»Jeden Tag sickert ein Tröpfchen Johnny Rotten in unser Gewebe. Wir können es nicht vermeiden. Es sickert. Und dieser Rotten, der eigentlich John Lydon hieß, ein Verklemmter, Katholik und Poseur, leitete die Debutsingle der Sex Pistols, Anarchy In The UK, mit dem Satz ein: «I'm an antichrist"; wobei er jedes einzelne Wort ausspuckte, als könne er sie nicht bei sich behalten, weil sie so bitter schmeckten (...). Im zweiten Satz, mit der gleichen Arroganz wie der erste heraus gepresst, präzisierte er sein Profil: I'm an anarchist. So. Ab sofort galt keine Norm mehr. Zivilisation, Bewusstsein, Erkenntnis, Vernunft, Pink Floyd? Alles löste sich im Nichts auf, die Stunde Null brach an; die Stunde des neuen Messias.
Denn mit Religion musste es schon etwas zu tun haben. Zu viele Menschen versichern, ein Konzert der SexPistols hätte ihr Leben verändert.
Es war nämlich so, dass sich die Popmusik jener Tage von der Gegenwart abgekoppelt hat, Punk aber die Gegenwart in der Musik einfangen wollte. Die Haltung war wichtiger als das Können: Bist Du wütend genug? Ja? Gut"
(Adam Olschewski in der Frankfurter Rundschau vom 26.05.2001)
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