien 1969, (Schallplatte)
Werner Finck: ein Porträt (von Karin Köbernick). hrMedia, Frankfurt am Main 2001, 1 CD, ISBN 3-89844-215-2
Aufgehobene Rechte: Kabarett aus der Katakombe; aus dem Nachlaß Werner Fincks in der Stiftung Deutsches Kabarettarchiv e.V.. Patmos, Düsseldorf 2002, 1 CD, ISBN 3-491-91114-1
Alter Narrwas nun?. Herbig, München 2002, 1 CD, ISBN 3-7844-4008-8
Filmdokumentationen [Bearbeiten]
Genie und Narr: Werner Finck. Deutsche TV-Dokumentation von Jürgen Miermeister. Erstausstrahlung: 2. Mai 2002, ca. 45 Minuten
Weblinks [Bearbeiten]
Wikiquote: Werner Finck – Zitate
Literatur von und über Werner Finck im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Werner Finck in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
Rufen wir dem Adolf Heil/ oder auch das Gegenteil?“
Kabarett im Dritten Reich: Werner Finck und die anderen...
Biographie auf film-zeit.de
Biographie Deutsches Historisches Museum
CD-RezensionAlter Narr, was nun?“
CD-RezensionAufgehobene Rechte - Kabarett in der Katakombeauf www.literaturkritik.de
Bilder von Werner Finck. In: Virtual History.
Einzelnachweise [Bearbeiten]
1.↑ Joseph Goebbels: Tagebücher, Band 3; München 2003; ISBN 3-492-21413-4; S. 1304 f. zum 1. und 3. Februar 1939
2.↑ Schäffner, Lothar: Das Kabarett, der Spiegel des politischen Geschehens, Diss. Kiel, 1969, S. 68
3.↑ Witz als Schicksal, Schicksal als Witz; S. 76, 117 f.
4.↑ Witz als Schicksal, Schicksal als Witz; S. 76 ff.
5.↑ Witz als Schicksal, Schicksal als Witz; S. 95 ff.
6.↑ knerger.de: Das Grab von Werner Finck
7.↑ Kritik der reinen Unvernunft, 1947
8.↑ Witz als Schicksal, Schicksal als Witz; S. 112
9.↑ a b Programm Kritik der reinen Unvernunft, aufgenommen in der Stuttgarter Mausefalle 1947 und in: Zwischendurch. Ernste Versuche mit dem Heiteren; Fischer TBV, München, Frankfurt 1977; ISBN 3-436-02502-X; S. 79 ff.
10.↑ Werner Finck: Alter Narrwas nun? dtv, München 1975; S. 63
11.↑ Witz als Schicksal, Schicksal als Witz; S. 83
12.↑ a b Alter Narr, was nun? CD. Geschichte meiner Zeit. Live-Mitschnitt; 1972; ISBN 3-7844-4008-8
13.↑ Werner Finck: Spaßvogel; S. 67–68
Normdaten: PND: 118533061 (PICA) | LCCN: n82092110 | VIAF: 29582824 | WP-Personeninfo
Personendaten
NAME Finck, Werner
ALTERNATIVNAMEN Finck, Werner Paul Walther (vollständiger Name)
KURZBESCHREIBUNG deutscher Schriftsteller, Schauspieler und Kabarettist
GEBURTSDATUM 2. Mai 1902
GEBURTSORT Görlitz, Deutschland
STERBEDATUM 31. Juli 1978
STERBEORT München, Bayern, Deutschland
Vonhttp://de.wikipedia.org/wiki/Werner_Finck“
Kategorien: Kabarettist (Deutschland) | Schauspieler | Autor | Innere Emigration | Person (Görlitz) | Deutscher | Geboren 1902 | Gestorben 1978 | Mann


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