Ich habe meine Zweifel, ob Körperstrafen wirklich so ein »unsagbares Leid« für junge Menschen darstellen, wie die »weissen« Pädagogen, Soziologen und Psychologen uns immer so eindringlich darstellen - »Gewaltfreiheit« ist das Motto unserer Tage. Aber das Ergebnis überzeugt mich nicht ganz: das prominenteste Ergebnis von nicht-gewaltfreier Erziehung sind immerhin Amokläufer, die inzwischen schon mehr Menschen in Deutschland gekillt haben, als die RAF oder jener notorische »islamische Terrorismus«.
Ich bin selbst noch mit Schlägen sowohl zuhause als auch in der Schule erzogen worden - das einzig übele waren die unkontrollierten Gewaltausbrüche meiner Mutter gewesen. Mein Vater und meine Lehrer hingegen waren äussert sparsam gewesen. Und einen sehr effektiven Vorteil haben solche Körperstrafen: sie sind sehr kurzzeitig. Ein paar unangenehme, mitunter schmerzhafte Sekunden und Minuten, dann ist die Sache vorbei - und man kann die Interaktion wieder aufnehmen. Die »Sache« ist abgetan, vergessen, verziehen.
Das ist »die Sache« in der Zeit der gewaltfreien Erziehung durchaus nicht. Die Bußübungen für Fehlverhalten, die statt einer Ohrfeige oder ein paar Hieben auf den Po verhängt werden, dauern viel viel länger und greifen viel viel tiefer in die Seele ein: es ist eine Art von Mini-Gehirnwäsche, die da einsetzt, und dem Missetäter »Einsicht« in sein Fehlverhalten erzeugen soll, ihn zur Beichte »motivieren«, sich selbst bis zum Geht-nicht-mehr zu erniedrigen: »Herr Vater, ich sehe ein, ich verdiene eine Strafe und ich bitte um eine gerechte Solche !« (Kurt Goetz). Ich glaube nicht mehr daran, daß dieser gewaltfreie Psychoterror in seinen Auswirkungen auf junge Seelen wirklich angenehmer sein soll, als eine Ohrfeige, und umgekehrt: daß eine Ohrfeige wirklich etwas so schlimmes sei.
|