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Living true story schrieb am 12.12. 2018 um 13:31:23 Uhr über

Jasmin

Teil 1
...
Er war damals mit Jasmin durch die Pubertät gegangen. Sie war zusammen mit ihn in einer Schulklasse. Jasmin war eine der heißesten Mädchen in der Klasse gewesen, abgesehen von ihrer Freundin Sabine.
Jasmin hatte immer etwas aufregendes, fast exotisches an sich. Dabei war sie, wie er, aus der selben Stadt. Bei genauerer Überlegung hatte er ja auch Vorfahren, die nicht von hier waren, wieso konnte das bei ihr nicht auch so sein? Bloß weil er ihr persönlich nicht zutraute, in fremde Länder zu reisen oder sich ein komplett neues Leben aufzubauen, hieß das ja noch lange nicht, dass ihre Vorfahren auch so waren.
Er erinnerte sich gern zurück an sie. Sie war damals recht früh sehr weiblich gewesen und er hatte sie im Stillen dafür bewundert. Anders als bei ihrer Freundin Sabine hatte er niemals versucht, sie anzumachen.
Nun war er ihr wieder begegnet. Im Gegensatz zu Sabine hatte er sich niemals gefragt, was aus ihr wohl geworden war. Er vermutete, sie wäre bei irgendwelchen »coolen Typen« gelandet, die sie nach einiger Zeit immer wieder sitzen gelassen haben. Schon in der Schule hatte sich dieses Schicksal vorgezeichnet, schon da stand sie auf die »coolen Macker«. Solche Typen, die möglichst früh an Alkohl rankamen und bei denen es gelegentlich zu einer Schlägerei kommt. Jetzt, wo er darüber nachdachte, sah er sie gedanklich eher als Rockerbraut oder als Perle von jemanden aus dem Milieu der Leuten, die sich vor Spielhallen nach Spielern erkundigen oder nach denen man sich erkundigte. Harte, coole Kerle, aber niemand, der schwülstige Liebesbriefe verfassen oder sich über Weltpolitik Gedanken machen würde.
Vielleicht lag es daran, dass sie nicht grade eine Streberin war.
Ja, sie hatte sich sogar einmal bewundernd über seinen Verstand geäußert. Beim Zurückerinnern wurde ihn klar, dass er sie eher als »einfach« in Erinnerung hatte. Allerdings war sie deutlich »bauernschlauer« als ihre Freundin Sabine. Es gab in der Klasse damals vielleicht sogar dümmere, obwohl ihn da in erster Linie das männliche Geschlecht einfiel.

Vielleicht war es Schicksal, dass die beiden sich hier begegneten?
Sie war nun Putzfrau, das war an ihrer Berufskleidung deutlich zu erkennen. Er arbeitet im selben Gebäude, aber für ein anderes Unternehmen. Ihre Putzfrau kam immer Montags und Samstags und war eine ältere, sorgfältige Dame. Sie kam offenbar am Freitag am späten Nachmittag, deshalb war er ihr bisher nie begegnet. Sie sah ihn mit großen Augen an. Schwer zu sagen, ob sie beeindruckt war, ihn nicht richtig wiedererkannte oder sich für ihre »Karriere« schämte und nicht erkannt werden wollte.
Grade aus dem letzteren Gedanken schöpfte er etwas Mut. »Oh, Hallo Jasmin. Wir haben uns ja ewig nicht mehr gesehen«, brach er das Schweigen.
»TimoSie erkannte ihn offenbar wieder. Nun musterte sie ihn von oben bis unten vollständig. Der Leser muss sich klarmachen, er stand da im Mantel und business-look. Das heißt Hemd, Krawatte, schwarze Stoffhosen. Die Schuhe waren Budapester. Sie dagegen hatte die Berufskleidung einer Putze an (diese einfachen Überhänge), in ihrer linken Hand lagen grade Gummihandschuhe und hinter ihr Stand ein Eimer, in dem sie die Putztücher, Reiniger usw. transportierte.
Nicht, dass er eitel oder auf sein Aussehen eingebildet gewesen wäre, aber er repräsentierte in seiner Aufgabe auch die Firma. Jetzt zahlte sich das aus. Jasmin war anzusehen, dass sie beeindruckt von seiner Erscheinung war. Viel mehr noch von dem, was das in so einem Bürogebäude wohl heißen konnte. Er grinste sie an, gab ihr zu verstehen, dass er die Situation richtig einschätzte. Aus seinen Gesicht strahlte Selbstbewusstsein und Triumph. Das war eigentlich unnötig. Im Gegensatz zu Sabine war sich Jasmin damals bewusst geworden, dass aus ihn (und Typen wie ihn) einmal erfolgreiche Männer werden konnten. Deshalb hatte sie ihn auch niemals als »Loser« bezeichnet wie Sabine oder hätte solche Typen vor der ganzen Klasse lächerlich gemacht, wie Nele oder Pauline das damals manchmal tun konnten. Hätte er sie damals angesprochen, er hätte zumindest einen höflicheren Korb bekommen. Doch das wusste er nicht. Er fühlte, wie die erfahrene Kränkung nun geheilt, ja gerächt wurde.
Nun sprach sie weiter, »du hast dich ja toll entwickelt«! Sie war ehrlich beeindruckt. »Danke, du auch«, war seine Antwort. Das war glatt gelogen. Die Schönheit ihrer Jugendzeit war verflogen. Nicht, dass sie unattraktiv geworden wäre, aber in seiner Erinnerung war sie deutlich schöner gewesen. Ihr Gesicht war ungeschminkt und sah nicht perfekt aus, an ihren Bauch hatten sich ein paar überflüssige Kilos angesetzt und beruflich hatte sie sicherlich keine »tolle Entwicklung« hingelegt. Sie erkannte natürlich, dass das reine Höflichkeit war. »Und, wie ist es dir so ergangen?«, fragte Jasmin. Er zählte schnell seinen Lebenslauf auf, Abschlüsse, Positionen, Unternehmen, Umzüge und endete damit, dass er gegenwärtig Single sei. Sie sah ihn verwundert an, »das überrascht mich«. Aus schmerzhafter Erinnerung war ihn unklar, ob das geschauspielert oder ernst gemeint war. Er konnte keine Antwort finden. »Ein erfolgreicher, gutaussehender Mann wie du... Du könntest doch bestimmt eine nette Frau kennenlernen«, fügte sie hinzu, »oder einen Mann?«. Sie schien bei letzteren unsicher und wollte ihn nicht beleidigen.
...


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